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Länder- und Marktinformationen 9/2024

Afrika

KAMERUN / FÖRDERUNG: AFDB PRIORISIERT TRANSPORTPROJEKTE

Eine Brücke zwischen Kamerun und Äquatorialguinea bauen oder die Infrastruktur im Norden des Landes entwickeln – das sind nur zwei Projekte aus dem Verkehrsportfolio der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) für Kamerun. Dieses umfasst etwa 1 Mrd Euro.

Insgesamt investiert die AfDB aktuell 56,5% ihres Budgets in den Ausbau der Transportinfrastruktur im Land. Es folgen der Energiesektor mit aktuell gut 20% und die Landwirtschaft mit etwa 10%.

Die AfDB verstärkt aktuell ihr Engagement in Kamerun. Sie eröffnete dort im April ein Regionalbüro. Marie-Laure Akin-Olugbade, eine der Vizepräsidentinnen der Bank, wies bei der Eröffnung des Regionalbüros darauf hin, dass die AfDB ihr Länderportfolio für Kamerun innerhalb der nächsten fünf Jahre verdoppeln könnte.

Wie im Länderstrategiepapier angekündigt, hat die Entwicklungsbank kürzlich die Finanzierung für zwei Transportprojekte bewilligt. Die Vorhaben ergänzen andere bereits laufende oder kürzlich abgeschlossene Projekte.

Im November 2023 sagte die AfDB 73 Mio Euro für ein Brückenbauprojekt zwischen Kamerun und Äquatorialguinea zu. Die Gesamtkosten des Vorhabens, an denen sich die Regierung in Jaunde beteiligt, belaufen sich auf

148 Mio Euro. Die Brücke wird über den Fluss Ntem führen und den Küstenort Campo in Kamerun mit Rio Campo in Äquatorialguinea verbinden. Die Brücke stärkt den Verkehrskorridor Jaunde-Bata-Libreville, der von Kamerun über Äquatorialguinea nach Gabun führt.

Projektmittel in Höhe von fast 102 Mio Euro fließen dabei in den Bau der Brücke selbst und der Zugangsstraßen, in Unterstützung für Märkte, Schulen und Fischer in der Region sowie in die Einrichtung mehrerer Wasserstationen. Etwa 29 Mio Euro dienen Unterstützungsmaßnahmen. So soll ein gemeinsamer Grenzposten in Rio Campo in Äquatorialguinea errichtet werden. Außerdem soll eine Studie Geschäfts- und Handelsmöglichkeiten auf dem Korridor Jaunde-Bata-Libreville ermitteln, um perspektivisch einen Industrie- und Hafenkomplex in der Region zu errichten.

Das kamerunische Ministère des Travaux Publics wird für das Projekt, das bis Ende 2028 läuft, Bau-, Liefer- und Beratungsleistungen ausschreiben.

Verkehrs- und Privatsektorprojekt im Norden

Im Oktober 2023 sagte die AfDB rund 203 Mio Euro für ein umfassendes Verkehrs- und Privatsektorprojekt im Norden des Landes zu. Das Projekt kostet insgesamt fast 237 Mio Euro. Ziel ist es, die Territorialplanung und das Transportsystem zu stärken sowie den Privatsektor in der Region Far North zu fördern. Auch der Handel mit dem Tschad, der Zentralafrikanischen Republik und Nigeria soll gestärkt werden.

Es werden Straßen instandgesetzt und neu gebaut, Schulen und Gesundheitszentren modernisiert und neu errichtete Haushalte ans Stromnetz angeschlossen. Durch staatliche Reformen und Schulungen für Landwirte sollen die Einkommen in der Agrarwirtschaft steigen.

Auch für dieses Projekt ist das kamerunische Ministère des Travaux Publics verantwortlich. Bis zum Abschluss im März 2030 sind Ausschreibungen für vielfältige Bau-, Liefer- und Beratungsleistungen zu erwarten.

MAROKKO / STAHL: RIVA UND CO INVESTIEREN IN GRÜNE ENERGIE

Marokkos Stahlwerke können für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau sowie für deutsche Unternehmen der Energie- und Elektrotechnik in mehrerer Hinsicht interessant werden. So investiert die Stahlindustrie 2024 wesentlich mehr als noch im Vorjahr, da unter anderem die Bauwirtschaft als Hauptabnehmer im laufenden Jahr wieder mehr Stahlerzeugnisse bestellt.

Zum einen investieren die Stahlkocher in ihren Kapitalstock und benötigen dafür hochwertige Technologie, darunter aus Deutschland. Zum anderen erhöht die Branche den Anteil grüner Energie am Schmelz- und Verarbeitungsprozess, wozu die Maschinen hoher Qualität zur Erzeugung, Speicherung und Übertragung von Strom aus erneuerbaren Quellen importiert wird. Investiert wird ebenfalls in die Produktion von Industriegasen.

Darüber hinaus diversifizieren die marokkanischen Stahlunternehmen ihre ausländischen Bezugsquellen für Eisen- und Stahlschrott, den sie vorrangig für die Erzeugung neuer Stahlerzeugnisse als Ausgangsmaterial nutzen. Im Schnitt lagen die jährlichen Importe von hiervon bei 450.000 t. Aus inländischen Quellen wurden pro Jahr 650.000 t bezogen, womit 1,1 Mio t eingeschmolzen und wiederverwendet wurden. Diese Menge soll sich nun durch zusätzliche Schrotteinfuhren ausweiten.

Insbesondere der schnell wachsende Stahlkocher Riva Industrie sucht zusätzliche Bezugsquellen für Eisenschrott, darunter ausdrücklich auch in Deutschland. Mit den Mehrbezügen soll eine bessere Auslastung der Guss- und in Folge auch der Walzkapazitäten erzielt werden: Im Stranggussverfahren lag die Kapazitätsauslastung im Branchendurchschnitt im Jahr 2022 bei 42,5%, wie der Fachverband ASM errechnete. Um rentabel zu arbeiten, wird laut OECD eine Auslastung von mindestens 61% benötigt.

Das in den Stahlwerken am häufigsten anzutreffende Produktionsverfahren ist das Stranggießen. Zur Anwendung gelangen zum einen der Knüppel- und Vorblockstrangguss zur Erzeugung runder beziehungsweise quadratischer Querschnitte (sogenannte Knüppel) und profilförmige Querschnitte – aus ihnen werden Stangen, Drähte und Profile für die Bauindustrie gefertigt. Zum anderen kommt der Brammenstrangguss zur Anwendung, aus denen rechteckige Stränge mit großer Breite mit bis über 2.600 mm und kleiner Dicke mit bis 600 mm zur Weiterverarbeitung zu Blechen und Flachprofilen erzeugt werden.

Um ihre Marktanteile auszubauen, setzen einige Stahlkocher auf die Erzeugung grünen Stahls. Das Unternehmen Sonasid mit Produktionen in Jorf Lasar, Nador und Berrechid verwendet bereits 88% Strom aus erneuerbaren Quellen. Derzeit wird an einer weiteren Erhöhung dieser Anteile gearbeitet, wozu am Standort Nador eine Fotovoltaik-Anlage im Wert von 1,5 Mio Euro errichtet wird. Weiterhin investiert Sonasid in Nador in eine Stahldrahtziehanlage, wofür der weltgrößte Stahlkonzern ArcelorMittal, der Anteile an Sonasid hält, technische Hilfe leistet.

Diversifizierung der Geschäftsfelder

Auch das Unternehmen Riva Industrie möchte den Anteil grünen Stroms, der beim Schmelz- und Verarbeitungsprozess verwendet wird, auf 100% steigern. Aus diesem Grund bereitet Riva die Gründung einer eigenen Tochterfirma zur Erzeugung grünen Stroms vor, um dieses Geschäftsfeld auszulagern und damit effizienter zu gestalten.

Die Stahlkocher investieren neben der Modernisierung und Dekarbonisierung der Stahlschmelze in die Diversifizierung ihrer Produkt- und Dienstleistungspalette. Riva Industrie erweitert zum Beispiel am Standort Jorf Lasfar seine Erzeugeranlagen für Sauerstoff, Stickstoff und Argon. Darüber hinaus baut das Unternehmen die Hafeninfrastruktur in Lorf Jasfar für den schnelleren Import von Eisenschrott und die Verschiffung fertiger Stahlerzeugnisse aus.

Teil der Diversifizierung von Riva ist ebenfalls die Umstellung der Dienstwagen- und Lkw-Flotte auf Elektroantrieb, wofür aktuell geeignete Lösungen gesucht werden. Zu den weiteren Investitionsvorhaben gehört eine Anlage zum Zerlegen gebrauchter Rotorblätter aus Windkraftanlagen in ihre Materialbestandteile. Damit will Riva zu einem führenden Anbieter dieser Recyclingdienstleistung für den gesamten Mittelmeerraum und Teile Europas werden.

SÜDAFRIKA / AUSSENHANDEL: WTO-VERFAHREN GEGEN DIE EU EINGELEITET

Da es zu keiner bilateralen Einigung ohne Hinzuziehung des Dispute Settlement Bodys (DSB) gekommen ist, beantragte Südafrika nun die Einsetzung von zwei Streitbeilegungsgremien. Diese sollen die Maßnahmen der Europäischen Union überprüfen, die sich auf die Einfuhr südafrikanischer Zitrusfrüchte in die EU auswirken. Der Antrag wurde in einer Sitzung des DSB am 24. Juni geprüft.

Dies ist das erste Mal, dass Südafrika die Einrichtung eines Panels im Rahmen des Streitbeilegungssystems der Welthandelsorganisation beantragt. Das Land hat die WTO bereits im April 2024 und Juli 2022 eingeschaltet, um eine Lösung im Zusammenhang mit den Einfuhrmaßnahmen der EU für Zitrusfrüchte zu erzielen.

Konsultationen mit der Europäischen Union zur Beilegung des Streits fanden statt, führten aber nicht zu einer einvernehmlichen Lösung.

Brüssel verschärfte die Einfuhrbestimmungen für Zitrusfrüchte aus Südafrika und weiteren südafrikanischen Ländern, um die Einschleppung von Krankheiten, wie zum Beispiel des Schädlings „false codling moth“ (Thaumatotibia Leucotreta) und „Citrus Black Spot“ (Phyllotactic citricarpa) zu verhindern (Durchführungsverordnung (EU) 2019/2072). Die Einfuhr von Zitrusfrüchten aus Südafrika wurde bereits zeitweise untersagt, da zahlreiche Früchte mit dem Schädling Thaumatotibia Leucotreta/Falscher Apfelwickler befallen waren.

Angeblicher Verstoß gegen Abkommen

Diese von der EU im Juni 2022 eingeführten verschärften Importbestimmungen für Orangen und andere Zitrusfrüchte verstoßen laut der südafrikanischen Regierung gegen das WTO-Übereinkommen über sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen (SPS-Übereinkommen) und das GATT von 1994.
Südafrika sei trotz der Einsetzung von zwei Panels offen für weitere Gespräche mit der EU, um eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.

Das DSB nahm die Erklärungen zur Kenntnis und erklärte sich bereit, auf diese Fragen zurückzukommen, falls ein Mitglied dies wünscht.

SÜDAFRIKA / PHARMA: VORBILD INDIEN: EIN WEITER WEG

Die verzögerte Bereitstellung von Impfstoffen während der Corona-Pandemie hat einmal mehr unterstrichen, dass in Afrika lokale Kapazitäten zur Produktion von Arzneimitteln fehlen. Spezielle Bedarfe entstehen auf dem Kontinent durch Tropenkrankheiten, aber beispielsweise auch durch die hohe Zahl von HIV-Infizierten im südlichen Afrika. Hinzu kommen mit steigendem Wohlstand und veränderten Konsumgewohnheiten nicht übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mit entsprechendem Behandlungsbedarf.

Derzeit stellen in Südafrika 122 Unternehmen Arzneimittel her. Wie auf dem afrikanischen Kontinent insgesamt stellen die meisten davon Generika her. Nur wenige pharmazeutische Wirkstoffe werden vor Ort produziert. Dazu gehören Inhaltsstoffe von Paracetamol, Codein und Krebsmedikamenten. Mit dem Ziel, Wirkstoffe gegen einige der in Südafrika am weitesten verbreiteten Krankheiten wie Tuberkulose, Aids und Malaria lokal herzustellen, hatte die Regierung 2011 die Ketlaphela-Initiative ins Leben gerufen. Als sehr schwierig erwies sich dabei, geeignete Partner zu finden. Das Projekt ist daraufhin wieder eingeschlafen.

Indien dagegen ist heute einer der größten Pharmaproduzenten der Welt. Mit gezielter Förderung sind in den letzten 40 bis 50 Jahren neben vielen kleinen und mittleren Unternehmen der Branche auch international agierende Pharmakonzerne entstanden. Zu den eingesetzten Instrumenten gehören Finanzierungshilfen, Exportförderung, aber auch die Analyse bestehender und die Entwicklung neuer Arzneimittel, um eine eigene Wissensbasis aufzubauen.

Die asiatischen Wettbewerber verfügen über große Kapazitäten und viel Erfahrung. Daher können sie Arzneimittel, insbesondere Generika, oft günstiger anbieten als afrikanische Unternehmen. Für die Hersteller sind die Bedingungen deshalb heute ungleich härter.

