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Länder- und Marktinformationen 5/2024

Afrika

ANGOLA / NAHRUNGSMITTEL: BREITGEFÄCHERTE FÖRDERUNG

Die Diversifizierung der Wirtschaft steht in Angola ganz oben auf der Agenda. Bis auf weiteres ist allerdings die Erdölindustrie der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Schritt für Schritt kann aber die Produktionsbasis in Sektoren wie der Nahrungsmittelindustrie verbreitert werden. Unterstützung für Unternehmen bietet die Regierung beispielsweise mit dem Programm zur Produktionsförderung, Exportdiversifizierung und Importsubstitution. Im Zentrum steht hier der Aufbau einer lokalen Industrie.

Stärker landwirtschaftlich ausgerichtet ist der Planagrao, ein Entwicklungsplan für den Getreideanbau, den die angolanische Regierung im Dezember 2022 gestartet hat. Bis 2027 soll die jährliche Ernte von Weizen, Reis, Hirse sowie Soja von derzeit etwa 3 Mio auf rund 6 Mio t verdoppelt werden. Hierzu sieht der Plan den Anbau auf zusätzlichen 2 Mio ha vor. Über die gesamte Projektlaufzeit von fünf Jahren hofft die Regierung auf ein Investitionsvolumen von etwa6 Mrd US-Dollar.

Zur Umsetzung des Planagrao trägt auch die lokale Fertigung einfacher Verarbeitungsmaschinen bei. Das Unternehmen Nova Fumetal in Benguela kündigte für 2024 die Lieferung von 500 Reisschälmaschinen an. Bis 2025 soll die Kapazität des Betriebes auf rund 1.000 Einheiten erweitert werden. Finanzielle Hilfe erhält Nova Fumetal dabei wiederum aus dem Programm Prodesi. Die Regierung hat Pressemeldungen zufolge Interesse an weiteren Fertigungsanlagen für landwirtschaftliche Geräte geäußert.

Der Großlandwirt Alfeu Vinevala hat in Chinguar in der Provinz Bie eine Weizenmühle in Betrieb genommen, die bis September 2024 ihre volle Kapazität von 60 t pro Tag erreichen soll.

In der nördlichen Exklave Cabinda steht die Entwicklung von Wertschöpfungsketten in der Landwirtschaft auf dem Programm. Vorgesehen ist die Teilnahme von 51.000 Kleinbetrieben. Der Schwerpunkt liegt auf dem Anbau von Marktfrüchten wie Kaffee, Kakao oder Palmöl, aber auch auf dem Anbau von Nahrungspflanzen und der Viehzucht. In der bisherigen Umsetzung dominiert der Kakaoanbau. Deshalb setzen hier die Pläne zum Aufbau kleiner Verarbeitungsbetriebe an, etwa zur Herstellung von Kakaocreme. Ein zweiter Schwerpunkt ist der Anbau von Ölpalmen und der Bau einer Ölmühle bis 2025, die Cabinda zum Selbstversorger mit Pflanzenöl machen soll.

Ein wesentlicher Faktor für den Aufbau einer lokalen Ernährungswirtschaft in Angola ist nach wie vor die zuverlässige Versorgung mit landwirtschaftlichen Produkten, die für die Produktion benötigt werden. Die Verbesserung der oft noch unzureichenden Infrastruktur ist daher eine wichtige Voraussetzung. Logistikzentren in den Haupterzeugungsgebieten spielen eine große Rolle auf dem Weg dorthin.

In der zentralen landwirtschaftlichen Produktionszone des Hochlandes östlich der Hafenstadt Benguela ist in Caala in der Provinz Huambo der Bau eines speziellen Logistikzentrums geplant. Der Standort steht im Kontext der Entwicklungsachse entlang der Eisenbahnstrecke zwischen dem Hafen Lobito und der Demokratischen Republik Kongo sowie Sambia. Damit verbunden sind Hoffnungen auf eine stärkere Mechanisierung der landwirtschaftlichen Betriebe sowie eine höhere Produktion exportorientierter Erzeugnisse. Bei dem Projekt arbeitet die angolanische Regierung mit den Niederlanden und der staatlich unterstützten Projektagentur Flying Swans zusammen.

Reduzierte Mehrwertsteuer für Lebensmittel

Im Zuge einer Änderung des Gesetzes über die Mehrwertsteuer führt Angola zum Jahresbeginn 2024 einen reduzierten Steuersatz in Höhe von 5% auf 20 Warengruppen ein, darunter zahlreiche Lebensmittel und landwirtschaftliche Vorprodukte. Unter der Voraussetzung, dass der Einzelhandel den niedrigeren Steuersatz weitergibt, wird die Maßnahme eine positive Auswirkung auf die Kaufkraft der Konsumenten haben und den Absatz stabilisieren.

MOSAMBIK / LOGISTIK: HAFEN IN MAPUTO WÄCHST

Für Binnenstaaten wie Malawi, Sambia oder Simbabwe führt der Weg zum Indischen Ozean traditionell durch Mosambik. Nun finden aber auch mehr und mehr Waren aus Südafrika über den Hafen der Landeshauptstadt Maputo ihren Weg auf die Weltmärkte. Diese noch junge Entwicklung hat primär zwei Ursachen: Die südafrikanischen Häfen leiden nach jahrelangem Investitionsstau und Problemen in der Verwaltungsstruktur unter Ineffizienz. In Mosambik hingegen haben die Betreiber in den letzten Jahren mit umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen begonnen.

Im November 2023 kündigten das mosambikanische Transportministerium und die Betreibergesellschaft Maputo Port Development Company (MPDC) umfangreiche Erweiterungen im Hafen Maputo an. Sie wollen die Umschlagskapazität für Massengüter von derzeit 37 Mio t pro Jahr auf 52 Mio t erhöhen. Statt 270.000 Standard-Container sollen bis zu 1 Mio Container pro Jahr abgefertigt werden können. Dafür wollen sie mehr als 2 Mrd US-Dollar ausgeben. Zum Gesamtpaket gehört auch die Stärkung des „Maputo Corridors“, etwa durch die Schaffung einer One-Stop-Grenzkontrolle am Übergang nach Südafrika.

Bereits heute wird etwa die Hälfte des in Südafrika abgebauten Chroms über den Hafen von Maputo verschifft. Das Metall ist laut MPDC im Juli 2023 die derzeit wichtigste in Maputo umgeschlagene Handelsware. Zwei neue Liebherr-Mobilkrane zur Handhabung von Massengütern haben die Zahl der Krane seit Sommer 2023 auf sechs erhöht. Die Konzession für den Betrieb des Container-Terminals liegt bis 2043 beim Betreiber DP World aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Terminalkapazitäten werden derzeit für den Export von Zitrusfrüchten aus Südafrika erweitert.

Der „Port of Beira Business Plan“ der mosambikanischen Regierung sieht vor, in den kommenden 15 Jahren bis zu 290 Mio Dollar in den Ausbau und die Modernisierung des Hafens zu investieren. Die Umschlagskapazität des Container-Terminals soll sich von aktuell 300.000 Standard-Containern auf rund 700.000 im Jahr mehr als verdoppeln. Der Ausbau umfasst verbesserte Zufahrtswege, Lagermöglichkeiten und eine erhöhte Kapazität für den Umschlag von Massen- und Stückgütern.

Der niederländische Hafenbetreiber Cornelder de Moçambique hat mit der Einführung eines digitalen Container-Management-Systems begonnen. Das Reefer Runner genannte System zur Erfassung und kontinuierlichen Überwachung aller Kühlcontainer und ihres meist verderblichen Inhalts stammt von Identec aus Österreich. Andere technische Neuerungen umfassen unter anderem KI-gestützte Scanning-Portale für Container, ein Online-Portal für die Einreichung von Dokumenten und ein Positionssystem für Lastwagen.

Der Hafen ist konzeptionell eingebunden in die Entwicklungsachse „Beira Corridor“ entlang der Eisenbahn nach Machipanda und weiter nach Simbabwe sowie der parallel verlaufenden Nationalstraße 6.

Eisenbahnen ins Hinterland

Nicht nur von Maputo und Beira aus führen Bahnlinien ins Hinterland. Auch Nacala im Norden hat eine solche Anbindung. Entlang dieser Strecke über Malawi und die mosambikanische Kohleabbauregion Tete nach Sambia bildet die Eisenbahn das Rückgrat der Entwicklungsachse „Nacala Corridor“.

Statt bisher 100.000 TEU können künftig 252.000 Container pro Jahr am Container-Terminal Nacala abgefertigt werden. Neue Hafenkräne, Be- und Entladevorrichtungen für Flüssiggüter und Getreide sowie acht Spezialfahrzeuge zum Bewegen und Stapeln von Containern ermöglichen es, die durchschnittliche Verweildauer der Schiffe im Hafen deutlich zu verkürzen. Insgesamt wurden in der ersten Phase der Hafenmodernisierung 273,6 Mio US-Dollar investiert, die von der japanischen Entwicklungsagentur JICA finanziert wurden.

NIGER / KONJUNKTUR: ECOWAS-SANKTIONEN AUFGEHOBEN

Im Juli 2023 verhängte die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) weitreichende Sanktionen gegen Niger als Reaktion auf den militärischen Sturz von Präsident Mohamed Bazoum am 25. Juli. Die Land- und Luftgrenzen wurden geschlossen, alle Handels- und Finanztransaktionen zwischen den ECOWAS-Mitgliedern und Niger wurden ausgesetzt, nigrische Vermögenswerte wurden in den Zentralbanken und Geschäftsbanken der ECOWAS eingefroren und Reiseverbote für beteiligte Militärs wurden verhängt. Diese Sanktionen wurden nun aufgehoben.

Die Maßnahmen erhöhten das Risiko von Liquiditätsengpässen und daraus resultierenden Zahlungsverzögerungen erheblich. Seit dem Putsch kürzte die Regierung ihre Ausgaben und ist mit der Rückzahlung ihrer Auslandsschulden von mehr als 500 Mio US-Dollar in Verzug geraten.

Die politische Krise in der putschanfälligen Sahelzone hat sich weiter verschärft, nachdem die vom Militär regierten Länder Burkina Faso, Mali und Niger beschlossen hatten, im Januar 2024 aus der 15 Mitglieder zählenden ECOWAS auszutreten, was, wenn die Maßnahmen nicht rückgängig gemacht werden, im Januar 2025 in Kraft treten würde. Daraufhin beschloss die Wirtschaftsgemeinschaft, die Sanktionen gegen Niger als Teil einer neuen Strategie aufzuheben, um den Austritt der drei von Juntas geführten Sahelstaaten aus dem regionalen Block zu verhindern. Ein solcher Austritt würde die Handels- und Dienstleistungsströme in der Region ernsthaft stören und die Instabilität weiter erhöhen. Darüber hinaus ist es dem Block nicht gelungen, die Freilassung des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum im Gegenzug für die Aufhebung der Sanktionen zu erwirken – ein deutliches Zeichen der Schwäche, nachdem die ECOWAS zunächst mit einer Invasion in Niger gedroht hatte, um den Putsch vom Juli rückgängig zu machen.

Militär blockiert Einigung

Niger ist ein führender Uranproduzent, aber auch eines der ärmsten Länder der Welt. Credendo hat vor kurzem die kurzfristige politische Risikoeinstufung des Landes von der Kategorie 5/7 auf 6/7 herabgestuft, was hauptsächlich auf die sinkende Liquidität, die erwartete kurzfristige Prävalenz einer undurchsichtigen Militärregierung und hohe Sicherheitsrisiken zurückzuführen ist. In der Tat blockieren die Militärbehörden weiterhin eine Einigung über einen Zeitplan für den politischen Übergang. Sie haben die Kontrolle über die staatlichen Institutionen gefestigt und erhalten trotz der wirtschaftlichen Notlage infolge der Sanktionen und der Aussetzung der Hilfe und Sicherheitsunterstützung, etwa durch den IWF, die Unterstützung eines bedeutenden Teils der Bevölkerung. Wie in Tschad, Guinea, Burkina Faso und Mali besteht die Gefahr eines Gegenputsches.

Die Aussetzung umfangreicher westlicher Sicherheitshilfen und der Abzug ausländischer Truppen werden die enormen Probleme auch in den Nachbarstaaten Nigers noch verschärfen. Die letzten französischen Streitkräfte haben im Dezember 2023 nigrischen Boden verlassen, und am 16. März kündigte die Junta die Aufkündigung des Militärabkommens mit den Vereinigten Staaten an, was bedeutet, dass die US-Streitkräfte, die rund 600 Soldaten und wichtige Drohneneinrichtungen umfassen, wohl abziehen müssen. Infolgedessen dürften sich Gewalt und Unsicherheit, insbesondere in den nordwestlichen und südöstlichen Grenzgebieten, trotz der erwarteten teilweisen Umstellung auf russische Unterstützung weiter verschärfen.

Die jüngste Aufhebung der Sanktionen verringert das Risiko eines Bürgeraufstands, da die Wirtschaftstätigkeit wieder aufgenommen wird. Es wird erwartet, dass das BIP-Wachstum in Niger von 2,3% im Jahr 2023 auf 12,8% im Jahr 2024 ansteigt und damit das am schnellsten wachsende Land in Subsahara-Afrika ist. Das Wachstum wird durch den Agrarsektor, die beginnenden Ölexporte aus der Niger-Benin-Ölpipeline angetrieben. Die antiwestliche Stimmung und die erwartete Annäherung an Russland werden höchstwahrscheinlich dazu führen, dass russische Investoren bevorzugt werden.

OSTAFRIKA / KONJUNKTUR: BESONDERS ANFÄLLIG FÜR KLIMARISIKEN

In den letzten Jahren hat Ostafrika die wirtschaftlichen, politischen und humanitären Auswirkungen schwerer Dürren sehr deutlich vor Augen geführt. Millionen von Menschen in Somalia, Äthiopien und Kenia sind seit 2020 von sechs aufeinanderfolgenden niederschlagsarmen Regenzeiten betroffen.

Diese über alle Jahreszeiten reichenden Dürren wurde durch ein mehrjähriges La-Niña-Ereignis ausgelöst, das höchstwahrscheinlich durch den globalen Klimawandel verstärkt wurde. Kleine Veränderungen der Meeresoberflächentemperatur können zu größeren Veränderungen der Wettermuster führen.

Die unmittelbare Folge der Dürre, die bis 2023 andauerte, war eine Hungersnot. Zwischen 2019 und 2022 litt die Region zudem unter einer Heuschreckenplage – in Äthiopien und Somalia die schlimmste seit 25 Jahren, in Kenia die schlimmste seit 70 Jahren.

Nach drei Jahren unter diesen Bedingungen sind inzwischen mehr als 23 Mio Menschen in Teilen Äthiopiens, Kenias und Somalias von schwerer Hungersnot betroffen. Missernten waren dabei nicht der einzige Faktor, der die Nahrungsmittelpreise in die Höhe trieb. Regionale Konflikte wie der anhaltende Bürgerkrieg im Sudan und der somalische Konflikt um Las Anod spielten ebenso eine Rolle wie der weltweite Anstieg der Lebensmittelpreise infolge des russischen Krieges in der Ukraine.

Trockenheit führt zu Konflikten

Immer mehr Menschen haben auf der Suche nach Nahrung für sich und ihr Vieh ihre Heimat verlassen, die Flüchtlingsströme nahmen zu. Die Folgen der Dürre haben nach UN-Angaben rund 2,3 Mio Menschen innerhalb von Somalia, Äthiopien und Kenia aus ihrer Heimat vertrieben, mehr als 264.000 von ihnen sind in Nachbarländer geflohen.