Interesse internationaler Konzerne

Erfolgreicher verläuft die Zusammenarbeit zwischen heimischen und internationalen Pharmakonzernen. Im September 2023 gaben der südafrikanische Hersteller Aspen Pharmacare und der dänische Konzern Novo Nordisk ihre Partnerschaft zur Produktion von Insulin bekannt. 2024 wollen sie gemeinsam 16 Mio Dosen herstellen. Damit kann der Bedarf der rund 1,1 Mio Diabetes-Patienten in Südafrika gedeckt werden. Ziel ist es, weitere Märkte in Subsahara-Afrika zu beliefern. Bis 2026 soll die Produktion soweit wachsen, dass 4,1 Mio Patienten versorgt werden können. Für Aspen Pharmacare ist die Partnerschaft wichtig, um die während der Corona-Pandemie aufgebauten Kapazitäten auszulasten. Aspen hatte mit Johnson & Johnson die Produktion von Covid-Impfstoffen vereinbart, die nun nicht mehr benötigt werden.

Für den US-Hersteller Eli Lilly hat Aspen im August 2023 für zehn Jahre den Vertrieb in ganz Afrika übernommen. Aspen Pharmacare Holding agiert seither für zahlreiche internationale Konzerne als Vertriebspartner und Auftragsfertiger. Im Zentrum stehen dabei Markenprodukte, deren Patentschutz abgelaufen ist. Neben Standorten in Gqeberha (Port Elizabeth), East London und Kapstadt verfügt das Unternehmen über Produktionsstätten in Ghana, Kenia sowie Tansania.

Widersprüche in der Förderung

Zölle auf medizinische Wirkstoffe stellen die Firmen dabei jedoch immer wieder vor Probleme, da sie die lokale Produktion verteuern. So beklagte der Geschäftsführer des Auftragsherstellers Wrapsa gegenüber dem Fachmagazin „Engineering News“, dass sich öffentliche Auftraggeber häufig für billigere Importpräparate entscheiden, obwohl diese lokal produziert werden könnten. In Kombination mit den erwähnten Einfuhrabgaben würde so der Aufbau von Fertigungsstrukturen in Südafrika behindert.

In der Kritik steht auch die sehr großzügige Politik bei der Erteilung von Patenten beziehungsweise der Verlängerung bestehender. Das System zur Prüfung von Anträgen in Südafrika ist stark formalisiert. Sind alle notwendigen Formulare korrekt ausgefüllt und die Gebühren bezahlt, wird das Patent in der Regel erteilt. Die inhaltliche Prüfung der Anträge ist Kritikern zufolge nicht ausreichend intensiv. Auf diese Weise können durch geringfügige Änderungen Patentlaufzeiten verlängert werden. Das schränkt im Arzneimittelsegment vor allem die Marktchancen für Generika – und damit für lokale Hersteller – ein.

TUNESIEN / FÖRDERUNG: EU INVESTIERT WEITER IN DIE PARTNERSCHAFT

Auf dem Tunisia Investment Forum zelebrierten die tunesische Regierung und die Europäische Union ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit. Auf der Veranstaltung wurden einige neue Projekte mit europäischer Finanzierung offiziell verkündet.
Die EU und andere Geber sagten insgesamt 472,6 Mio Euro für den Bau eines Stromunterseekabels zwischen Italien und Tunesien zu. Rund 335 Mio Euro der Summe sollen als Zuschüsse fließen. An dem Projekt, das unter dem Namen ELMED firmiert, sind zahlreiche Institutionen finanziell beteiligt.

Zwei weitere Projekte mit Finanzierung der EIB standen ebenfalls im Zentrum des Forums. Im Straßenbau hat die Bank 210 Mio Euro für die Modernisierung der Nationalstraße zwischen Sfax und Kasserine zugesagt. Im Rahmen des Projekts soll der Straßenkorridor vierspurig ausgebaut werden und damit die Gouvernorate Sfax, Kairouan, Sidi Bouzid und Kasserine besser verbinden. Eine internationale Ausschreibung soll noch 2024 starten.

Zudem fördert die EIB mit 170 Mio Euro die Kreditvergabe an kleinste, kleine und mittlere Unternehmen in Tunesien. Eine weitere Kreditlinie mit 80 Mio Euro soll von der französischen Entwicklungsagentur AFD kommen. Daneben stellt die KfW Entwicklungsbank 10,5 Mio Euro für eine Garantiefazilität bereit.

Nach Angaben der Zeitung „Economist Maghrébin“ stehen die angekündigten Vorhaben zusätzlich zu rund 120 Projekten, die das sogenannte Team Europe im Zeitraum 2021 bis 2027 in Tunesien umsetzen will. Im Rahmen von Team Europe arbeiten die EU, die EU-Mitgliedstaaten – einschließlich ihrer Durchführungsstellen und öffentlichen Entwicklungsbanken – sowie die EIB und die EBWE zusammen.

Nach Tunesien ist in den vergangenen Jahren bereits viel europäisches Geld geflossen. Nach eigenen Angaben stellte die EU dem nordafrikanischen Land seit 2011 rund 2 Mrd Euro an Zuschüssen und 1,4 Mrd Euro an Krediten im Rahmen der Makrofinanzhilfe zur Verfügung. Zahlen des tunesischen Finanzministeriums zufolge hielt die EU Ende 2022 rund 11,5% der ausländischen Schulden Tunesiens bei multilateralen Gebern und rund 7% der gesamten Auslandsschuld.

Deutschland war 2022 wichtigster Finanzier

Auch bei den bilateralen Gebern stehen die EU Mitgliedstaaten weit vorne. Ende 2022 war Deutschland sogar der wichtigste bilaterale Geber für Tunesien. Das Land ist aber bei Weitem nicht nur Empfänger von Finanzhilfen, sondern vor allem auch ein attraktives Investitionsziel für Unternehmen aus der EU. Laut der Foreign Investment Promotion Agency FIPA stammen etwa die Hälfte des Bestands der ausländischen Direktinvestitionen außerhalb des Energiesektors aus den EU-Mitgliedstaaten.

Hierbei investieren sie vor allem in Industriesektoren, allen voran in der mechanischen und elektrotechnischen Industrie oder der Textil- und Bekleidungsbranche. Damit sind sie auch sehr wichtige Arbeitgeber. Allein in Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung sind laut FIPA über 80.000 Mitarbeiter beschäftigt. Asiatische Investoren spielen in Tunesien bisher noch eine untergeordnete Rolle.

Obwohl die Verflechtung zwischen der EU und Tunesien eng ist, gab es schon einmal bessere Zeiten für die Partnerschaft. Der einstige Reformvorreiter des Arabischen Frühlings lehnt einen Umbau seiner Wirtschaft immer mehr ab. Im Frühjahr 2023 lehnte der tunesische Präsident ein Kreditprogramm des Internationalen Währungsfonds ab, weil er mit den geforderten Maßnahmen nicht einverstanden war. Der IWF will, dass die Regierung Subventionen abbaut und den Staatssektor umstrukturiert.

Das finanziell angeschlagene Tunesien ist allerdings auf internationale Finanzierung angewiesen: Das Finanzministerium veranschlagte im Oktober 2023 für das Jahr 2024 einen Bedarf an internationaler Budgethilfe in Höhe von umgerechnet über 4 Mrd Euro. Dabei will Tunesien vermehrt auf Gelder vom Nachbarland Algerien oder von Saudi-Arabien setzen. Die Finanzierungslücke bleibt groß – bei 70% der erwarteten Hilfen war der Darlehensgeber noch offen. Die EU hat im Rahmen des gemeinsamen Memorandum of Understanding im Frühjahr 2024 bereits 150 Mio Euro an Budgethilfe ausgezahlt.

Amerika

KANADA / ROHSTOFFE: BERGBAU ZIEHT NICHT MIT

Mit Honda hat sich im April 2024 ein weiterer Autokonzern dazu entschlossen, in Kanada in die Elektroautolieferkette zu investieren. Der japanische Automobilhersteller wird in der Provinz Ontario 11 Mrd US-Dollar für vier neue Produktionsstätten für Elektrofahrzeuge aufwenden.

Neben der 30-prozentigen Steuergutschrift für Investitionen in neue Maschinen und Ausrüstungen für saubere Technologien erhält Honda noch eine weitere Förderung, die mit dem Bundeshaushalt 2024 angekündigt wurde: Sie gilt für Unternehmen, die in Kanada in die Montage, Batterieproduktion und Herstellung von Kathodenmaterial investieren.

Solche Unternehmensansiedlungen lassen sich Kanadas Bundes- und Provinzregierungen viel Geld kosten. Mit (Teil-)Erfolg: „Wir haben einen phänomenalen Anstieg der Investitionen erlebt“, sagte Automobilverbands-Chef Brian Kingston. Kingston machte aber ebenso deutlich, dass diese sich bisher stark auf Batterien und dafür benötigtes Kathoden- und Anodenmaterial konzentrieren. Sein Ziel, eine komplette elektromobile Wertschöpfungskette aufzubauen, erreicht Kanada damit noch nicht. Denn während die neuen Batteriefabriken für die Produktion zwar auf reichlich erneuerbare Quellen zurückgreifen können, gibt es bei der Rohstoffversorgung Defizite.

Die Lieferkette für Batteriematerialien ist bisher kaum diversifiziert. Großkonzerne wie ExxonMobil und Albemarle treiben in den USA den Lithiumabbau voran, auch in Kanada gibt es einige Vorhaben. Für viele Investoren sind die Preise für Batterierohstoffe aber zu niedrig, um in Nordamerika neue Projekte zu starten. Weltweite Überkapazitäten unter anderem bei Kobalt, Nickel, Graphit und Lithium halten die Preise voraussichtlich auch 2024 niedrig und damit viele Unternehmen von Investitionen in die vorgelagerte Mineralienförderung ab. In Kanada liegt der Investitionsschwerpunkt daher zurzeit auf Batteriewerken und Elektrofahrzeugen. Im vorgelagerten Zulieferbereich tut sich dagegen erst wenig.

Abbauprojekte geraten ins Stocken

Noch vor wenigen Jahren wurden viele Bergbauprojekte in Kanada angekündigt. Doch nur zögerlich nehmen Bergbaukonzerne seither die Vorkommen an Lithium, Kobalt und Nickel des Landes ins Visier. Befanden sich 2015 in Kanada noch 150 Großprojekte im Wert von 522 Mrd Dollar im Bau oder in Planung, waren es im Mai 2023 nur noch 129 Großprojekte im Wert von 420 Mrd Dollar. Kanadas Automobilverband geht davon aus, dass die Kapazitäten für raffiniertes Kobalt, Nickelsulfat, Mangansulfat und Graphit in Nordamerika im Jahr 2030 weniger als die Hälfte des dortigen Bedarfs decken werden. Und dass die Region dann erst jeweils 3,5% des benötigten Kathoden- und Anodenmaterials aus eigener Produktion liefern kann.

Kanada verfügt zwar über beträchtliche Vorkommen an wichtigen Mineralien, aber vom Mineralienfund bis zur Inbetriebnahme einer neuen Mine dauert es im Schnitt fast 16 Jahre. Das ergab eine Studie des US-Finanzdienstleistungskonzerns S&P Global unter 127 Minen weltweit, die in den letzten 20 Jahren den Abbau gestartet haben. Um diesen zu beschleunigen, will die Regierung in Ottawa die Genehmigungsverfahren für Bergbauprojekte straffen und beschleunigen.

Provinzen kochen ihre eigenen Süppchen

Zu berücksichtigen ist, dass jede Provinz und jedes Territorium durch ihr jeweiliges Bergbau- und Mineraliengesetz entscheiden kann, wie sie Bergbauaktivitäten in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich regelt. Unsicherheiten kann es geben, wenn ein Unternehmen sowohl unter Bundesgesetz als auch unter Provinz- oder Territorialgesetz fällt. In Ontario mahnt SFA Oxford einen besseren Umgang mit den Interessengruppen an, insbesondere mit Ureinwohnern.

In Québec dagegen gelten die fehlende Infrastruktur im Norden und das Zivilrecht als Haupthindernisse bei Investitionen. Québec hat als einzige Provinz ein Zivilgesetzbuch, das auf dem französischen Code Napoléon basiert, während der Rest Kanadas das Gewohnheitsrecht anwendet. Dortige Gerichte orientieren sich zunächst am Zivilgesetzbuch und beziehen sich dann auf frühere Entscheidungen, um zu prüfen, ob diese konsistent sind.

LATEINAMERIKA / KONJUNKTUR: SCHNELLER WANDEL UND GROßE SPANNUNGEN

Historisch betrachtet hat die Welt unterschiedliche Phasen der Stabilität erlebt, geprägt vom Auf- und Abstieg globaler Supermächte, oft als globale Hegemonialmächte bezeichnet. Aktuell befindet sich die Welt wieder in einer überaus volatilen Phase, eine Folge der sich wandelnden globalen Machtverteilung. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren die USA seit Ende der 80er Jahre in einer relativ ruhigen Phase die einzige globale Supermacht. 

Allerdings befinden sich die Vereinigten Staaten seit einigen Jahren in einem Konflikt mit China, das sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer aufstrebenden globalen Supermacht entwickelt hat. In diesem Zusammenhang sind Rivalitäten vorprogrammiert, ebenso wie die Infragestellung der bisherigen Spielregeln und des Status quo durch die Emporkommenden. Es überrascht daher kaum, dass internationale Organisationen wie die WTO und die UN, gegründet unter dem Einfluss der USA, momentan handlungsunfähig sind, während China bei der Umstrukturierung von Staatsschulden neue Standards setzt. 