Diese Migrationsbewegungen können zu Konflikten zwischen verschiedenen Gruppen führen, wie im Norden des kenianischen Rift Valley zu beobachten ist. Dort eskalierten seit langem bestehende Spannungen zwischen Hirten und Landbesitzern in Gewalt, weil ausbleibende Regenfälle die Hirten zwangen, auf der Suche nach Weideland und Wasser weiterzuziehen. Dadurch gerieten sie in Konflikt mit anderen Hirten und den Besitzern großer Farmen und Naturschutzgebiete.

Die zunehmende Trockenheit wirkt sich auch auf die Stromerzeugung aus. Ein erheblicher Teil des Stroms in der Region wird durch Wasserkraft erzeugt – sinkt der Wasserstand zu stark, drehen sich die Turbinen nicht mehr. Um diesem Problem vorzubeugen, reduzieren sowohl Kenia als auch Tansania ihre Abhängigkeit von der Wasserkraft seit Jahren.

In Tansania wurde der Anteil der Wasserkraft am Strommix seit einem Höchststand von 96% im Jahr 2003 auf rund ein Drittel verringert. In Kenia verlief die Entwicklung ähnlich: 1995 betrug der Anteil der Wasserkraft an der Stromerzeugung noch 77, 2021 nur noch 30%.

Hierbei ist der Rückgang nicht auf eine Verringerung der Wasserkraftkapazitäten zurückzuführen, sondern auf den Ausbau anderer Energiequellen (hauptsächlich Erdgas in Tansania und Erdwärme und Wind in Kenia). Tansania leidet derzeit auch nach Ende der Dürre im letzten Jahr unter Stromknappheit, was zeigt, dass diese Anfälligkeit noch nicht verschwunden ist.

La Niña geht, El Niño kommt

Mitte 2023 ging das La-Niña-Wetterphänomen in ein starkes El-Niño-Ereignis über, und am von Dürre geplagten Horn von Afrika begannen große Regenmengen zu fallen. Da die trockenen Böden das Wasser nicht aufnehmen konnten, kam es vielerorts zu verheerenden Überschwemmungen. Da das aktuelle El-Niño-Ereignis voraussichtlich mindestens bis zum Frühjahr 2024 andauern soll, ist mit weiteren Regenfällen zu rechnen.

Wie die Dürren haben auch die Überschwemmungen viele Menschen zur Flucht veranlasst. Im Gegensatz zur Dürre ist dies jedoch kein schleichender, sondern ein abrupter Prozess, da die Überschwemmungen die physische Infrastruktur zerstören, Felder überschwemmen und Vieh ertrinken lassen.

Die Flüchtlinge und Binnenvertriebenen kommen zu jenen hinzu, die vor den bewaffneten Konflikten in der Region fliehen. Laut Famine Early Warning Systems Network haben die Überschwemmungen in Äthiopien, Kenia und Somalia inzwischen fast 1,5 Mio Menschen vertrieben.

Die hohen Wasserstände können auch erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben, da menschliche Exkremente mitgeführt werden, die wiederum das Trinkwasser verunreinigen. Dies setzt Menschen dem Risiko von Krankheiten wie Typhus oder Cholera aus. Gleichzeitig sind temporäre Tümpel mit stehendem Wasser ideale Brutstätten für die Anopheles-Mücke, den Hauptüberträger der Malaria.

Regierungen kommen noch mehr in Geldnot

Die Naturkatastrophen wirken sich auch auf die Regierungen der Region aus, da diese eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der Folgen und der Vorbereitung auf mögliche zukünftige Ereignisse spielen. Sowohl Dürren als auch Überschwemmungen haben negative Folgen für die Staatsfinanzen, da sie zum Ausfall von Steuereinnahmen führen, während zugleich höhere Ausgaben für den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur oder die Unterstützung der betroffenen Bevölkerung anfallen.

Leider gehören die öffentlichen Finanzen in der Region bereits zu den prekärsten des Kontinents: Kenia wird vom IWF und der Weltbank als hochgradig schuldengefährdet eingestuft, während Äthiopien im Dezember 2023 mit seinen Anleihen in Verzug geriet und Somalia sich bereits in einer Schuldenfalle befindet. Die Länder verfügen kaum über Ressourcen, um die Folgen dieser extremen Wetterereignisse zu bewältigen oder sich auf künftige Ereignisse vorzubereiten.

IWF stellt Sonderziehungsrechte von über 400 Mio bereit

Im Jahr 2022 richtete der IWF den Resilience and Sustainability Trust ein, um die Resilienz von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen gegenüber diesen externen Schocks zu stärken. Im Juli 2023 wurden 407,1 Mio Sonderziehungsrechte für Kenia genehmigt. Dies ist eine begrüßenswerte Entwicklung, aber die Region wird für ihre Vorbereitungen weitaus mehr externe Mittel benötigen.

Die Länder haben ihre national festgelegten Beiträge berechnet, die sie benötigen, um ihre Klimaziele im Rahmen des Pariser Abkommens zu erreichen – für den Zeitraum 2021-2030 schätzt Kenia den Bedarf auf 62 Mrd US-Dollar, Äthiopien auf 316 Mrd und Somalia auf 55,5 Mrd.

Was sind die langfristigen Auswirkungen?

Es wird erwartet, dass El-Niño-Ereignisse in Zukunft häufiger und stärker auftreten werden. Am Horn von Afrika wird die globale Erwärmung wahrscheinlich zu längeren und intensiveren Dürren führen, während mehr El-Niño-Ereignisse verheerende Überschwemmungen verursachen werden. Dieser Teufelskreis dürfte die Umweltzerstörung beschleunigen, was wiederum zu sinkenden landwirtschaftlichen Erträgen, zunehmender Ernährungsunsicherheit, verschärften Konflikten um Land und Wasser und zu mehr Flüchtlingen auf der Suche nach bewohnbareren Gebieten innerhalb der Länder sowie länderübergreifend in der Region führen dürfte.

Insgesamt werden die negativen Folgen des Klimawandels das Länderrisiko in Ostafrika in den kommenden Jahren unweigerlich erhöhen, da die Häufigkeit und Schwere extremer Wetterereignisse zunehmen wird. Diese Ereignisse können die landwirtschaftliche Produktion und die Wirtschaftsleistung beeinträchtigen, die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treiben, das Risiko gewaltsamer Konflikte erhöhen und die öffentlichen Finanzen weiter unter Druck setzen.

Darüber hinaus dürfte dies die Leistungsbilanzdefizite in Ostafrika verschärfen, unter anderem, weil bei Ernteausfällen die Einnahmen aus Cash Crops (wie Tee, Kaffee oder Cashewnüssen) sinken oder weil Touristen ausbleiben. Auch der Bedarf an Importen zum Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur würde steigen.

Betrachtet man alle miteinander verbundenen Risiken, die durch extreme Wetterereignisse in der Region verursacht werden, wird deutlich, dass sie nicht ignoriert werden können.

SAMBIA / NAHRUNGSMITTEL: SCHWERPUNKT BLEIBT IMPORTSUBSTITUTION

Sambia bietet im regionalen Vergleich sehr gute Voraussetzungen zur Produktion von Nahrungsmitteln. Zur Verfügbarkeit von Flächen und Arbeitskräften kommen ausreichende Niederschläge für eine vielfältige Landwirtschaft. Allerdings wird in den meisten Produktgruppen nur ein geringer Teil der Erzeugnisse einer geregelten Verarbeitung zugeführt. Es fehlen Lager-, Transport- und Kühlkapazitäten. Die Folge: Hohe Verluste und unzureichende Qualität, beispielsweise für den Verkauf in Supermärkten.

Die sambische Investitionsförderagentur ZDA hat die Aquakultur, die Milchwirtschaft, die Geflügelzucht, die Herstellung von Speiseölen, sowie die Verarbeitung von Gemüse und anderen pflanzlichen Produkten als besonders dringende Bereiche für Investitionen in die weitergehende Nahrungsmittelverarbeitung identifiziert. Sambia strebt an, seine Produktionsstruktur auf eine breitere Basis zu stellen und legt dabei einen besonderen Fokus auf die Nahrungsmittelindustrie. Ein weiterer Faktor sind die sich verändernden Ernährungsgewohnheiten der zunehmend urbanen Bevölkerung.

Anstelle des traditionellen Grundnahrungsmittels Mais steigt die Nachfrage nach anderen Gemüsesorten, verarbeiteten Produkten sowie Fleisch und Frischwaren. Die Nachfrage nach Geflügelfleisch und Fisch steigt kontinuierlich an. Dieser Trend wird derzeit durch das Auftreten von Milzbranderregern in der Rinderhaltung in Sambia verstärkt. Bisher entfallen rund 65% der Geflügelzucht auf Kleinbetriebe, die in der Regel lebende Vögel vermarkten. Ein kleinerer Teil wird von Verarbeitungsbetrieben genutzt, die entweder eigene Zuchtbetriebe haben oder die Tiere über Kontraktlandwirte beziehen. Um die Einhaltung internationaler Qualitäts- und Gesundheitsstandards sicherzustellen, will Sambia den Anteil der Lebendverkäufe auf etwa 20% senken. Gleichzeitig soll die Freilandhaltung ausgebaut werden, da die Nachfrage in diesem Sektor in der Region steigt.

Überfischung hat in vielen natürlichen Gewässern zu einem Rückgang der Bestände geführt. Um den erwarteten weiteren Anstieg der Nachfrage zu decken, will die Regierung die Aquakultur fördern. Bis 2026 will das Ministry for Livestock and Fisheries seine Anstrengungen in diesem Bereich verstärken, wie Minister Makozo Chkote im Dezember 2023 gegenüber der Presse erklärte. Dazu soll das mit Unterstützung der Afrikanischen Entwicklungsbank ins Leben gerufene Zambia Aquaculture Enterprise Development Project fortgeführt werden. Ansatzpunkte sind neben dem Aufbau und der Förderung von Fischfarmen durch Ausbildung und Kredite die Produktion von Fischfutter und die Verbesserung der Verarbeitungskette, einschließlich Kühlhäusern und Vertriebsstrukturen.

Ähnlich wie in der Geflügelhaltung wird auch in der Milchwirtschaft ein erheblicher Teil der Milch von Kleinbetrieben produziert. Davon gelangen allerdings nur rund 30% auf den formellen Markt. Der Zugang zu Molkereien ist für viele Kleinbetriebe schwierig. Mangels Kühlmöglichkeiten sind die Verluste groß. Für die Herstellung wie Joghurt, Käse oder Speiseeis wird daher häufig importiertes Milchpulver anstelle der lokal erzeugten Milch verwendet.

Ungenutzte Kapazitäten in der Speiseölproduktion

Etwas paradox mutet die Situation bei Speiseölen in Sambia an, wenn man den Analysen der ZDA folgt. Demnach liegt die Nachfrage bei etwa 120.000 t pro Jahr. Die inländische Raffineriekapazität liegt bei 160.000 t. Dennoch besteht ein Versorgungsdefizit, da nur die Hälfte der Kapazität genutzt wird. Grund dafür ist die überwiegende Verwendung von Sojaöl. Dieses fällt als Nebenprodukt bei der Herstellung anderer Sojaprodukte an. Seine ausreichende Verfügbarkeit hängt daher von deren Produktion ab und ist nicht immer gegeben. Abhilfe könnte die verstärkte Nutzung alternativer Ölsaaten wie Sonnenblumen und deren Verarbeitung schaffen.

SOMALIA / LOGISTIK: SEEPIRATERIE: ERHÖHTE GEFAHR VOR DER KÜSTE

Das Internationale Schifffahrtsbüro der ICC (International Maritime Bureau – IMB) hat seinen aktuellen Bericht über Seepiraterie und bewaffnete Raubüberfälle im ersten Quartal des Jahres veröffentlicht. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnet das IMB einen Anstieg um rund 20% von 27 auf 33 Vorfälle.

Darunter waren 24 geenterte Schiffe, 6 versuchte Angriffe und zwei Schiffsentführungen, ein Schiff wurde beschossen. Die Gefahr für die Besatzungen bleibt hoch: Insgesamt wurden 35 Besatzungsmitglieder als Geiseln genommen, 9 entführt und ein Besatzungsmitglied bedroht.

Besonders kritisch sieht das IMB die Situation vor der Küste Somalias: So können zwei Entführungen somalischen Piraten zugeschrieben werden, zudem wurde jeweils ein Schiff beschossen, geentert oder einem versuchten Angriff ausgesetzt.

Dabei zeigt sich immer deutlicher, dass inzwischen auch Schiffe, die sich in größerer Entfernung von der Küste befinden, von somalischen Piraten angegriffen werden. Im März wurde ein unter der Flagge von Bangladesch fahrender Massengutfrachter 550 Seemeilen vor Mogadischu gekapert und die 23-köpfige Besatzung als Geiseln genommen.

„Diese Entwicklung ist mehr als besorgniserregend. Solche Sicherheitsrisiken gefährden die für den Welthandel unverzichtbaren Schifffahrtsrouten. Die Situation ist durch die politisch motivierten Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer und dem Golf von Aden ohnehin derzeit sehr angespannt. Seewege müssen für Schiffe und Mannschaften sicher sein. Nur so kann auch der internationale Handel funktionieren“, erklärte ICC-Germany-Generalsekretär Oliver Wieck in einer Mitteilung.

Im Golf von Guinea ist weiterhin Vorsicht geboten

Die Zahl der Zwischenfälle im Golf von Guinea bleibt auf einem niedrigeren Niveau – 6 im ersten Quartal 2024 gegenüber 5 im Vorjahreszeitraum. Das IMB mahnt jedoch weiterhin zur Vorsicht, da im Januar erneut neun Besatzungsmitglieder entführt wurden. Auch in der Straße von Singapur ist weiterhin Vorsicht geboten.

Positiv hebt das IMB das oft rechtzeitige Handeln der Behörden hervor. So konnten durch Einsätze der Küstenwache der Seychellen und der indischen Marine mehrere Schiffe abgefangen und Piraten festgenommen werden.

„Es ist ein positives Signal, dass der Einsatz gegen Piraterie punktuell Wirkung zeigt und möglicherweise Schlimmeres verhindert hat. Damit die Zahl der Vorfälle in den nächsten Jahren wieder nachhaltig sinkt, ist jedoch eine verbesserte und kontinuierliche internationale Zusammenarbeit unabdingbar“, so Wieck in der Mitteilung.

Amerika

AMERIKA / GELDPOLITIK: ENTWICKLUNGSBANK BESCHLIEßT REFORMEN

Die Gouverneure der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank (IDB) genehmigten zum Abschluss der 64. Jahrestagung der Bankengruppe verschiedene Reformen. Die Tagung fand vom 6. bis 10. März 2024 in Punta Cana in der Dominikanischen Republik statt. Die IDB will mit den Neuerungen die Wirkung und Reichweite ihrer Projekte in Lateinamerika und der Karibik steigern.

Zu den Reformen gehören eine neue Strategie bis 2030 und eine Kapitalerhöhung im Umfang von 3,5 Mrd US-Dollar. Mit den zusätzlichen Mitteln unterstützen die Anteilseigner ein neues Geschäftsmodell für IDB Invest, den privatwirtschaftlichen Arm der Gruppe. Der Gouverneursrat der IDB genehmigte außerdem 400 Mio Dollar zusätzliche Mittel für IDB Lab, den Innovations- und Risikokapitalzweig der Bankengruppe.