Der Konflikt beeinflusst auch den Rest der Welt. Beide Supermächte versuchen mit einer Mischung aus Anreizen und Zwangsmaßnahmen, ihre Interessen weltweit durchzusetzen. Gleichzeitig überschatten geopolitische Aspekte inzwischen die Effizienzgewinne der Weltwirtschaft. Länder werden dazu überredet, sich mit einer der beiden Parteien zu verbünden. Dies erhöht wiederum das Risiko einer Aufspaltung der Weltwirtschaft in geopolitische Blöcke. 

Diese Aufspaltung geht über den wirtschaftlichen Kontext hinaus. Sie betrifft auch diplomatische, technologische und militärische Aspekte. Überdies wittern einige regionale Supermächte und nicht staatliche Akteure mit dem Ende der unipolaren Dominanz der USA nun die Chance, ihre eigene Agenda aggressiv voranzutreiben. Dies erhöht wiederum die geopolitische Volatilität, auch abzulesen an weltweiten Konflikten von der Ukraine bis zum Nahen Osten.

Neutrale Haltung in der Geopolitik 

Glücklicherweise ist Lateinamerika relativ immun gegen geopolitische Schwankungen, da es geografisch weit von regionalen Krisenherden entfernt ist. Außerdem blieb die Region von militärischen Auseinandersetzungen verschont, trotz anhaltender jahrhundertealter Grenzstreitigkeiten zwischen zahlreichen Ländern, darunter Peru und Bolivien mit Chile, Guatemala mit Belize und Guyana mit Venezuela und Suriname. Die meisten lateinamerikanischen Staaten, die historisch stark mit den USA verbunden sind, verfolgen bei geopolitischen Rivalitäten einen unabhängigen und neutralen Ansatz, die sogenannte „aktive Blockfreiheit“. Allerdings ist Chinas Einfluss in der Region in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen, insbesondere in Ländern wie Venezuela und Nicaragua, deren Verhältnis zu den USA als angespannt gilt.

Während die Vereinigten Staaten in Bezug auf Wirtschaft, Militär und „soft power“ nach wie vor großen Einfluss auf die meisten Länder haben, hat China seinen Einfluss aufgrund verschiedener Ereignisse ausgebaut. Erstens hat die wirtschaftliche Bedeutung des Landes seit seinem Beitritt zur Welthandelsorganisation im Dezember 2001 in Lateinamerika erheblich zugenommen. Der Handel mit der Volksrepublik hat sich beinahe verdreißigfacht, von 14 Mrd US-Dollar im Jahr 2000 auf 495 Mrd im Jahr 2022. Diese Zahlen dürften heute sogar noch höher sein, vor allem weil chinesische Überkapazitäten (zum Beispiel bei Elektrofahrzeugen) und Re-Exporte ihren Weg in die USA gefunden haben. 

Die USA bleiben größter Handelspartner

Sie werden jedoch vom Handel zwischen Lateinamerika und den Vereinigten Staaten in den Schatten gestellt, der sich 2022 auf 1,5 Bill Dollar belief, vor allem dank der starken Handelsbeziehungen zu Mexiko. Darüber hinaus könnten neue Einfuhrzölle, die lateinamerikanische Länder auf chinesische Waren erheben, wie die kürzlich in Mexiko, Chile und Brasilien verhängten Stahlzölle, das Handelswachstum in Zukunft einschränken, je nachdem, wie wirksam diese sind. 

Zweitens spielt China als weltweit größter staatlicher Kreditgeber eine immer wichtigere Rolle als Hauptgläubiger vieler lateinamerikanischer Staaten: Bislang haben sich 21 Länder Chinas Projekten zur „Belt and Road“-Initiative angeschlossen, während Länder wie Venezuela, Ecuador und Suriname erhebliche bilaterale Staatsschulden bei der asiatischen Nation haben. Außerdem ist die Volksrepublik ein bedeutsamer Investor, vor allem in strategischen Branchen wie kritische Mineralien, Technologie und erneuerbare Energien. 

Die USA sind jedoch weiterhin der größte Investor in der Region (1,1 Bill Dollar im Vergleich zu 6,4 Mrd Dollar an Investitionen durch China im Jahr 2022 – genaue Zahlen sind angesichts der undurchsichtigen chinesischen Kreditvergabe jedoch kaum zu finden). Auch militärisch spielen die Vereinigten Staaten immer noch die größte Rolle in Lateinamerika (zum Beispiel im Krieg gegen Drogen oder den Terror). Seit 2010 hat sich ihr Schwerpunkt jedoch auf den Nahen Osten und Asien verlagert. 

Das Reich der Mitte baut währenddessen die Sicherheitsbeziehungen in der Region aus – von stärkeren militärischen Beziehungen zu Kuba und Venezuela bis hin zu Investitionen in den Raumfahrtsektor mit mehreren Satellitenbodenstationen in der gesamten Region und Abkommen mit Strafverfolgungsbehörden. Letztendlich ist auch Chinas „soft power“ in der Region gestiegen, vor allem während der Pandemie, als es vor dem Westen medizinische Ausrüstung und hunderte Millionen Impfdosen lieferte.

Mehr Friendshoring trotz Hürden

Die Rivalität zwischen den beiden größten Volkswirschaften der Welt in Kombination mit seiner neutralen Haltung hat Lateinamerika Chancen eingebracht, vor allem durch Investitionen, die langfristig das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Dank der geographischen Nähe und der zahlreichen, billigen Arbeitskräfte haben die USA Lateinamerika – vor allem Mexiko und Brasilien – für Friendshoring ins Visier genommen. US-Unternehmen sind dazu angehalten, ihre Produktion und Investitionen in Länder zu verlagern, die geopolitische Verbündete sind. Außerdem entstehen Kooperationen zwischen den USA und Ländern wie Costa Rica und Panama, um eine regionale Halbleiterlieferkette zu entwickeln und damit Chinas zentrale Position in der globalen Lieferkette für Elektronik zu umgehen. 

Überdies ist die Region attraktiv, da sie den Schlüssel zum globalen grünen Wandel in den Händen hält. Lateinamerika ist reich an strategischen Rohstoffen, darunter Lithium und Kupfer, und daher ein entscheidender Partner für die Volksrepublik mit seiner globalen Vormachtstellung bei der Verarbeitung kritischer Mineralien. Die Region ist somit auch für westliche Länder attraktiv, die Chinas Vormachtstellung schwächen wollen, zumal asiatische Länder bereits begonnen haben, Ausfuhrbeschränkungen für strategische Mineralien zu verhängen. 

Allerdings ist Friendshoring ein langfristiger Trend und es kann Jahre dauern, bis Länder von den Vorteilen profitieren. Des Weiteren können Hürden wie eine schlechte Infrastruktur, unvorhersehbare politische Maßnahmen (wie die mexikanische Verstaatlichung der Lithiumproduktion), geringe Effektivität, niedrige Produktivität (die zweitniedrigste der Welt) und ein geringer technischer Fortschritt im Vergleich zu den asiatischen Ländern höchstwahrscheinlich einen größeren Investitionsboom behindern. 

Vielleicht befürchten Investoren auch, dass bündnisfreie Volkswirtschaften gezwungen sein könnten, sich in Zukunft für einen Block zu entscheiden, und halten sich deshalb mit Investitionen zurück. Eine weitere Sorge ist, dass indirekte Importe stärker kontrolliert werden könnten.
Mittlerweile kommt es häufiger zu einseitigen Handelsbeschränkungen, oft im Namen der nationalen Sicherheit. Bislang wurden solche Verbote und Zölle gegen China, die USA oder eindeutig verbündete Blockstaaten verhängt. Es besteht jedoch das Risiko, dass Re-Exporte durch neutrale Drittländer oder Produkte von chinesischen oder US-Unternehmen mit Sitz in neutralen Ländern ebenfalls sanktioniert werden. 

Profiteur der US-Strafzölle

So erhob der ehemalige US-Präsident Donald Trump 2018 hohe Steuern auf Importe aus der Volksrepublik, die seitdem weitgehend beibehalten wurden. Infolgedessen ließen sich zahlreiche chinesische Unternehmen in Mexiko nieder, weil das Land mit den USA und Kanada ein Freihandelsabkommen (USMCA) hat. Die Washington äußert nun Bedenken bezüglich der im Nachbarland ansässigen chinesischen Unternehmen, weil diese je nach Zusammensetzung der Ware zu einem viel niedrigeren Zolltarif oder sogar zollfrei in die Staaten exportieren und die gegen Beijing verhängten Strafzölle umgehen. 
Diese Bedenken haben zugenommen, vor allem seit Mexiko im letzten Jahr China überholte und zum größten Handelspartner der Vereinigten Staaten aufstieg. Dieser Faktor dürfte daher auch 2026 bei den Verhandlungen zur Überprüfung des USMCA-Abkommens, das 2036 ausläuft, eine wichtige Rolle spielen.

Ein technologisches Dilemma

Der technologische Wandel ist bei geopolitischen Rivalitäten voraussichtlich der nächste alles entscheidende Faktor. Im Laufe der Jahre wurde ein rasanter technologischer Fortschritt beobachtet, bei dem die USA lange Vorreiter waren. China hat sich jedoch schnell zu einem beeindruckenden Konkurrenten aufgeschwungen. Beide Supermächte haben die potenziellen Vorteile von Technologie erkannt und wollen mit wirtschaftlichem Druck und Sanktionen ihren Vorsprung ausbauen, zum Beispiel bei modernen Halbleitern. 

Außerdem stehen Staaten und Unternehmen zunehmend vor dem Dilemma, dass sie sich entscheiden müssen, welche Technologien sie bevorzugen und auf welche sie nicht verzichten können. Washington setzt lateinamerikanische Staaten zunehmend mit Sanktionen unter Druck, um sie davon abzuhalten, chinesische Huawei-Telekommunikationstechnik (für 5G-Mobilfunknetze) zu übernehmen. Sie begründen dies mit der potenziellen Anfälligkeit für Cyber- und Spionagebedrohungen aus der Volksrepublik.

Lateinamerikanische Länder entscheiden sich jedoch nach wie vor für Huawei, da die US-amerikanischen oder europäischen Alternativen oft teurer sind. 
Die Frage ist, was mit Voranschreiten der technologischen Entwicklungen passieren wird, zum Beispiel im Bereich Künstliche Intelligenz, Smart Cities, digitale Währungen und bei einem potentiellen grenzüberschreitenden Zahlungssystem. Überdies könnten einseitige Sanktionen zukünftig auf Unternehmen und Länder ausgeweitet werden, die aufgrund von Sicherheitsbedenken die Technologie der rivalisierenden Supermacht nutzen. 

Vor diesem Hintergrund stellt sich für Lateinamerika die Frage, wie lange es seine neutrale Position beibehalten kann, wenn sich die Blöcke weiter voneinander entkoppeln. Denn dies könnte letztlich zu unterschiedlichen technologischen Standards oder Sanktionen aufgrund von technologiebedingten Sicherheits- und Spionagebedenken führen.

MITTELAMERIKA / LOGISTIK: PANAMA-KANAL: DÜRRE SORGT WEITER FÜR BEEINTRÄCHTIGUNGEN

Die Folgen der Dürre des vergangenen Jahres könnten die Schifffahrt im Panama-Kanal auch im Jahr 2024 noch erheblich beeinträchtigen. Der Kanalbetreiber ACP warnte, trotz des Beginns der Regenzeit sei „das Wasserproblem für Panama und den Kanal noch nicht vorbei“. Seit November ist die Zahl und die Länge der Schiffe, die den Kanal durchfahren wollen, reduziert.

Der Oktober 2023 war der trockenste Monat seit 73 Jahren in Panama gewesen, Grund war das El-Niño-Phänomen. Für den Betrieb der Schleusen des Kanals sind große Wassermengen nötig – sie werden aus einem von zwei Seen gespeisten Wassereinzugsgebiet entnommen.

Etwas entspannt hat sich die Lage aber: Ab dem 11. Juli erhöht die Kanalbehörde die zulässige Maximallänge für Schiffe auf 14,6 m. Ab dem 5. August dürfen 35 Schiffe pro Tag die Wasserstraße nutzen. Zeitweise war die Zahl auf 24 reduziert.

USA / AUSSENHANDEL: PARADIGMENWECHSEL BEI DER BESCHAFFUNG

Chinesische Güter sind in den USA nicht mehr so gefragt, besonders wenn sie bei öffentlichen Projekten oder in der kritischen Infrastruktur zum Einsatz kommen. Washington ließ im Frühjahr 2024 verkünden, sämtlich Kräne chinesischer Herkunft an den Seehäfen abbauen zu lassen. Auch die Privatwirtschaft ändert ihr Verhalten. Durch gestörte Lieferketten im Zuge der Corona-Pandemie diversifizieren die US-Unternehmen ihre Beschaffung oder kaufen verstärkt in der Nähe ein.

Das Nearshoring machte sich 2023 deutlich bemerkbar: Während der Umschlag an den Seehäfen spürbar sank, florierte der Warentransport per Lkw. Die Zollstatistik förderte sogar eine Zeitenwende zutage: So war China über Jahrzehnte der größte Warenlieferant für die Vereinigten Staaten. Doch 2023 fiel die Volksrepublik auf Rang 2 zurück. In den ersten beiden Monaten 2024 hat sich diese Entwicklung fortgesetzt.

In einem Punkt blieben die Bemühungen der US-Regierung hinsichtlich Abkopplung allerdings schwierig: Nach wie vor ist das Land in hohem Maß auf seltene Erden aus China angewiesen. Nur bei wenigen Rohstoffen konnten alternative Bezugsquellen erschlossen werden. Der Aufbau einer heimischen Förderung kommt nur langsam voran.

Asien und Ozeanien

ASIEN / BANKEN: MEHR GELD FÜR NEUE PROJEKTE

Bei ihrer Jahrestagung Anfang Mai 2024 in der georgischen Hauptstadt Tiflis stellte die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) ihre Ergebnisse für das Jahr 2023 vor und stimmte mit ihren 68 Mitgliedsländern die Ausrichtung für die Folgejahre ab. 

Die Neuzusagen der ADB stiegen 2023 um 25% auf knapp 40 Mrd US-Dollar, nach zwei Jahren mit sinkenden Mitteln für neue Projekte. Die Bank rechnet sowohl Eigenmittel als auch Kofinanzierungen mit ein. Letztere stiegen sogar um 43%. Durch eine Reform des Kapitalmanagements der Bank wird sich ihr jährliches Ausleihvolumen in den kommenden Jahren voraussichtlich um bis zu 40% erhöhen. 

Der Asiatische Entwicklungsfonds, aus dem Vorhaben für ärmere Staaten zu vergünstigten Konditionen finanziert werden, startet 2024 mit einer Rekordauffüllung von 5 Mrd Dollar in eine neue Phase. Inhaltliche Schwerpunkte legt die Bank auf die Unterstützung ihrer Zielländer bei der Bewältigung grenzüberschreitender Krisen und Konflikte. Die ADB will dabei eng mit privaten Investoren, Unternehmen sowie anderen multilateralen Entwicklungsbanken zusammenarbeiten.

Privatwirtschaft für Dekarbonisierung einbinden

Prioritäres Thema der Bank ist der Klimawandel, dessen Folgen in Asien immer drastischer werden. Extremwettereignisse und Klimamigration nehmen zu, die Ernährungssicherheit ist gefährdet. Im Jahr 2023 stellte die ADB Klimafinanzierung in Höhe von 9,8 Mrd Dollar bereit, ein neuer Höchstwert. 5,5 Mrd Dollar entfielen auf Minderungsmaßnahmen, 4,3 Mrd Dollar auf Projekte zur Anpassung an die Erderwärmung. Der Großteil davon geht an Regierungen der ausleihenden Mitgliedsstaaten für Projekte in den Bereichen nachhaltiger Transport, Energie sowie Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.

Die ADB analysiert, wie steigende Temperaturen und Hitzewellen den Alltag der Menschen in Asien beeinträchtigen. Besonders ärmere Bevölkerungsgruppen, Frauen aber auch Arbeiter sind gefährdet. Die Bank plant, dies in ihren Projekten künftig noch stärker mitzudenken, zum Beispiel in den Bereichen Stadtplanung und sozialen Wohnungsbau. An private Investoren vergab die ADB 2023 Kredite und Garantien in Höhe von 1 Mrd Dollar. Bisher konzentriert sich die Bank dabei auf Energieprojekte. Zunehmend rücken auch Klimaprojekte im Industrie- und Agrarsektor in den Fokus, wie Suzanne Goboury, Direktorin des Privatsektorgeschäfts der ADB, auf einem Panel in Tiflis erklärte. 

Es gibt Leuchttürme in vielen Schwellenländern Asiens, die den Umbau ihres Energiesektors von fossilen zu erneuerbaren Quellen vorantreiben. In der Diskussion wurde Usbekistan als ein Beispiel genannt. Auch das Thema Dekarbonisierung in Lieferketten steht auf der Agenda der Bank. Mithilfe innovativer Ansätze soll mehr privates Kapital für Transformationsprojekte mobilisiert werden. Wie dies besser gelingen kann, wurde auf der Jahrestagung intensiv diskutiert. Es herrschte Konsens darüber, dass in den nächsten Jahren Investitionen in Milliardenhöhe notwendig sind, um dem Klimawandel und seinen Folgen zu begegnen. Öffentliche Mittel können nur einen kleinen Anteil davon ausmachen und als Anschubfinanzierung oder Derisking dienen.

Unternehmen als Lösungsanbieter gefragt

Die ADB möchte ihre Kooperation und die Netzwerke mit Unternehmen und privaten Investoren insgesamt ausbauen. Nicht nur als Kunden im Kreditgeschäft oder Partner in der Finanzierung von Klimaprojekten, sondern auch, um innovative Lösungen für die Dekarbonisierung in verschiedenen Wirtschaftssektoren zu finden und zu skalieren. Dies ist Teil der aktuellen Reformstrategie der Bank. Für Cleantech-Unternehmen stehen die Zeichen für einen Austausch mit den Spezialisten der Bank gerade gut, ob am Hauptsitz in Manila oder in den Länderbüros der ADB. Konkrete Geschäftsmöglichkeiten gibt es bei Aufträgen im Rahmen von ADB-finanzierten Projekten in den ausleihenden Mitgliedsländern der Region. 

Im Jahr 2023 wurden Waren und Dienstleistungen im Wert von mehr als 14,5 Mrd Dollar beschafft. Auftraggeber sind öffentliche Stellen vor Ort, die Aufträge gemäß den Beschaffungsvorgaben der Bank vergeben. Diese werden derzeit reformiert. Qualitäts- und Nachhaltigkeitskriterien sowie Lebenszykluskosten nehmen einen immer höheren Stellenwert ein. Bereits 2017 veröffentlichte die ADB neue Regularien, die in den vergangenen Jahren weiter ergänzt wurden. 

Jeff Taylor, Chief Procurement Officer der ADB, erklärte in Tiflis, die Bank versuche, innovative Anbieter vor allem im Bereich Cleantech zu finden und den Markt künftig intensiver sondieren zu wollen. Im Laufe des Jahres 2024 will die ADB ein Punktesystem für Qualitätsaspekte als Standardverfahren einführen und entsprechende Richtlinien veröffentlichen. Auch die Safeguards der ADB werden gerade aktualisiert. Die Entwürfe befinden sich im Konsultationsprozess. Zu beiden Themen gibt es einen engen Austausch mit anderen Entwicklungsbanken.

Kooperation mit anderen Entwicklungsbanken

Gemeinsam mit anderen multilateralen Entwicklungsbanken durchläuft die ADB einen umfassenden Reformprozess, um das vorhandene Kapital noch effizienter einzusetzen und als Hebel zu nutzen. Die Ausleihkapazität der ADB für die Folgejahre wurde bereits im Rahmen einer Reform des Kapitalmanagements erhöht. Synergien mit anderen Banken – wie der Weltbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung – sollen stärker genutzt werden. Ein Beispiel sind Due Diligence Prozesse, die oftmals von jeder Bank einzeln für dasselbe Projekt durchgeführt werden.

ASIEN-PAZIFIK / FORDERUNGSMANAGEMENT: SINKENDE ZAHLUNGSMORAL IN DER TEXTIL- UND BAUINDUSTRIE

Die Asia Corporate Payment Survey, die von Coface zwischen Dezember 2023 und März 2024 durchgeführt wurde, gibt Einblicke in die Entwicklung des Zahlungsverhaltens und der Praktiken des Forderungs-Managements von rund 2.400 Unternehmen in der Asien-Pazifik-Region. Die Konzerne sind in neun Regionen Australien, China, Hongkong, Indien, Japan, Malaysia, Singapur, Taiwan sowie Thailand und 13 Branchen tätig. Insgesamt haben sich die Kreditbedingungen verschärft, wobei die Zahlungsbedingungen von 66 auf 64 Tage im Jahr 2022 gesunken sind. Gleichzeitig verringerte sich die Dauer der Verzögerungen von 67 auf 65 Tage.

Zahlungsverzögerungen traten häufiger auf: 60% der Unternehmen hatten damit Erfahrung, verglichen mit 57% im Jahr 2022, aber die durchschnittliche Dauer der Verzögerungen verringerte sich von 67 auf 65 Tage. Sehr lange Zahlungsverzögerungen haben ebenfalls zugenommen. Der Prozentsatz der befragten Unternehmen, die über Verzögerungen berichten, stieg von 57% im Jahr 2022 auf 60% im Jahr 2023, wovon allerdings nur China und Japan einen entsprechenden Anstieg zu verzeichnen hatten, was vor allem auf die dort geltenden strengeren Zahlungsfristen zurückzuführen ist. In allen anderen erfassten Märkten ging die Zahl der gemeldeten Zahlungsverzögerungen zurück, was auf eine verbesserte finanzielle Stabilität nach der Pandemie hindeutet.

Als Hauptgründe für die Zahlungsverzögerungen in der Region werden ein zu starker Wettbewerb, eine sinkende Nachfrage, eine Konjunkturschwäche sowie Zahlungsausfälle bei den Kunden genannt.

In der Textilbranche und im Bausektor war ein deutlicher Anstieg der gemeldeten Zahlungsverzögerungen zu verzeichnen. Der Textilsektor sah sich mit höheren Produktionskosten und einer steigenden Nachfrage konfrontiert, während die Bauindustrie unter der schwachen Entwicklung des chinesischen Immobiliensektors und den hohen Zinssätzen in den meisten Märkten zu kämpfen hatte.

Während die durchschnittliche Dauer der Zahlungsverspätungen von 67 Tagen im Jahr 2022 auf 65 Tage im Jahr 2023 sank, verzeichneten die Mehrheit der erfassten Märkte einen Anstieg. Australien, Hongkong und Malaysia hatten den höchsten Zuwachs zu verzeichnen, während nur China, Taiwan und Thailand einen Rückgang erlebten. In Japan war der durchschnittliche Zahlungsverzug mit 50 Tagen am kürzesten, in Australien mit 83 Tagen am längsten.

Am stärksten stiegen die Zahlungsverzögerungen in der Textilbranche und im Agrar- und Lebensmittelsektor, und zwar um jeweils 11 Tage. In der Energieindustrie und in der Pharmabranche war der stärkste Rückgang zu verzeichnen, nämlich um 11 beziehungsweise 10 Tage. Der Bausektor hat nach wie vor den längsten Zahlungsverzug (76 Tage), während die Pharmabranche den niedrigsten aufweist (57 Tage).

Der Anteil der Unternehmen, die einen sehr langen Zahlungsverzug (ULPD) von mehr als 2% ihres Jahresumsatzes verzeichnen, ist von 26% 2022 auf 29% im Jahr 2023 angestiegen. Dieser 2%-Grenzwert stellt ein sehr hohes Risiko eines Zahlungsausfalls dar, da laut Coface 80% dieser Zahlungsrückstände nie beglichen wurden.

BANGLADESCH / IT: ANLAUFSTELLE FÜR OUTSOURCING

Bangladesch ist als Beschaffungsmarkt für IT-Dienstleistungen für viele Unternehmen noch ein weißer Fleck auf der Weltkarte. Mit seiner jungen, technologieaffinen und in Teilen englischsprachigen Bevölkerung bietet das Land aber gute Voraussetzungen, um Dienstleistungen wie „IT-enabled Services“ (ITeS) oder Software-Entwicklung weltweit zu exportieren, so die Aussage der staatlichen Bangladesh Hi-Tech Park Authority (BHTPA).

Im Jahr 2023 boten 4.500 Unternehmen mit 300.000 Beschäftigten ITeS-Dienste und Software-Entwicklung an. Hinzu kommen 50.000 freie Mitarbeiter, so BHTPA.
Das umsatzstärkste ITeS-Segment ist „Business Process Outsourcing“ (BPO). Mit der Auslagerung von Geschäftsprozessen setzten die knapp 400 bangladeschischen Dienstleister im Finanzjahr 2022/2023 umgerechnet 800 Mio US-Dollar um, so die Daten der Bangladesh Association of Contact Center and Outsourcing (BACCO).

Der Branchenverband prognostiziert, dass der Umsatz im Jahr 2025 auf 1 Mrd Dollar und bis 2030 auf 5 Mrd steigen dürfte. Zum Vergleich: Der BPO-Umsatz in Indien lag zuletzt bei knapp 50 Mrd Dollar.

BPO-Branche wächst

Bangladesch will sich ein größeres Stück vom globalen Outsourcing-Kuchen sichern und die Exporte von IT-Dienstleistungen steigern. Diese lagen 2022/2023 bei 549 Mio Dollar. Davon entfielen 84% auf ITeS, so die Daten der Bangladesh Bank. Software war mit rund 48 Mio Exportwert das zweitgrößte Segment.

Für das laufende Finanzjahr 2023/2024 wird ein ähnliches Ergebnis erwartet. Allerdings exportierten die Unternehmen zwischen Juli und Dezember 2023 IT-Dienste im Wert von 283 Mio Dollar – knapp 6% weniger als in der ersten Hälfte des Vorfinanzjahres.

Die Konkurrenz auf dem weltweiten Outsourcing-Markt ist groß und Bangladesch liegt hier eher im unteren Mittelfeld. In einer Studie der Unternehmensberatung Kearny zur Standortattraktivität für die Auslagerung von IT-Dienstleistungen belegte Bangladesch 2023 Rang 47 von 78 Ländern. Bangladesch kann vor allem mit niedrigen Gehältern punkten. Das durchschnittliche Einstiegsgehalt für einen Software-Entwickler lag 2023 bei etwa 450 Dollar pro Monat.

Allerdings hinkt das Land bei Qualifikation und Verfügbarkeit von Fachkräften der regionalen Konkurrenz hinterher. Die Zahl der Hochschulabsolventen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik beziffert BACCO auf etwa 25.000 pro Jahr. Diese bringen oft nicht die benötigten Qualifikationen mit, so der Verband. Um diese Lücken zu schließen, offeriert BACCO gezielte Fortbildungen.