Die neue Reformstrategie (IDB Impact+) gilt für den Zeitraum 2024 bis 2030 und verfolgt drei Kernziele: Verringerung von Armut und Ungleichheit, Bekämpfung des Klimawandels und Förderung eines nachhaltigen regionalen Wachstums. Mit den Maßnahmen will die IDB-Gruppe effektiver auf die dringendsten Herausforderungen in Lateinamerika und der Karibik reagieren. Die genehmigten Reformen ermöglichen es der Gruppe, ihr Finanzierungsvolumen in den nächsten zehn Jahren um bis zu 112 Mrd Dollar zu erhöhen.

Stärker auf Wirkung fokussiert

Die strategischen Veränderungen zielen darauf ab, die Ergebnisse und die Wirkung der Gruppe durch eine Reihe von Maßnahmen zu steigern. Bei der Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedsländern möchte sich die IDB-Gruppe künftig stärker an konkreten Ergebnissen orientieren.

Die Entwicklungsbank verbessert und passt ihre Darlehensinstrumente an. Unter anderem überarbeitet sie ihre politikbasierten Darlehen (PBL), um politische Reformen in ihren Mitgliedsländern besser zu unterstützen. Sie will die PBL künftig strategischer einsetzen, um mehr zusätzliches Geld zu mobilisieren. Weiterhin sollen die Empfängerländer mit diesen die Rahmenbedingungen für den Privatsektor verbessern und ihre soziale und ökologische Entwicklung gezielter fördern.

Die IDB-Gruppe führt verbesserte Wirkungsindikatoren für ihre Entwicklungsprojekte ein. So will sie ihre Leistungen besser messen und überwachen. Die neue Strategie sieht auch Änderungen der internen Prozesse und Organisationskultur vor, um die Wirkungs- und Leistungsorientierung in der Bankengruppe zu verbessern. Parallel zu dieser stärkeren Fokussierung auf die Wirkung nimmt die Institution auch Änderungen an ihren Personalprozessen, einschließlich ihrer Auswahlverfahren, vor.

Der neue Ansatz enthält zudem Vorschläge für mehr Investitionen in Wissen und einen Plan, der die Mitgliedsländer bei der Ausbildung unterstützt. Dies ermöglicht es der IDB-Gruppe, ihre Mitgliedsländer auf der Grundlage des gesammelten evidenzbasierten Wissens besser zu beraten.

Das Exekutivdirektorium der Bankengruppe genehmigte einen entsprechenden Fahrplan, um die Reformen umzusetzen. IDB-Präsident Ilan Goldfajn bezeichnete die Jahrestagung für die Bankengruppe als historisch: „Zum ersten Mal in der 65-jährigen Geschichte unserer Institution haben unsere Gouverneursräte gleichzeitig drei Reformschritte beschlossen, die die IDB-Gruppe zu einer größeren, besseren und agileren Institution machen werden. Diese Veränderungen werden unsere Fähigkeit, Lateinamerika und die Karibik bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen zu unterstützen, erheblich steigern.“

Neues Kapital für neue Aufgaben

Die Anteilseigner genehmigten eine Kapitalerhöhung von 3,5 Mrd Dollar und ein neues Geschäftsmodell für IDB Invest. Damit kann der Privatsektorarm der Gruppe seine Darlehnskapazität von derzeit rund 8 Mrd auf etwa 19 Mrd Dollar pro Jahr erhöhen. Mit dem neuen Geschäftsmodell kann IDB Invest zudem mehr Risiken übernehmen, die Präsenz vor Ort ausweiten, innovative Produkte einsetzen und zusätzlich mehr privates Kapital mobilisieren.

Die Gouverneursräte der IDB und dem Investzweig genehmigten ebenfalls Reformen für IDB Lab. Damit stellt die Gruppe weiterhin sicher, dass sie Innovationen und Start-ups effektiv finanzieren kann. Diese können dann zur Verbesserung der sozialen Entwicklung, dem Klimaschutz und der Produktivität in der Region genutzt werden. Der Risikokapitalarm der Bankengruppe soll sich so zu einem Innovationszentrum für Entwicklung transformieren. Durch die Reform kann IDB Lab neue Mittel in Höhe von 400 Mio Dollar beantragen, die im Zeitraum von 2026 bis 2032 eingesetzt werden sollen.

Zusagen gegenüber Vorjahr stabil

Insgesamt schloss die Banken-Gruppe das Jahr 2023 mit fast 24,3 Mrd Dollar an neuen Finanzierungszusagen ab, einschließlich der Unterstützung des Privatsektors durch IDB Invest und Zusagen durch IDB Lab. Das entspricht in etwa den Zusagen aus dem Jahr 2022. Gegenüber dem Jahresdurchschnitt vor der Pandemie (2016 bis 2019) liegen diese jedoch um 17% höher.

Die Mittel entfielen auf die verschiedenen Regionen wie folgt:

Während die Entwicklungsbank im Corona-Zeitraum von 2020 bis 2022 überwiegend soziale Sektoren unterstützte, waren im Jahr 2023 wieder die Investitionsprojekte der größte Posten im Portfolio der IDB-Gruppe. Gegenüber 2022 stiegen sie um 19% und machten im Jahr 2023 rund 56% des Gesamtvolumens aus. Die nächste Jahrestagung findet im März 2025 in Chile, in Santiago de Chile und Punta Arenas, statt.

KANADA / AUSSENHANDEL: STÄRKSTES EXPORTWACHSTUM SEIT 6 MONATEN

Kanadas Warenhandelsüberschuss mit dem Rest der Welt hat sich im Februar stärker als erwartet ausgeweitet, da Rekordlieferungen von Gold zum stärksten Exportwachstum seit sechs Monaten beitrugen.

Wie Statistics Canada mitteilte, verzeichnete das Land einen Warenhandelsüberschuss von 1,39 Mrd kanadischen Dollar (etwa 1,03 Mrd US-Dollar). Dies war der zweite monatliche Überschuss in Folge und übertraf die von Ökonomen erwarteten 675 Mio Dollar.

Die Warenexporte stiegen im letzten Monat um 5,8% auf 66,62 Mrd kanadische Dollar und übertrafen damit den Anstieg der Importe um 4,6% auf 65,23 Mrd, den höchsten Stand seit Juni 2023.

Die Stärke sowohl der Importe als auch der Exporte ist ein positives Signal für das Bruttoinlandsprodukt der Industrie, das nach Schätzungen von Statistics Canada im Februar um 0,4% gegenüber dem Vormonat gestiegen ist, nachdem das Wachstum im Januar mit 0,6% stärker als erwartet ausgefallen war. Zuvor veröffentlichte Daten der Behörde deuten auf einen weiteren Anstieg des Fabrikhandels und der Großhandelsumsätze im Februar hin.

Stephen Brown, stellvertretender Chefvolkswirt für Nordamerika bei Capital Economics, sagte, dass der Nettohandel den größten Beitrag zur erwarteten Beschleunigung des BIP-Wachstums in Kanada geleistet haben dürfte, das er auf 2,5% im ersten Quartal des Jahres schätzt, gegenüber rund 1% auf Jahresbasis im Vorquartal.

Gold lässt Bilanz glänzen

Während die Exporte in neun der elf erfassten Produktkategorien stiegen, wurde mehr als die Hälfte des Wachstums im Februar durch die Exporte von Rohgold angetrieben, einschließlich hochwertiger Verschiffungen von raffiniertem Gold und Transfers von Vermögenswerten im Bankensektor in einem Monat, in dem der Goldpreis stark anstieg. Laut Statistics Canada stiegen die Ausfuhren ohne das Edelmetall um 2,8% gegenüber dem Vormonat.

Auf preisbereinigter Basis stiegen die Gesamtausfuhren im Februar um 6,2%, was auf ein starkes Wachstum der Exportmengen schließen lässt. Die Ausfuhren von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Fischereierzeugnissen und Nahrungsmittelvorprodukten stiegen um 9,7% und verzeichneten damit den stärksten Anstieg seit Juli, was zum Teil auf eine Erholung der Weizenlieferungen zurückzuführen ist. Die Exporte von Fahrzeugen und Kfz-Teilen nahmen ebenfalls zu, wenngleich sie immer noch unter den Höchstständen von Oktober und November liegen, da die Umrüstung einiger Werke die Autoproduktion im Lande weiterhin einschränkte.

Auf der Importseite erholten sich die Käufe aus dem Ausland von dem Rückgang im Januar, wobei alle Segmente mit Ausnahme von Metallen und nichtmetallischen Mineralien einen Zuwachs verzeichneten. Mengenmäßig stiegen die Gesamteinfuhren im Februar im Vergleich zum Vormonat um 4,1%.

Die Ausfuhren in die USA, den mit Abstand größten Exportmarkt Kanadas, stiegen um 3,3%, während die Einfuhren um 3,4% zunahmen. Dadurch vergrößerte sich der Überschuss Kanadas gegenüber seinem Nachbarn auf 9,08 Mrd kanadische Dollar gegenüber 8,82 Mrd im Vormonat.

Die Exporte in Länder außerhalb der USA stiegen im Februar um 14,2%, vor allem dank der Lieferung von Rohgold in die Schweiz und das Vereinigte Königreich, so die Agentur. Die Importe aus anderen Ländern als den USA stiegen um 6,7%, wobei die größten Zuwächse bei verschiedenen Produkten aus China, Flugzeugen aus dem Vereinigten Königreich, Schrott und Nichteisenmetallen aus Indonesien sowie Autos und leichten Nutzfahrzeugen aus Südkorea zu verzeichnen waren.

Fasst man den internationalen Warenhandel und den internationalen Dienstleistungsverkehr zusammen, so stiegen die kanadischen Exporte um 5% und die Importe um 3,7%. Infolgedessen stieg der Handelsüberschuss, mit Waren als auch Dienstleistungen, von einem Defizit von 595 Mio kanadischen Dollar im Januar auf einen Überschuss von 367 Mio.

USA / AUSSENHANDEL: GUTE GESCHÄFTE FÜR DEUTSCHE FIRMEN

Deutsche Unternehmen in den USA erwarten mit großer Mehrheit steigende Umsätze und wollen ihr Engagement vor Ort ausbauen. Das sind die Hauptergebnisse einer Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammern in den USA. Mehr als 200 Unternehmen hatten sich im Januar 2024 daran beteiligt. Die meisten von ihnen kommen aus dem verarbeitenden Gewerbe.

Rund 40% verfügen über eine Fertigung in den USA. Laut der Umfrage gehen 91% für 2024 von wachsenden Umsätzen aus. Daher wollen bis 2026 rund 97% ihre Investitionen vor Ort ausweiten. Diese Angaben decken sich, wenn auch nicht ganz in dem Ausmaß, mit Einzelgesprächen, die GTAI mit Firmenvertretern in den Vereinigten Staaten führte. Der Fokus der geplanten Investitionen liegt laut der Studie in der Ausbildung sowie dem Bau neuer Fertigungskapazitäten. Forschung und Entwicklung spielen hingegen eine Nebenrolle.

Auch die amtlichen Statistiken spiegeln ein starkes deutsches Engagement wider. Nach Angaben des U.S. Bureau of Economic Analysis war die Bundesrepublik in den Jahren 2020 bis 2022 der drittgrößte Investor nach Japan und Kanada. Mehr als die Hälfte der deutschen Direktinvestitionen flossen in die verarbeitende Industrie.

Als Hauptgründe für die Präsenz und den Ausbau der Kapazitäten vor Ort nannten rund 90% der befragten Unternehmensvertreter die Größe des Marktes. Sie wollen mit ihrer Produktion näher am Kunden sein, um ihre Produkte besser und schneller an die lokale Nachfrage anpassen zu können. Staatliche Subventionen spielten kaum eine Rolle.

Trump macht Unternehmern keine Sorgen

Allerdings gibt es auch Anlass zur Sorge. So leidet mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen unter einem Fachkräftemangel. Gegenüber der letzten Studie von 2023 ging der Wert nur marginal zurück. Dafür hellte sich die Stimmung an anderen Stellen deutlich auf: So hatten sich 2023 noch viele Firmen um die Inflation und Störungen der Lieferketten gesorgt. Ihre Anzahl war 2024 deutlich zurückgegangen.

Überraschend ist, dass sich 2024 nur knapp ein Viertel der Befragten über politische Unsicherheiten Sorgen macht. Im November stehen die Präsidentschaftswahlen an und es zeichnet sich ein Wahlsieg von Donald Trump ab. Er liegt zum Jahresbeginn in den meisten Umfragen vor Joe Biden, der mit historisch niedrigen Zustimmungswerten zu kämpfen hat.

Doch hinter vorgehaltener Hand berichten viele Unternehmensvertreter, dass sie unter Trump weitgehend ungestört ihren Geschäften nachgehen konnten.

Tatsächlich dürfte es bei einem Machtwechsel im Weißen Haus zu keiner allzu großen Änderung der US-Wirtschafts- und Handelspolitik kommen. Biden hatte die von Trump angestoßenen protektionistische Marschrichtung weitgehend fortgeführt. An die Stelle von Zöllen traten nicht tarifäre Handelshemmnisse, vor allem Quoten für lokale Wertschöpfungsanteile („local content“) im Rahmen der großen Konjunkturpakete wie dem Inflation Reduction Act (IRA).

Konjunkturprogramme treiben Investitionsgüternachfrage

Der IRA, so die Befürchtungen in Europa, könnte die Abwanderung von Produktion und Arbeitsplätzen befördern. Tatsächlich haben die Programme eine enorme Nachfrage nach Investitionsgütern ausgelöst, was auch im Ausland zu spüren war. In den USA fehlen in so manchen Sparten – etwa beim Maschinenbau – lokale Anbieter. Daher müssen die Vereinigten Staaten zwangsweise auf Einfuhren setzen. Der „local content“ hat sich oftmals als stumpfe Waffe erwiesen.

Davon profitierten vor allem deutsche Exporteure. Ihre Lieferungen in die Staaten erreichten laut Destatis im Jahr 2023 nach einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr den Rekordwert von 158 Mrd US-Dollar. Damit lag Washington mit Abstand auf Rang 1 der wichtigsten Exportmärkte. Die Ausfuhren in die anderen großen Absatzmärkte waren dagegen rückläufig. So sanken die Exporte nach China um 9% und auch in wichtige EU-Länder wie Frankreich, die Niederlande und Polen gingen die Ausfuhren zurück.

Nur sehr wenige verlagern die Fertigung

Zudem kommt die AHK-Umfrage zu dem Ergebnis, dass die großen Konjunkturprogramme in den USA den Standort Deutschland eher stärken. Rund 40% der befragten Unternehmen gaben an, dass die Geschäftsausweitung in den Vereinigten Staaten zu einer Ausweitung von Beschäftigung, Produktion sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Deutschland geführt hat. Produktionsverlagerungen in die USA gab es nur bei 9% der Unternehmen.

Oft fahren Firmen aus der Bundesrepublik eine Doppelstrategie: So erfolgen in den USA relativ einfache Montage-, Anpassungs- oder Verpackungsschritte, mit deren Hilfe sich lokale Wertschöpfungsquoten beziehungsweise Voraussetzungen für das Siegel „Made in America“ erreichen lassen. Die Kernkomponenten werden hingegen in Deutschland gefertigt. Dort findet auch die Forschungs- und Entwicklung statt.