Zudem will die Regierung im Rahmen ihrer „Smart Bangladesh Vision 2041“ landesweit 109 High-Tech-Parks errichten. Dort sollen sich neben Herstellern von IT-Hardware und Elektronik auch IT-Dienstleister und Ausbildungseinrichtungen für IKT-Berufe ansiedeln. Die Regierung bietet Investoren Anreize wie Einkommen- und Umsatzsteuerbefreiung in den ersten Jahren des Betriebs sowie Gutschriften bei Rücküberweisungen von Unternehmensgewinnen. Anfang 2024 waren sieben High-Tech-Parks im Betrieb, weitere 30 befanden sich in Planung.

INDIEN / AUSSENHANDEL: DER SCHLAFENDE RIESE IST ERWACHT

Indien holt auf! Ob Bevölkerung, Wirtschaft oder Integration in die Weltwirtschaft, der Subkontinent ist ein wichtiger Akteur. Deutschen Exporteuren bieten sich viele Chancen, dabei müssen sie noch nicht einmal Neuland betreten. Die richtigen Partner sind schon vor Ort.

Seit einiger Zeit ist Indien im globalen Ländervergleich der Riese schlechthin: Laut UNO-Berechnungen ist der Subkontinent seit März 2023 mit mehr als 1,4 Mrd Menschen das bevölkerungsreichste Land der Welt. Insgesamt zählt Indien fast dreimal so viele Bewohner wie die EU und hat zudem den bisherigen Spitzenreiter China abgelöst. Die indische Bevölkerung wächst kontinuierlich – während die chinesische schrumpft.

Indien hat den größten Binnenmarkt der Welt und eine große Anzahl junger Menschen in arbeitsfähigem Alter. Erwacht ist der Riese volkswirtschaftlich gesehen längst. Gemessen am BIP des Jahres 2022 war Indien mit 3,4 Bill US-Dollar – ein Plus von 7,2% im Vergleich zum Vorjahr – die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt, gleich. Für die Jahre 2023 bis 2030 erwarten Ökonomen ein Wirtschaftswachstum von 6% jährlich.

Angesichts ihrer Größe ist die indische Wirtschaft vergleichsweise wenig am internationalen Handel beteiligt. Allerdings gibt es das politische Bestreben nach mehr wirtschaftlicher Integration. So haben sich Olaf Scholz und Narendra Modi bereits mehrfach getroffen. Zuletzt war Scholz im Februar 2023 mit einer Wirtschaftsdelegation bei Modi in Neu-Delhi. Für große deutsche Konzerne ist Indien schon lange kein Geheimtipp mehr. Unternehmen wie Bosch und Siemens sind bereits seit gut hundert Jahren im Land. Viele deutsche Autohersteller haben dort Werke, dementsprechend sind auch ihre Zulieferer vor Ort. Rund 1.800 deutsche Firmen sind in Indien ansässig.

Warenaustausch mit Deutschland entwickelt sich positiv

Die wirtschaftlichen Kennziffern zeigen, dass die deutsch-indischen Beziehungen auf einem guten Weg sind. So konnte die bilaterale Handelsbilanz zwischen Deutschland und Indien 2023 um 5% auf den Rekordwert von 33 Mrd Euro gesteigert werden. Zum Vergleich: Der Warenwert der bilateralen Handelsbeziehungen Deutschlands mit China lag im selben Jahr bei 254 Mrd Euro.

Allerdings sanken sowohl das Importvolumen als auch das Exportvolumen im Handel mit China deutlich. Setzt sich diese Entwicklung fort, sehen wir für Indien langfristig großes Aufholpotenzial. Der Blick auf die globalen Handelsbeziehungen zeigt, dass sich Indien in der Region erfolgreich als Alternative zur Volksrepublik positioniert.

Nahezu alle Industriebranchen produzieren im Land. Die Regierung bemüht sich darum, den Anteil der industriellen Wertschöpfung am BIP zu erhöhen. Deshalb sollen Produktionsanlagen vor Ort entstehen. Die Maschinen dazu kommen in vielen Fällen aus europäischen Ländern. Ein Beispiel ist die Verpackungsindustrie. Als die indische Regierung 2019 ein Verbot für Einwegplastik ab 2022 beschloss, musste diese Branche mit Hochdruck die Produktionsabläufe umstellen. In der Folge investierte ein indischer Hersteller von Folien für die Verpackung von Lebensmitteln 30 Mio Euro auf dem Subkontinent – davon entfielen 20 Mio Euro allein auf Maschinen aus Deutschland.

Zweistellige Kreditzinsen keine Seltenheit

Naturgemäß sind Geschäfte über Ländergrenzen hinweg kein Selbstläufer, das ist auch im Fall Indiens so. Für Unternehmen, die den Markt erschließen wollen, lohnt es sich, die vorhandenen Strukturen und Netzwerke zu nutzen. So raten die Experten von GTAI dazu, auf langfristige Geschäftsbeziehungen zu setzen und sich auf harte Preisverhandlungen sowie Nachverhandlungen einzustellen.

Auch die Finanzierung der Geschäfte kann herausfordernd sein. Seit die Zinsen wieder gestiegen sind, ist Liquidität für Unternehmen ein hohes Gut geworden. Auf dem Subkontinent können die Finanzierungskosten sogar in den zweistelligen Bereich gehen: Sowohl Leitzins als auch Kreditmargen liegen dort höher als im Euro-Raum.

Diese Erfahrung machte ein Kunde der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Der deutsche Exporteur verkaufte seinem indischen Geschäftspartner Maschinen zur Produktion von Verpackungen im Pharma-Bereich. Das Auftragsvolumen von 5 Mio Euro war für beide Geschäftspartner keine kleine Summe. Daher wünschte sich der Importeur ein Zahlungsziel, um zunächst in die Produktion einsteigen zu können. Für den Exporteur bedeutet das: Die Produktion und Lieferung wären längst abgeschlossen, doch die Liquidität ließe auf sich warten.

Finanzierung verschafft Wettbewerbsvorteil

Hier kommen zwei Trade-Finance-Instrumente ins Spiel: erstens das sogenannte UPAS L/C (Usance Payable at Sight Letter of Credit). Das ist ein bestätigtes Nachsicht-Akkreditiv, das trotz des enthaltenen Zahlungsziels die Bezahlung des Exporteurs bereits nach erfolgter Lieferung/Leistung vorsieht. Dabei eröffnet die Bank des Importeurs ein Akkreditiv zugunsten des Exporteurs. Der Exporteur erhält sein Geld von der bestätigenden Bank in Deutschland, sobald er nachweisen kann, dass die Lieferung vertragsgemäß erfolgt ist. Der Importeur bezahlt zu einem festgelegten, späteren Zeitpunkt.

Das zweite Instrument ist das Post-Financing, auch Akkreditiv-Nachfinanzierung genannt. Basis ist hierbei ein Sicht-Akkreditiv, für das eine Finanzierungsvereinbarung zwischen In- und Auslandsbank geschlossen wird. Exporteure, die ihren Kunden ein Zahlungsziel gewähren und auch Zugang zu einer Finanzierung anbieten können, verschaffen sich in Verhandlungen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil.

INDONESIEN / INVESTITIONEN: PLAN FÜR SONDERWIRTSCHAFTSZONE AUßERHALB VON JAKARTA

Die indonesische Regierung hat das südöstlich von Jakarta gelegene Bumi Serpong Damai (BSD) zu einer Sonderwirtschaftszone erklärt. Schwerpunkte sollen die Bereiche Gesundheit, Bildung und Technologie sein. Im März 2024 war BSD bereits in die Liste der Nationalen Strategischen Projekte aufgenommen worden. Ziel ist es, Investoren für das bisher unter den Erwartungen gebliebene Gebiet zu gewinnen.

BSD war in den 1980er-Jahren als eine Entwicklungszone geplant worden. Entstanden sind großflächige Wohngebiete, Shoppingzentren und ein modernes internationales Messezentrum. Doch nur wenige Unternehmen siedelten sich an und auch der Plan eines deutschen Unternehmensclusters scheiterte. Das 1999 gegründete German Center musste mangels Interessenten seinen Büroraum allgemein zur Verfügung stellen. Auch eine deutsche Schule wurde eröffnet.

Sie ist noch immer in BSD ansässig, aber zu weit entfernt für viele Familien, die im Zentrum Jakartas leben.
In Indonesien gibt es etwa 20 Sonderwirtschaftszonen, mit eigenen industriellen Schwerpunkten. Sie bieten Investitionserleichterungen wie Steueranreize oder Zollvorteile. Diese werden aber zumeist erst ab einem Investitionsvolumen von 100 Mrd Rupiah (circa 6 Mio US-Dollar) gültig. Für BSD hat die Regierung noch keine gesetzlichen und administrativen Rahmenbedingungen erlassen.

JAPAN / KONJUNKTUR: NOCH HÄLT DER ALTE GLANZ: STARKE INDUSTRIENATION TROTZ EINIGER RÜCKSCHLÄGE

Japan hat den Rang als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt 2010 an China abgegeben. Im Jahr 2023 fiel es wegen einer starken Abwertung des Yen hinter Deutschland zurück und belegt nun Rang 4 weltweit. In den kommenden Jahren dürften auch von Indien vorbeiziehen. Beim BIP pro Kopf lag der Inselstaat 2023 knapp vor Spanien, aber deutlich hinter Italien. In der Region ist es mittlerweile vergleichbar mit Taiwan und Südkorea.

Japan ist eine der technologisch führenden Nationen weltweit. Bei den Ausgaben für F&E liegt es weltweit auf Rang 3. Besonders aktiv sind Firmen der Kfz-Branche, der Elektronik, der Informations- und Kommunikationstechnik, der Pharmaindustrie, des Maschinenbaus, der Chemieindustrie und der Elektrotechnik.

Mehr als 90% der deutschen Firmen in Japan bezeichnen die Stabilität und Zuverlässigkeit der Geschäftsbeziehungen als Alleinstellungsmerkmal des Archipels. Das ergibt regelmäßig die jährliche Geschäftsklimaumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan in Kooperation mit KPMG. Obwohl die Firmen zurzeit mit einem schwachen Yen zu kämpfen haben, waren zum Zeitpunkt der letzten Umfrage Anfang Februar 2024 insgesamt 92% der teilnehmenden Firmen profitabel.

Japan hat mit dem Aufstieg Chinas im Export Weltmarktanteile verloren. Dennoch bleibt das Land einer der wichtigsten Exporteure weltweit. Dazu kommt in vielen Branchen eine signifikante Auslandsproduktion japanischer Firmen. Im Durchschnitt lag diese im Verarbeitenden Gewerbe nach Angaben des Ministry of Economy, Trade and Industry im Jahr 2021 bei einem guten Drittel der Inlandsproduktion.

Bei Halbleitern hat Japan seine Rolle als führender Exporteur verloren. Es bleibt aber nach wie vor enorm wichtig bei Vorprodukten für deren Produktion. Ähnlich wie die EU versucht das Land, durch die Gewährung von Subventionen die Produktion im eigenen Land zu stärken. Daher dürften sich die Investitionen in die Halbleiterfertigung in den kommenden Jahren verdoppeln. 

Der Großraum Tokyo-Yokohama (Kanto) gilt als weltgrößte urbane Agglomeration. Gleichzeitig ist die dicht besiedelte Region das wichtigste Wirtschaftszentrum Japans. Ein weiterer wichtiger Ballungsraum ist Kansai um die Millionenstädte Osaka, Kobe und Kyoto. Hier befinden sich die Zentralen, etwa von Panasonic und von Takeda Pharmaceutical. Die dritte große Wirtschaftsregion Chubu liegt ebenfalls an der Ostküste zwischen Kanto und Kansai. Das größte dort ansässige Unternehmen ist Toyota.

Japan verfügte Ende 2022 über den siebtgrößten Bestand an Direktinvestitionen im Ausland, so Daten der United Nations Conference on Trade and Development. Das Land stand demnach knapp vor Deutschland für fast 5% des weltweiten Bestands an Direktinvestitionen.

Der Archipel ist unter anderem der größte ausländische Investor in den USA. In Deutschland lag Japan Ende 2022 beim Bestand nach dem Sitz der Konzernspitzen auf Rang 5 der ausländischen Investoren, so Daten der Deutschen Bundesbank. 

Im Auslandbau ist Japan einer der größeren Anbieter weltweit. Insofern bestehen Kooperationsmöglichkeiten mit japanischen Firmen auch auf Drittmärkten.

SÜDKOREA / ELEKTRONIK: IKT-EXPORTE STEIGEN IM MAI WEITER

Südkoreas Exporte von Informations- und Kommunikationstechnologieprodukten (IKT) stiegen im Mai aufgrund der robusten weltweiten Nachfrage den zweiten Monat in Folge um mehr als 30%, wie „Yonhap“ berichtet.

Die Ausfuhren von IKT-Produkten beliefen sich im vergangenen Monat auf 19,05 Mrd Dollar, ein Plus von 31,8% gegenüber 14,45 Mrd Dollar im Vorjahr, und verzeichneten damit den siebten Monat in Folge einen Anstieg, wie aus den vom zuständigen Ministerium zusammengestellten Daten hervorgeht. Die IKT-Importe des Landes stiegen demnach im Jahresvergleich um 2,4% auf 11,48 Mrd Dollar, was zu einem Handelsüberschuss von 7,57 Mrd Dollar in diesem Sektor führte.

Die Chip-Exporte stiegen im letzten Monat im Vergleich zum Vorjahr um 52,4% auf 11,39 Mrd Dollar, da die weltweite Nachfrage aufgrund des Wachstums des Marktes für Künstliche Intelligenz und der Erholung bei IT-Geräte gestiegen ist. Es war der siebte Monat in Folge, in dem die Ausfuhren von Halbleitern einen zweistelligen Anstieg verzeichneten.

Im Einzelnen stiegen die Exporte von Speicherchips im Jahresvergleich um 101% auf 6,86 Mrd Dollar, da der Durchschnittspreis für 8-Gigabit-DRAM dank der regen Nachfrage nach hochwertigen Produkten wie Speicherchips mit hoher Bandbreite weiter anstieg und im Mai 2,1 Dollar erreichte.

Die Überseeverkäufe von Bildschirmen kletterten um 15,3% auf 1,85 Mrd Dollar und verzeichneten damit den vierten Monat in Folge einen zweistelligen Zuwachs, was auf eine höhere Nachfrage nach Fernsehgeräten und PCs zurückzuführen ist.

Die Exporte von Mobiltelefonen stiegen im Jahresvergleich um 10,8% auf 1,02 Mrd Dollar, und die Ausfuhren von Computern und Peripheriegeräten stiegen um 42,5% auf 1,18 Mrd Dollar, aber die Exporte von Kommunikationsgeräten fielen um 10,7% auf 180 Mio Dollar.

Allein Ausfuhr nach Japan geht zurück

Aufgeschlüsselt nach Ländern stiegen die Lieferungen nach China und Hongkong im vergangenen Monat im Vergleich zum Vorjahr um 35,3% auf 8,13 Mrd Dollar und verzeichneten damit den siebten Monat in Folge einen Zuwachs, vor allem dank eines Anstiegs der Chip- und Display-Exporte.

Die Ausfuhren nach Vietnam stiegen um 30,6% auf 3,07 Mrd Dollar und wuchsen damit den zehnten Monat in Folge aufgrund der höheren Nachfrage nach Halbleitern und Displays. Die Exporte in die Vereinigten Staaten stiegen um 20,7% auf 2,14 Mrd Dollar, wobei die Nachfrage nach Halbleitern für Server und Rechenzentren sowie nach Computern zunahm, und die Ausfuhren in die Europäische Union stiegen um 21,3% auf 1,09 Mrd Dollar für Chips und Computer.

Die Exporte von Halbleitern nach Japan gingen jedoch um 19,5% auf 300 Mio Dollar zurück, was eine Trendwende gegenüber dem Anstieg von 9,1% im April bedeutet.

SÜDKOREA / KONJUNKTUR: WACHSTUMSPROGNOSE FÜR 2024 AUF 2,6% ANGEHOBEN

Die südkoreanische Regierung hob ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum 2024 auf 2,6% an und berief sich dabei auf solide Exporte und eine weltweite wirtschaftliche Erholung, wie „Yonhap“ berichtet. Das ist eine Erhöhung um 0,4 Prozentpunkte gegenüber der im Januar vorgelegten Prognose.

Die Bank of Korea rechnete mit einem Wachstum von 2,5%, und der Internationale Währungsfonds prognostizierte 2,3%.

Die Ausfuhren des Landes legten im Juni den neunten Monat in Folge zu, getragen von einem Allzeithoch der Chip-Exporte von 13,4 Mrd US-Dollar, was einem Anstieg von 50,9% entspricht.
Die Regierung geht davon aus, dass die Exporte 2024 um 9% steigen werden, nach einem Rückgang von 7,5% im Jahr 2023.

VIETNAM / BERGBAU: SCHUB FÜR DEN ROHSTOFFABBAU

Vietnam will die Förderung von wichtigen Mineralien in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Die staatliche Planung für 2021 bis 2030 und 2050, die aufgrund der Coronakrise verspätet im Juli 2023 verabschiedet worden war, sieht vor allem bei Bauxit, seltenen Erden, Nickel und Kupfer eine kräftige Steigerung der Förderung vor.

Die Voraussetzungen für eine Ausweitung des Bergbaus sind gut. Vietnam verfügt über bedeutende Vorkommen verschiedener Mineralien, auch wenn diese noch nicht umfassend mit modernen Methoden erkundet worden sind. Bei seltenen Erden, Bauxit, Wolfram, Bismut und Flussspat gelten die Lagerstätten auch im weltweiten Maßstab als bedeutend. Noch ist der vietnamesische Bergbau mit Ausnahme der Baustoffe im internationalen Vergleich sehr überschaubar. Dies gilt für die Fördermengen und für die kleine Anzahl wichtiger Akteure, die den formellen Bergbau beherrschen.

Investitionen werden in den kommenden Jahren vor allem in den Abbau von Kohle, Bauxit und seltenen Erden fließen. Für Kohle, die 2023 für 46% der Stromerzeugung verantwortlich war, gibt es einen eigenen Zehnjahresplan. Die Förderung soll bis 2030 rund 45 bis 50 Mio t pro Jahr erreichen und damit etwa auf dem derzeitigen Niveau (Plan 2024: 48,2 Mio t) verharren. Bis 2045 soll sie leicht auf 38 bis 40 Mio t pro Jahr zurückgehen. Die Kohleverstromung soll um das Jahr 2035 ihren Höchstpunkt erreichen. Danach plant die Regierung bis 2050 die Umstellung der Kohlekraftwerke auf Erdgas und dann auf aus Wasserstoff gewonnenem Ammoniak. Kohle soll aber weiter für den Export und die Industrie gefördert werden.

Die Hoffnungen des größten Bergbauunternehmens Vietnams, Vinacomin, ruhen auf neuen Fundstätten in der Provinz Thai Binh. Hier sollen unter dem Delta des Roten Flusses nach ersten Schätzungen mindestens 210 Mrd t Kohle schlummern. Die Erschließung gilt als sehr schwierig mit instabilen Böden in einer dichtbesiedelten Region. Vinacomin führt derzeit erste Erschließungsversuche durch. Vietnam gewinnt hochwertige Steinkohle vornehmlich im Nordosten des Landes, die dann mit importierter Kohle versetzt werden muss, damit sie von heimischen Kraftwerken verfeuert werden kann. Hier geht die Förderung immer weiter in die Tiefe, die Kosten steigen und die wirtschaftlichen Vorkommen gehen langsam zur Neige.

Wenige große Unternehmen dominieren

Vinacomin will noch 2024 mit dem Bau eines neuen Aluminiumwerkes für 7,2 Mrd US-Dollar beginnen. Dafür plant das Unternehmen neue Bauxitminen zu erschließen und auch bei seltenen Erden will es mitmischen. Vietnam verfügt nach Schätzungen der US-Behörde U.S. Geological Survey nach China weltweit über die zweitgrößten Reserven an seltenen Erden. Lavreco, ein Tochterunternehmen von Vinacomin, besitzt die Rechte für die aussichtsreichsten Fundstätten. Blackstone aus Australien will eine Nickelmine ausbauen und modernisieren, um Vorstoffe für Batterien herzustellen.

Das größte Bergbauunternehmen des Landes, Vinacomin, fördert neben Kohle auch Bauxit, Kupfer und Titan. Der Kohlebergbau ist in der Hand der Staatsunternehmen Vinacomin und Dong Bac, das dem Verteidigungsministerium untersteht. Wichtige private Bergbauunternehmen sind Masan High-Tech Materials (MHT) und Blackstone (Australien). MHT gehört zu Masan, einem der größten Lebensmittel- und Einzelhandelskonglomerate in Vietnam. Die Firma fördert Bismut, Flussspat, Kupfer und vor allem Wolfram, wo sie über die größten Vorkommen außerhalb Chinas verfügt.

Regierung will Investitionsklima verbessern

Die Geschäftsbedingungen im vietnamesischen Bergbau gelten als schwierig. Nach den Worten eines Unternehmensvertreters auf der Bergbaumesse Mining Vietnam ist der Sektor in Vietnam „bekannt als etwas wild“. Illegaler Bergbau sei stark verbreitet und Umwelt- und Arbeitsschutzvorschriften würden nicht eingehalten. Altlasten gelten als wachsendes Problem.
Staatsunternehmen sitzen etwa bei seltenen Erden auf den besten Vorkommen. Ausländische Bergbauunternehmen beklagen hohe Abgaben und langsame Genehmigungen. Sie müssen die geförderten Rohstoffe zudem im Lande aufbereiten. Das lohnt sich nicht unbedingt. Japanische Investoren hatten dem Vernehmen nach 2023 ein Seltene-Erden-Projekt aufgegeben, weil die Aufbereitung im Land nicht wirtschaftlich war.

In den Bergbausektor ist im Jahr 2023 Bewegung gekommen. Die Regierung hat verkündet, dass sie eine Reihe von Fehlentwicklungen angehen und die Geschäftsbedingungen verbessern will. Das Bergbaugesetz aus dem Jahr 2010 wird überarbeitet und könnte noch 2024 verabschiedet werden. Es soll die Genehmigungspraxis vereinfachen und die Berechnungsgrundlage für Abgaben sowie die Regeln für den Umgang mit Altlasten bei Lizenzende besser definieren.

Das könnte die Investitionsbedingungen nach Ansicht von Unternehmern verbessern, auch wenn die Abgabenlast nicht sinkt, die Verpflichtung zur lokalen Aufbereitung bestehen bleibt und weiter Staatsunternehmen wie Vinacomin den Sektor beherrschen. Mitte 2023 berichtete die staatlich kontrollierte Presse über Aktionen, darunter zahlreiche Festnahmen, gegen den illegalen Abbau und Weiterverkauf seltener Erden nach China.

Maschinen aus China verpönt

Günstig für deutsche Maschinenanbieter in Vietnam ist nach Aussagen von Unternehmern, dass Staatsfirmen im Kohlesektor keine chinesischen Maschinen kaufen wollen. Eine Reihe deutscher Maschinenbauer werden lokal von den vietnamesischen Firmen Au Viet und Vinza vertreten. Becker Warkop, eine polnische Tochterfirma von Mining Systems aus Deutschland, liefert Lokomotiven für den Untertagebau. Die Schienen oder Hängevorrichtungen sowie die Wagons baut der lokale Partner Au Viet. „Die lokale Wertschöpfung ist ein gutes Verkaufsargument“, so Artur Bryndza, Deputy Director International Marketing & Sales von Becker Warkop.

Europa

EUROPA / FÖRDERUNG: WACHSTUM MIT GRÜNER TRANSFORMATION

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) fokussiert sich weiterhin auf den privaten Sektor und die grüne Transformation der Wirtschaft in ihren Zielregionen – Zentral- und Osteuropa, Zentralasien und im Mittelmeerraum.

Dabei will die multilaterale Entwicklungsbank größer werden und ihre Rolle als internationaler Finanzierer auf drei Kontinenten stärken. Diese Kursrichtung bestätigten die versammelten Anteilseigner auf der EBWE-Jahrestagung Mitte Mai 2024 im armenischen Jerewan.

Unterstützung der Ukraine von über 3 Mrd Euro

Jedes Jahr bietet die Jahrestagung der Bank die Gelegenheit, Bilanz der letzten zwölf Monate zu ziehen: Im Jahr 2023 sagte die EBWE neue Investitionen in Höhe von 13,1 Mrd Euro zu. Damit blieb sie auf dem Rekordniveau des Vorjahres. Sie konnte ihre umfangreiche Unterstützung für die Ukraine aufrechterhalten, ohne dabei ihre Aktivitäten in anderen Regionen zu reduzieren. Die EBWE hatte sich zum Ziel gesetzt, im Zeitraum von 2022 bis 2023 die Ukraine mit 3 Mrd Euro zu unterstützen. Dieses Ziel hat die Bank sogar übertroffen: In den letzten zwei Jahren investierte sie 3,8 Mrd Euro in ukrainische Projekte, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor.

Die Schwerpunkte liegen auf Energie- und Ernährungssicherheit, kritischer Infrastruktur und der Resilienz des Privatsektors. Arvid Türkner, geschäftsführender Direktor der EBWE für die Ukraine, fasste den Ansatz auf einem Panel in Jerewan zusammen: „Wir sind überzeugt, dass die Unterstützung der Realwirtschaft jetzt der beste erste Schritt zum Wiederaufbau ist, denn je gesünder die Wirtschaft jetzt ist, desto geringer werden die Kosten für den Wiederaufbau später sein.“

Neben ihrem Engagement in der Ukraine erreichte die EBWE 2023 ein weiteres Ziel. Zum dritten Mal in Folge flossen 50% ihres Jahresinvestitionsvolumens in die grüne Transformation der Wirtschaft. Dabei investierte die Bank 3,4 Mrd Euro in Energieeffizienzprojekte und 1,6 Mrd Euro in erneuerbare Energien. Die Bank setzt sich außerdem für den Schutz der Biodiversität ein und arbeitet mit Städten im Green Cities Programm zusammen, um eine grüne städtische Infrastruktur zu finanzieren.

Neue 5-Jahres-Strategie in Vorbereitung

Die Bank schaut auch nach vorne: Aktuell bereitet sie ihren nächsten Strategie- und Kapitalrahmen für den Zeitraum 2025 bis 2030 vor. Dieses Grundsatzdokument wird alle fünf Jahre erneuert und von den Anteilseignern angenommen. Es gibt Orientierung für die Geschäftstätigkeit der Bank. Die neue EBWE-Strategie wird auf der nächsten Jahrestagung im Mai 2025 in London verabschiedet werden. Dabei zeichnet sich eine Kontinuität in den Themen und Prioritäten ab. Die Bank will die grüne Transformation der Wirtschaft in ihren Zielländern beschleunigen, Inklusion und Chancengleichheit weiterhin fördern und einen Fokus auf die wirtschaftliche Governance legen. Große Bedeutung haben auch die digitale Transformation und die Mobilisierung des privaten Sektors.