Das hat einen weiteren Grund: In den USA fehlt es an ausreichend qualifiziertem Personal. So existiert beispielsweise keine öffentliche Facharbeiterausbildung. Probleme gibt es auch beim Angebot an Ingenieuren. Es ist in den Staaten nicht besonders erstrebenswert, in der verarbeitenden Industrie zu arbeiten. Die besten Köpfe gehen lieber in die Finanz- oder IKT-Welt.

USA / FÖRDERUNG: MINISTERIEN VERGEBEN MILLIARDEN

Die US-Ministerien für Wirtschaft (DOC) und Energie (DOE) haben weitere Schritte bei der Umsetzung verschiedener industriepolitischer Initiativen in den Bereichen Halbleiter und umweltfreundliche Technologien angekündigt. Im Verlauf des vergangenen Monats hatte das DOC unverbindliche Förderrahmen von insgesamt 21,5 Mrd US-Dollar mit drei großen Chip-Herstellern bekannt gegeben. Dies entspricht fast der Hälfte der 50 Mrd Dollar, über die das DOC für direkte Subventionen an die Halbleiterproduktion verfügt. Das geht aus dem Newsletter von Representative of German Industry & Trade hervor.

Viele der größeren Projekte konzentrieren sich auf die Produktion von Hochleistungs-Chips. Die bisher angekündigten Vereinbarungen sind über mehrere Regionen und Teile der Halbleiterwertschöpfungskette verteilt. Unter anderem werden Werke in Arizona, New York, Ohio, Oregon und Texas finanziert.

Das DOE hat 6 Mrd Dollar Fördermittel für 33 industrielle Dekarbonisierungsprojekte vergeben. Die Empfänger stammen überwiegend aus energieintensiven Industrien und nutzen die Mittel unter anderem für CCS/-U-Technologien, Recycling, Energieeffizienz, Elektrifizierung, Wasserstoffprojekte sowie zur Eindämmung des Kohleverbrauchs. Das Programm wird mit 489 Mio Dollar aus dem Infrastrukturgesetz von 2021 (BIL/IIJA) und 5,47 Mrd Dollar aus dem Inflation Reduction Act (IRA) finanziert.

Des Weiteren hat das DOE ein erstes Vergabeverfahren der Advanced Energy Project Steuergutschrift 48C abgeschlossen. Die Gutschrift ist Teil des IRA und fördert Investitionen in die Herstellung und Lieferkette sauberer Technologien. Im Gegensatz zu anderen Steuergutschriften des IRA läuft diese über ein Vergabeverfahren. In der ersten Runde wurden nun 4 von insgesamt 10 Mrd Dollar an insgesamt 100 Projekte vergeben. Die Vorhaben in 35 Staaten erhalten nun eine Investitionssteuergutschrift von bis zu 30%. 40% des Gesamtvolumens sollen laut der US-Regierung Kohle- und Bergbaugemeinden zugutekommen. Das US-Finanzministerium und das DOE kündigten an, die zweite Vergabewelle in den Sommermonaten zu starten.

Gesamtbudget für GGRF liegt bei 150 Mrd Dollar

Das Weiße Haus und die US-Umweltschutzbehörde EPA haben angekündigt, 20 Mrd Dollar des IRA zur Emissionsreduzierung von Treibhausgasen an 8 Finanzierungsgruppen zu vergeben. Die Fördermittel sind Teil des Greenhouse Gas Reduction Fund (GGRF), welcher durch den IRA insgesamt 27 Mrd Dollar erhielt. 70% werden an historisch benachteiligte, ehemalige Bergbau- und Niedriglohnkommunen gehen. Ergänzt um private Kostenbeteiligungen beläuft sich laut Weißem Haus die Förderung auf rund 150 Mrd Dollar.

Während die Biden-Administration derzeit versucht, möglichst viele der autorisierten Fördermittel vor der anstehenden Wahl im November zu vergeben, gestaltet sich das bei den Darlehensvergaben des DOE schwieriger. Dem Darlehensprogramm des Energieministeriums stehen seit Einführung des IRA mehr als 200 Mrd Dollar zur Verfügung. Aufgrund strenger Transparenz- und Sorgfaltspflichten konnte das Büro davon allerdings erst 25,8 Mrd Dollar vergeben.

USA / LOGISTIK: ÜBERANGEBOT BELASTET SPEDITEURE

Das Bestreben von Einzelhändlern und Herstellern, die Transportkosten zu senken, lässt die Hoffnungen der Lkw-Branche auf einen Gewinnaufschwung ins Schleudern geraten. Die Frachtraten sind auf dem Spotmarkt des Speditionssektors über weite Strecken des Jahres zurückgegangen. Analysten und Führungskräfte sagen, dass auch die Preise für längerfristige Verträge sinken, da sich die Kunden darauf konzentrieren, die Lagerbestände schlank zu halten und die Ausgaben zu begrenzen.

Nach Schätzungen von DAT Solutions, einer Plattform, die Lkw an Verlader vermittelt, lag die durchschnittliche Vertragsrate im April mit 2,47 US-Dollar pro Meile um 17 Cent unter dem Vorjahresniveau. Den DAT-Zahlen zufolge sind die durchschnittlichen Raten auf dem Spotmarkt seit Jahresbeginn um 6,5% gefallen.

Analysten zufolge ist die Preisspirale nach unten das Ergebnis von Speditionskapazitäten, die nicht mit den allgemeinen Bemühungen amerikanischer Unternehmen Schritt halten, die überschüssigen Lagerbestände abzubauen, die während der Pandemie die Hallen füllten. Obwohl Zehntausende von Klein-Spediteuren im vergangenen Jahr den Markt verlassen haben, sind immer noch weit mehr Lkw unterwegs als vor Corona.

Analysten, darunter J.P. Morgan und Stephens, haben in diesem Monat die Gewinnprognosen für eine Reihe von Spediteuren gesenkt, vor allem für den Lkw-Ladungsmarkt, der mit seinem Geschäft des Transports von Komplettladungen in einzelnen Lkw für Kunden das Rückgrat der heimischen Lieferketten bildet. Trotz Anzeichen einer Verbesserung der Industriekonjunktur in den USA sehen sich die Speditions- und Frachtvermittlungsunternehmen mit anhaltenden Überkapazitäten auf dem Markt konfrontiert, und die jüngsten Anzeichen für einen Netto-Kapazitätszuwachs „machen die Sache noch schlimmer“, schreiben die Analysten von J.P. Morgan in einem Bericht. Mark Yeager, Geschäftsführer von Redwood Logistics, einem in Chicago ansässigen Logistikdienstleister, sagte, „dass sein Unternehmen eine sehr aggressive Preisgestaltung“ erlebe, insbesondere bei größeren Kunden.

Yeager erklärte, dass sich der Markt schnell drehen könnte, wenn Einzelhändler und Hersteller ihre Lagerbestände aufbrauchen, aber bis jetzt hat Redwood Logistics noch keinen großen Anstoß zum Abbau von Lagerbeständen erlebt.

Zinserhöhung ist verpufft

Die Führungskräfte der Branche sind an Einbrüche von 18 Monaten bis zu zwei Jahren gewöhnt, und einige Manager äußerten sich bei Gewinnmitteilungen zu Beginn des Jahres optimistisch, dass eine Erholung unmittelbar bevorstehe. Ein kurzer Anstieg der Zinssätze zu Beginn des Jahres ist jedoch verpufft.

„Wir erleben die längste Talfahrt, die ich in meinen mehr als 30 Jahren in der Branche erlebt habe“, sagte Tom Nightingale, CEO von AFS Logistics, einem Unternehmen mit Sitz in Shreveport, Louisiana.