Die weitere Expansion der Bank ist ebenfalls absehbar. Einerseits will sie ihr Unterstützungsniveau in der Ukraine dauerhaft aufrechterhalten. Solang der Krieg andauert, sollen weiterhin jährlich 1,5 Mrd Euro investiert werden. Während der Wiederaufbauphase möchte die EBWE diesen Betrag auf bis zu 3 Mrd Euro pro Jahr erhöhen. Andererseits möchte die Bank ihr Engagement in den anderen Zielregionen nicht reduzieren.

Um ihre Investitionstätigkeiten dort nachhaltig auf dem aktuellen Niveau halten zu können, bracht die EBWE also mehr Kapital. Aus diesem Grund hatten die Anteilseigner schon 2023 eine Aufstockung der Kapitalbasis der Bank um 4 Mrd auf 34 Mrd Euro bewilligt. Dieser Schritt, der am 31. Dezember 2024 in Kraft treten soll, wird zu einem Wachstum führen. Zusätzlich hat die EBWE ihr geographisches Mandat erweitert und plant, in neuen Zielländern aktiv zu werden. Dies betrifft den Irak und sechs Länder in Subsahara-Afrika – Benin, Elfenbeinküste, Ghana, Kenia, Nigeria und Senegal. Die Entscheidung hierzu war ebenfalls im letzten Jahr getroffen worden und wird nun schrittweise umgesetzt. Die ersten Investitionen in den neuen Ländern werden im Jahr 2025 erwartet.

Privatsektor stellte 80% der Investitionen

Die Expansionspläne bedeuten auch, dass die EBWE verstärkt private Mittel mobilisieren möchte und enger mit anderen multilateralen Entwicklungsbanken zusammenarbeiten wird, zum Beispiel im Rahmen von Kofinanzierungen. EBWE-Präsidentin Odile Renaud-Basso wird die Agenda der Bank weiterhin voranbringen: Die Französin wurde in Jerewan für eine zweite Amtszeit wiedergewählt.

Auch wenn private Kunden den Großteil des Bankgeschäfts ausmachen – im Jahr 2023 betrug der Privatsektoranteil der Investitionen 80% -, legt die EBWE weiterhin viel Wert auf Vorhaben des öffentlichen Sektors. Für die Umsetzung von EBWE-finanzierten Projekten schreiben die öffentlichen Kunden der Bank Bau-, Liefer- und Beratungsleistungen aus. Sie vergeben jährlich rund 300 Aufträge mit einem Gesamtvolumen von etwa 3 Mrd Euro. Für Unternehmen lohnt es sich also, die EBWE-finanzierten Ausschreibungen im Blick zu behalten

Osteuropa und Zentralasien

BULGARIEN / WÄHRUNGSUNION: SOFIA VERPASST KRITERIEN FÜR EURO-EINFÜHRUNG

Bulgarien verpasst knapp die Kriterien für eine Einführung des Euro. Das geht aus dem Konvergenzbericht der EU-Kommission hervor. Um den Euro als Währung einführen zu dürfen, muss ein Mitglied eine Reihe an Kriterien erfüllen. Bulgarien tut dies in fast allen Fällen, außer bei der Preisstabilität. Der für Anfang 2025 erhoffte Euro-Beitritt dürfte sich verzögern. Die EU-Kommission werde weiter mit dem Land zusammenarbeiten und begrüße die Ambition Bulgariens, Mitglied des Euroraums zu werden, sagte eine Kommissions-Sprecherin. Ein Datum für einen möglichen Euro-Beitritt wollte sie nicht nennen. Im Prinzip werden die Konvergenzberichte alle zwei Jahre veröffentlicht, Bulgarien könne aber auch vorher einen erneuten Bericht einfordern, wenn das Land glaubt, alle Kriterien zu erfüllen.

Ein Erfüllen der Kriterien allein reicht noch nicht für einen Euro-Beitritt. Nach einem entsprechenden Vorschlag der Kommission muss der Rat der EU-Mitgliedstaaten entscheiden, ob ein Land Mitglied der Eurozone wird.

Bulgarien habe seine Gesetze angepasst, verfüge über stabile öffentliche Finanzen und erfülle auch die Kriterien einer stabilen Wechselrate der Landeswährung Lew gegenüber dem Euro sowie einer Annäherung langfristiger Zinssätze, heißt es in dem Bericht. Die Inflationsrate des Landes dürfte aber im vergangenen Jahr im Schnitt zu hoch gewesen sein.

Parallel hat auch die EZB einen Konvergenzbericht veröffentlicht und kommt dabei zu einer ähnlichen Einschätzung wie die EU-Kommission. Stand Mai lag die durchschnittliche Inflationsrate Bulgariens der letzten zwölf Monate demnach bei 5,1% um somit deutlich über den 3,3% die erforderlich gewesen wären. Das Preisstabilitätskriterium besagt, dass die Inflation im Schnitt eines Jahres nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über der Teuerungsrate der drei Euroländer mit der niedrigsten Inflation liegen darf.

Auch EZB vorsichtig

Mittelfristig rechnet die EZB damit, dass die Inflationsrate in Bulgarien zurückgeht. Langfristig könnte die Teuerung in dem osteuropäischen Land aber weiter deutlich über dem erforderlichen Schnitt liegen, befürchten die Notenbanker. Im Zuge einer allgemeinen wirtschaftlichen Annäherung des Landes an das EU-Niveau dürften sich auch die dortigen Preise anpassen. Aktuell würden diese noch deutlich unter dem Schnitt der Euro-Staaten liegen.

OSTEUROPA / KONJUNKTUR: WIIW: VISEGRÁD IM AUFSCHWUNG

Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) hat seine Wachstumsprognose für die mit westlichen Sanktionen belegte russische Wirtschaft neuerlich nach oben revidiert. Russlands Wirtschaft wächst dieses Jahr kräftiger als jene der mittelosteuropäischen EU-Länder und viel stärker als die beinahe stagnierende Eurozone. Die Aussichten für die Ukraine haben sich hingegen eingetrübt.

Für 2024 prognostiziert das wiiw den EU-Mitgliedern unter den 23 untersuchten Ländern in Mittel-, Ost- und Südosteuropa ein Wachstum von durchschnittlich 2,6%, das 2025 auf 3% anziehen sollte. Damit dürften sie die dieses Jahr beinahe stagnierende Eurozone (0,6%) wieder deutlich überflügeln und auch im nächsten Jahr fast doppelt so stark wachsen wie diese (1,6%).

„Haupttreiber des Wachstums sind die stark steigenden Reallöhne, die den privaten Konsum beleben, auch wenn ein nicht unerheblicher Teil der zusätzlich verfügbaren Einkommen gespart wird“, sagt wiiw-Ökonom Vasily Astrov, Hauptautor der Sommerprognose. Die Industrie der EU-Mitglieder in der Region stecke allerdings in einer Rezession, die das wiiw vor allem mit der tiefen Krise der deutschen Industrie erklärt, mit der diese Länder stark verflochten sind.

Die Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn sowie Slowenien werden nach Einschätzung des wiiw dieses Jahr mit im Durchschnitt 2,6% expandieren und ihr Wachstum 2025 auf 3,1% steigern. Spitzenreiter beim Wachstum unter den östlichen EU-Mitgliedern ist Polen, und zwar sowohl dieses Jahr (3,3%) als auch im nächsten Jahr (3,6). Die südosteuropäischen EU-Mitglieder Rumänien (3,0) und Kroatien (3,0) werden 2024 ebenfalls stark wachsen. Sie profitieren vom Geld aus dem Corona-Wiederaufbaufonds NextGeneration EU. Die sechs Staaten am Westbalkan werden dieses Jahr voraussichtlich im Schnitt um 3,2% expandieren, die Türkei um 3,4%. Von diesem Wachstum sollte auch Österreichs Wirtschaft profitieren.

Ihre Prognose für Russland haben die Wiener Wirtschaftsforscher für dieses Jahr neuerdings um 0,4 Prozentpunkte nach oben revidiert. Damit dürfte das immer mehr auf Kriegswirtschaft ausgerichtete Land dieses Jahr mit 3,2% ähnlich stark wachsen wie 2023 (3,6%). Allerdings würden der akute Arbeitskräftemangel und hohe Zinsen das Wachstum der russischen Wirtschaft in den kommenden Jahren auf rund 2,5% begrenzen, so das wiiw.

Rund ein Drittel des föderalen Budgets Russlands – 6% des BIP – fließe in die Kriegswirtschaft. Das komme auch vielen anderen Sektoren zugute. Hohe Löhne für die Frontsoldaten und Zahlungen an Kriegsversehrte und Hinterbliebene würden zu einer Umverteilung von oben nach unten führen, „was leider auch die Sympathien für den Krieg in der Bevölkerung fördert“, meint Astrov, der auch Russland-Experte des wiiw ist.

Prognose für Ukraine gesenkt

Die Erwartungen für die von Russland angegriffene Ukraine sehen wenig erfreulich aus. Das Budgetdefizit des Landes macht dieses Jahr 18% des BIP aus und muss zum Großteil durch ausländische Finanzhilfen gedeckt werden. Die Wirtschaft der Ukraine, die 2022 um fast ein Drittel eingebrochen ist, erholt sich noch langsamer als bisher erwartet – gegenüber seiner Frühjahrsprognose hat das wiiw die Wachstumserwartungen um 0,5 Prozentpunkte auf 2,7% für 2024 gesenkt. Die Zerstörung der ukrainischen Energieinfrastruktur durch russische Luftangriffe werde in diesem und im nächsten Jahr schwer auf der Wirtschaft lasten. „Umso wichtiger sind daher ausreichende Lieferungen von westlichen Flugabwehrraketen“, sagt Olga Pindyk, Ukraine-Expertin des wiiw.

SERBIEN / AUSSENHANDEL: FREIHANDELSABKOMMEN MIT CHINA IN KRAFT GETRETEN

Ein im Oktober in Beijing unterzeichnetes Freihandelsabkommen zwischen China und Serbien ist am Montag in Kraft getreten. Erfasst sind 20.000 Produkte, wobei für 60% davon ab sofort der Zoll entfällt. Für weitere 30% sollen die Abgaben laut Medienberichten in den nächsten fünf oder zehn Jahren abgeschafft werden. Die restlichen 10% der Produkte, vor allem landwirtschaftliche, sollen allerdings auch künftig durch Zölle geschützt bleiben.

Größter Investor des Landes profitiert vom Kupferbergbau

Das bilaterale Handelsvolumen belief sich im Vorjahr laut Amtsangaben auf 6,1 Mrd US-Dollar, wobei nur 1,2 Mrd auf serbische Exporte nach China entfielen. Es ging dabei vorwiegend um Kupfererz, das von chinesischen Firmen in Bor abgebaut wird.

Die Wirtschaftskammer Serbiens hält das Inkrafttreten des Freihandelsabkommens für die wichtigste Nachricht für die Wirtschaft, die auch zum Abbau des Handelsdefizits mit Beijing beitragen soll.

Die Volksrepublik gehört zu den größten Investoren in Serbien. Zwischen 2014 und 2023 beliefen sich chinesische Investitionen auf 5,5 Mrd Dollar, das waren 17,5% aller Investitionen im Land, berichtete das Internetportal „TV N1“. Die rund 1.560 lokal registrierten chinesischen Unternehmen beschäftigen 20.600 Mitarbeiter.

TADSCHIKISTAN / ENERGIEDISTRIBUTION: CHINA INVESTIERT IN LOKALES STROMNETZ

China hat im tadschikischen Energiesektor seit der Unabhängigkeit des Landes 35 Investitionsprojekte finanziell unterstützt und dabei mehr als 57,2 Mrd Somonis (über 5,3 Mrd US-Dollar) investiert, berichtet „ASIAplus“ unter Berufung auf Regierungsangaben.

Zu den von der Volksrepublik finanzierten Energieprojekten gehören das Heizkraftwerk Duschanbe-2, die 500-kV-Umspannstationen Duschanbe-500, Sughd-500, die 500-kV-Stromleitungen Süd-Nord (264 km), Roghun-Dushanbe (198 km), die 220-kV-Umspannstationen Lolazor, Khatlon, Ayni, Shahriston, Shahrinav und die 220-kV-Stromleitungen Lolazor-Khatlon, Khujand-Ayni. Die chinesische Export-Import-Bank hat für die Durchführung dieser Projekte Darlehen zu Vorzugsbedingungen in Höhe von 880 Mio Dollar bereitgestellt. Darüber hinaus belaufen sich die Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen in Tadschikistans Energiesektor Berichten zufolge auf 197 Mio Dollar.

Unter den chinesischen Firmen, die in der tadschikischen Energiepolitik als Auftragnehmer und Lieferanten engagiert sind, befinden sich laut Berichten unter anderem auch die staatlichen und staatsnahen Unternehmen Power Construction Corporation of China Limited (Power China), Huawei und das Energieunternehmen Sinohydro International Engineering.

Im Öl- und Gassektor Tadschikistans wurde eine Zusammenarbeit mit der China National Petroleum Corporation (CNPC) aufgenommen. Dieses Unternehmen hat im Südwesten Tadschikistans geologische Untersuchungen durchgeführt und 407 Proben entnommen. Auf der Grundlage der Ergebnisse der geologischen Erkundung werden derzeit geophysikalische Arbeiten auf einer Fläche von 14.800 qkm durchgeführt, und Ende Juli soll mit seismischen Untersuchungen begonnen werden.

Ausbau der Erneuerbaren

Im letzten Jahr wurden mit dem Photovoltaikhersteller TBEA und Powerchain Memoranden über die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen unterzeichnet. Im Rahmen dieser Vereinbarungen werden die Untersuchung und der Bau von Wind- und Solarkraftwerken in Betracht gezogen, und die Unternehmen beabsichtigen, eine Reihe von PV- und Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 1.500 MW in Tadschikistan zu finanzieren und zu bauen. China arbeitet bereits am Bau von Solarkraftwerken in den Freien Wirtschaftszonen Panj und Danghara mit einer Gesamtkapazität von 1.000 MW und investiert 400 Mio Dollar.

Naher Osten und mittlerer Osten

BAHRAIN / KONJUNKTUR: KÖNIGREICH SETZT AUF DIVERSIFIZIERUNG

Unter den sechs Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) ist Bahrain mit seinen 1,6 Mio Einwohnern – davon 900.000 Ausländer –
und einem Bruttoinlandsprodukt von nur 43 Mrd US-Dollar das wirtschaftlich kleinste Land, deutlich hinter dem vorletzten Oman mit 109 Mrd Dollar. Einsamer Spitzenreiter ist Saudi-Arabien mit 1,068 Bill.

Bahrain ist in der Ländergruppe auch der kleinste Öl- und Gasproduzent. Deshalb weist die Wirtschaft des Königreichs im GCC-Vergleich den höchsten Diversifizierungsgrad auf. Dennoch ist der Öl- und Gassektor mit einem BIP-Anteil von über 20% weiterhin der wichtigste Wirtschaftszweig. Die Haushaltsplanung für 2024 kalkuliert, dass Öl und Gas etwa 62% zu den Staatseinnahmen beisteuern. Die Hälfte der Exporterlöse entfiel 2023 auf Öl und Gas.

Bis 2060 will Bahrain klimaneutral sein. Bislang spielen erneuerbare Energien allerdings noch keine große Rolle. Nach Angaben der Electricity & Water Authority lag 2023 die Gesamtkapazität der mit dem nationalen Stromnetz verbundenen Solar- und Windkraftanlagen bei lediglich 38 MW.

Ein Beispiel für deutsches Engagement in Bahrain ist BASF Plastic Additives Middle East. Das Werk arbeitet seit 2012 im Bahrain International Investment Park. Dort werden kundenspezifische Antioxidantien-Mischungen für die Kunststoffindustrie produziert. Abnehmer sind vor allem Polymerhersteller in den Ländern des Golfkooperationsrates.

Raffinerie, Petrochemie und Metallerzeugung dominieren

Die verarbeitende Industrie ist der wichtigste Sektor der Nichtölwirtschaft. Die Ölraffinerie des Landes ist das größte Industrieunternehmen. Ein 7 Mrd Dollar teures Modernisierungs- und Erweiterungsprojekt steht kurz vor dem Abschluss und soll die Verarbeitungskapazität der Raffinerie von unter 280.000 auf 380.000 bpd erhöhen. Zudem kann die Anlage schwere Rohöle verarbeiten und qualitativ hochwertigere und neue Produkte herstellen. Die Raffinerie gehört zur staatlichen Bahrain Petroleum Company (BAPCO).
Im Chemiesektor dominiert die 1979 gegründete Gulf Petrochemical Industries Company (GPIC). Das Unternehmen ist ein Joint Venture aus BAPCO, der Saudi Basic Industries Corporation und der kuwaitischen Petrochemical Industries Company. GPIC verarbeitet lokal verfügbares Gas. Im Jahr 2023 produzierte es 470.000 t Ammonium, 450.000 t Urea sowie 750.000 t Methanol. Die Produktion des Unternehmens geht nahezu vollständig in den Export.

Die seit 2005 laufenden Planungen zur Erweiterung der GPIC Ammonium- und Urea-Produktion für rund 2,2 Mrd Dollar ruhen derzeit wieder. Auch das seit 2019 diskutiertes GPIC-Projekt für 500 Mio Dollar zur Verarbeitung des in der Raffinerie hergestellten Naphthas liegt gegenwärtig auf Eis. Neben der Raffinerie und der Petrochemie ist die Metallindustrie eine wichtige Sparte der verarbeitenden Industrie in Bahrain. Das größte Branchenunternehmen ist Aluminium Bahrain. Hauptanteilseigner sind der bahrainische Staatsfonds Mumtalakat und Sabic. Die sechs Produktionslinien lieferten 2023 rund 1,6 Mio t Rohaluminium.

Die United Steel Company (SULB) ist der größte Stahlproduzent des Landes. Das Unternehmen, ein Joint Venture aus der arabischen Foulath und Yamato Kogyo aus Japan, produziert seit 2013 im „Hidd Steel Complex“. Die DRI-Anlage verfügt über eine Jahreskapazität von 1,5 Mio t. SULB betreibt auch ein Eisenerz-Pelletierwerk sowie Walzanlagen.

Der Finanz- und Versicherungssektor ist die größte Dienstleistungssparte. Nach bahrainischen Angaben sind über 360 Finanzdienstleister registriert. Das Land hat aber seine frühere Stellung als führender Finanzplatz der Region verloren.  Insbesondere Dubai ist ein starker Konkurrent.
Der Tourismus trug 2021 etwa 7% zum BIP bei. Nach den Plänen der Regierung soll dieser Anteil bis 2026 auf über 11% und die Zahl der Gäste auf 14,1 Mio steigen. Zu den touristischen Großprojekten zählen die Bilaj Al Jazaver Beachfront, das Jumeirah Bahrain Bay Resort und das Mantis Hotel and Ressort auf Hawar Island.

Welt

WELT / ENERGIEDISTRIBUTION: UNTERSEEKABEL REVOLUTIONIEREN ZUKUNFT DER STROMVERTEILUNG

Es ist das Zeitalter des Stromimports aus fernen Ländern. Ein Megaprojekt zum Bau einer fast 4.023 km langen Unterwasserleitung würde riesige Wind- und Solarparks in Marokko mit dem Vereinigten Königreich verbinden und so eine zuverlässige Stromversorgung für den prognostizierten Nachfrage-Boom gewährleisten.

Der Plan ist das Geistesprodukt von Simon Morrish, der ihn als die beste Option für sauberen Strom in Großbritannien anpreist. Der ehemalige Unternehmensberater Morrish hat sich eine Frühphaseninvestition gesichert und ein erfahrenes Team eingestellt, er muss aber noch die britische Regierung zu Subventionen überreden. Auch müssen noch Milliarden US-Dollar aufgebracht und entscheidende Genehmigungen von Ländern eingeholt werden, die die Seehoheit über den genutzten Meeresboden halten. Der Plan sieht auch eine riesige Kabelfabrik und ein Spezialschiff für die Verlegung der Leitungen vor.

Das Projekt ist ehrgeizig, zeigt aber auch, wie sich die Weltkarte der Elektrizität verändert. Kohle- und Gaskraftwerke können in der Nähe der Gebiete stehen, die sie versorgen. Große leere Flächen mit viel Wind und Sonne liegen jedoch meist weit entfernt von den Städten, die den Strom benötigen.

Schon jetzt werden die Netze in Nordeuropa durch Unterseekabel miteinander verbunden, um die wachsende Menge an Windenergie gemeinsam zu nutzen. Eine 764 km lange Stromleitung vom Vereinigten Königreich nach Dänemark, die längste Land- und Unterwasserverbindung der Welt, wurde im Dezember 2023 in Betrieb genommen. Singapur, dem es an Platz für Wind- und Solarparks mangelt, will bis 2035 30% seines grünen Stroms importieren – aus Indonesien, Kambodscha und Vietnam.

Es gibt weltweit allerdings nur wenige Standorte, die ein größeres Potenzial für grüne Energie haben als Westmarokko. Der kürzeste Tag hat 10 Stunden, und am Abend kommen starke Winde auf. Morrishs Unternehmen Xlinks will in dem Gebiet genügend Solar- und Windparks bauen, um 8% des britischen Strombedarfs zu decken und 7 Mio Haushalte zu versorgen.

Für vier Offshore-Übertragungsleitungen werden fast 16.100 km Kabel benötigt – weit mehr, als die bestehenden Anbieter bereitstellen könnten. Daher gründete Morrish ein eigenes Unternehmen und will eine Fabrik mit einem Turm errichten, der höher ist als das Washington Monument, in dem die riesigen Kabel herabgelassen werden, um sie mit Isolierung zu ummanteln. Allerdings hat sich der Bau in der Nähe des schottischen Dorfes Fairlie bereits mehrfach verzögert. Die Anwohner bezweifeln, dass sie gebaut wird.

Tatsächlich können solche Projekte aus einer Vielzahl von Gründen scheitern. Ein Xlinks-ähnlicher Plan, australischen Solarstrom nach Singapur zu leiten, brach letztes Jahr zusammen, als sich die beiden Milliardäre, die das Projekt leiteten, zerstritten.

Auch die schwedische Regierung lehnte kürzlich eine Verbindung unter der Ostsee nach Deutschland ab, weil sie befürchtete, dass dadurch die Preise im Inland steigen würden.

WELT / KONJUNKTUR: SCHWELLENLÄNDER AUF BESCHLEUNIGUNGSKURS – WÄRE DA NICHT DIE FED

Der Kreditversicherer Coface hat die globale Wachstumsprognose für 2024 auf 2,5% angehoben, mit einer erwarteten Stabilisierung bei 2,7% im Jahr 2025. Das mäßige Wachstum in den USA und China dürfte durch eine Beschleunigung in mehreren Schwellenländern sowie im Euro-Raum ausgeglichen werden.

Obwohl sich das Wirtschaftswachstum in den Vereinigten Staaten verlangsamt, scheinen die Arbeitsmarktzahlen wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreicht zu haben. Das deutet auf ein besseres Gleichgewicht zwischen Arbeitsangebot und -nachfrage hin. In China verläuft die wirtschaftliche Erholung weiterhin uneinheitlich. Das BIP übertraf im ersten Quartal 2024 aufgrund der Investitionen im Verarbeitenden Gewerbe die Erwartungen, allerdings wachsen die Sorgen vor Überkapazitäten in der Produktion. Angesichts der schwachen Inlandsnachfrage werden chinesische Hersteller vermehrt auf ausländische Märkte ausweichen müssen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern herrsche in China aktuell Deflation, was Auswirkungen auf Konsum und Investitionen habe, die zeitlich nach hinten geschoben werden, wenn es noch günstiger sei. Das „belastet damit auch die Einkommen von Unternehmen und Haushalten“, so Coface-Volkswirtin Christiane von Berg.

Europa scheint mit einem BIP-Wachstum von 0,3% im ersten Quartal und einer Belebung der Wirtschaftstätigkeit dank des Dienstleistungssektors die Schwächephase des zweiten Halbjahres 2023 überwunden zu haben.

Die Verlangsamung des Inflationsabbaus in den USA verdeutlicht, dass der letzte Schritt im Kampf gegen die Inflation der schwerste ist. Das liegt an den anhaltend hohen Preisen für Dienstleistungen und Mieten. Die Inflation des privaten Konsums, die mit 2,7% weiterhin über dem 2%-Ziel der US-Notenbank liegt, unterstreicht das.

Die jüngsten Prognosen der US-Geldpolitiker bestätigen, dass mit der ersten Zinssenkung erst zum Ende des Sommers oder gar zum Ende des Jahres zu rechnen ist. Die EZB hat ihre geldpolitische Lockerung mit einer ersten Senkung um 25 Basispunkte Anfang Juni eingeleitet. Angesichts des im Vergleich zu Europa verzögerten Zeitplans der Fed, werden auch die Schwellenländer ihren Zinssenkungszyklus verlangsamen oder verschieben müssen. Senken sie früher oder stärker als die US-Notenbank den Zins, würde dies ihre Währung gegenüber dem US-Dollar zusätzlich abwerten und Importe teurer machen, was wiederum die Inflation anheben würde. So senkte beispielsweise Brasilien den Leitzins im Mai nur um 25 Basispunkte. Zuvor wurde er sechsmal in Folge um 50 Basispunkte gesenkt. Auch die Geldpolitik in Afrika und Asien wird durch den Aufschub der Fed beeinflusst.

Die Zentralbanken der wichtigsten Schwellenländer haben noch nicht mit ihrer geldpolitischen Lockerung begonnen, was deren wirtschaftlichen Aufschwung für 2024 und 2025 begrenzt. Afrika werde ebenfalls überdurchschnittlich zulegen und ein Wachstum von über 4% erreichen, wobei alle großen Volkswirtschaften wie Nigeria, Ägypten, Algerien, Äthiopien sowie Marokko und in geringerem Maße auch Südafrika eine Konjunkturbelebung erreichen.

WELT / LOGISTIK: CONTAINER-UMSCHLAG WEITER AUF ERHOLUNGSKURS

Der Container-Umschlag-Index des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung aus Essen und des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik ist nach der aktuellen Schnellschätzung im Mai auf saisonbereinigt 129,9 Punkte von revidierten 129,1 Zählern im Vormonat gestiegen. Dazu habe vor allem der Anstieg des Container-Imschlags in den europäischen Häfen beigetragen, erklärte das RWI.

Der Nordrange-Index, der Hinweise auf die wirtschaftliche Entwicklung im nördlichen Euroraum und in Deutschland gebe, sei laut dem Essener Institut im Mai gegenüber dem Vormonat von revidierten 110,4 auf 111,9 Punkte deutlich gestiegen. Damit setze sich die Erholung des Container-Umschlags nach einem Rückgang im Vormonat fort.

In den chinesischen Häfen ist der Umschlag dagegen laut den Angaben leicht von 143,2 Punkten im Vormonat auf 142,9 Punkte gesunken.