Tausende von Firmen haben während der Corona-Pandemie aufgrund der steigenden Nachfrage nach Frachttransporten und der hohen Tarife ihre Lkw-Transporte aufgenommen oder erweitert. Seit Mitte 2020 sind etwa 325.000 Spediteure in die Branche eingetreten, während etwa 231.000 ihr Geschäft aufgegeben haben, so Avery Vise, ein Lkw-Analyst bei FTR Transportation Intelligence.

Nach Ansicht von Analysten halten sich viele Unternehmen unter anderem dank der Gewinne, die sie während der Pandemie zurückgelegt haben, über Wasser. Sie sagen, dass ein kurzer Anstieg der Tarife zu Beginn dieses Jahres einige angeschlagene Unternehmen überzeugt haben könnte, in der Hoffnung auf eine baldige Erholung länger durchzuhalten. Einige Manager sind der Meinung, dass es immer noch Grund zur Hoffnung gibt.

USA / WIRTSCHAFT & POLITIK: VERSTÄRKTE PRÜFUNG VON AUSLANDSINVESTITIONEN

Das US-Finanzministerium hat laut Newsletter der Representative of German Industry & Trade (RGIT) eine Notice of Proposed Rulemaking (NPRM) veröffentlicht. Darin sollen das Verfahren des Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) verbessert und seine Sanktions- und Durchsetzungsbefugnisse vergrößert werden. Die neuen Regeln sollen die Prüfung ausländischer Käufer von US-amerikanischen Unternehmen verstärken, um die nationale Sicherheitsmission der Vereinigten Staaten mit ihrer offenen Investitionspolitik in Einklang zu bringen.

Die vorgeschlagene Regelung sieht vor, dass der Ausschuss mehr Informationen über Transaktionen anfordern kann, auch wenn die Unternehmen den Ausschuss nicht selbst über die Investition informiert haben. Die neue Vorschrift würde auch die Vorladungsbefugnis des Ausschusses auf Drittunternehmen ausweiten, die an einer Transaktion beteiligt sind.

Von „erforderlich“ zu „angemessen“

Nach der derzeitigen Regelung kann das CFIUS Informationen über eine Transaktion vorladen, wenn dies für „erforderlich“ befunden ist. Die vorgeschlagene Regelung würde dieses Kriterium lockern und es dem Ausschuss ermöglichen, Parteien vorzuladen, wenn „angemessen“. Die Strafen für die Nichteinhaltung der Vorschriften würden von derzeit 250.000 US-Dollar oder dem Wert der Transaktion auf 5 Mio US-Dollar oder den Wert der Transaktion deutlich erhöht.

Kommentare zu der vorgeschlagenen Regelung können 30 Tage lang nach der Veröffentlichung im Federal Register elektronisch über das eRulemaking-Portal der US-Regierung eingereicht werden.

Asien und Ozeanien

ASIEN-PAZIFIK / LOGISTIK: KÜHNE + NAGEL ÜBERNIMMT CITY ZONE EXPRESS

Der Logistikkonzern Kühne + Nagel will seine Präsenz im asiatischen Raum ausbauen und übernimmt den Dienstleister City Zone Express. Die Akquisition werde sich sofort ertragssteigernd auswirken und das Angebot des Unternehmens im Bereich der grenzüberschreitenden Straßenlogistik in Asien strategisch erweitern, erklärte Kühne + Nagel ohne Nennung finanzieller Einzelheiten. Zudem meldete der Schweizer Logistikkonzern einen Gewinnrückgang.

Im vierten Quartal sank der Nettogewinn auf 283 Mio Schweizer Franken von 494 Mio Franken im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz ging um 35% auf 5,69 Mrd Franken zurück. Für das Gesamtjahr wies der Konzern einen Nettogewinn von 1,46 Mrd Franken (Vorjahr: 2,81) bei einem Umsatz von 23,85 Mrd Franken (39,34 Mrd) aus.

City Zone Express mit Sitz in Malaysia ist eine Tochtergesellschaft der in Singapur notierten Chasen Holdings und ist in Malaysia, Singapur, Vietnam, Thailand und China tätig.

AUSTRALIEN / ZOLL: REGIERUNG SCHAFFT FAST 500 „NUISANCE TARIFFS“ AB

Die australische Regierung hat angekündigt, ab dem 1. Juli fast 500 sogenannte „nuisance tariffs“ abzuschaffen, um die Kosten für die Einfuhr von Waren aller Art – von Zahnbürsten bis zu Achterbahnen und Auto-Scootern – zu senken.

Durch das Aus der dieser Zollgruppe werden dem Staatshaushalt zwar jährlich 19,9 Mio US-Dollar an Einnahmen entgehen, die Regierung rechnet im Gegenzug aber mit einer Steigerung des Handels von jährlich 5,6 Mrd Dollar durch vereinfachte Prozesse.

Die australischen Arbeitnehmer und Unternehmen sind durch die Änderung kaum betroffen und müssen sich dennoch durch die damit verbundene Bürokratie kämpfen und die Kosten für die Einhaltung der Zollbestimmungen tragen, so der australische Schatzmeister Jim Chalmers in einer Erklärung. Durch die Änderungen würden 14% der australischen Gesamtzölle abgeschafft, fügte er hinzu.

Einige der zu streichenden „lästigen“ Zölle betreffen importierte Produkte wie Waschmaschinen, Reifen für landwirtschaftliche Fahrzeuge, Zahnbürsten und Essstäbchen aus Bambus.

CHINA / RECHT: BEITRITT ZUM APOSTILLE-ÜBEREINKOMMEN

China ist mit Wirkung zum 7. November 2023 offiziell dem Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5. Oktober 1961, dem sogenannten Apostille-Übereinkommen, beigetreten. Mit dessen Einführung ist die Volksrepublik nun das 125. Land, das dieses Verfahren übernimmt.

Obwohl China bereits seit 1987 Mitglied der Haager Konferenz ist, hatte es das Apostille-Übereinkommen nicht ratifiziert und galt in dieser Zeit als das größte Land der Welt ohne ein vereinfachtes Verfahren zur Legalisierung von Dokumenten. Dies wog besonders schwer, als der Wirtschaftsverkehr mit dem Reich der Mitte in den letzten beiden Jahrzehnten überproportional zugenommen hat. Zukünftig werden Zeit und Kosten für die internationale Übermittlung und Beglaubigung von öffentlichen Urkunden im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsverkehr mit China deutlich reduziert.

Weniger bürokratisches Hin und Her

Für die Verwendung offizieller deutscher Dokumente in der Volksrepublik, etwa bei der Gründung einer Tochtergesellschaft oder der Einreichung einer Klage vor chinesischen Gerichten, war es bisher notwendig, die erforderlichen Unterlagen aus Deutschland zunächst auch dort beglaubigen zu lassen. In einem zweiten Schritt war eine Legalisierung bei einem chinesischen Konsulat oder der Botschaft in der Bundesrepublik erforderlich. Dies führte häufig dazu, dass ein deutsches Dokument zuerst notariell beglaubigt werden musste.
Anschließend war es von einer weiteren deutschen Behörde oder dem Bundesamt für auswärtige Angelegenheiten erneut zu beglaubigen („Überbeglaubigung“). Danach schloss sich die Endlegalisierung beim chinesischen Konsulat oder der Botschaft an, bevor das Dokument von den dortigen Behörden anerkannt wurde. Gleichermaßen bedurften chinesische Urkunden zur Anerkennung in anderen Staaten der Legalisierung ausländischer Behörden, um in dem jeweiligen Mitgliedsstaat des Abkommens anerkannt zu werden.
Dieses Verfahren erwies sich aber nicht nur als sehr zeitaufwändig, sondern verursachte auch erhebliche Kosten. In einigen Konsulaten war es beispielsweise nicht gestattet, die zu legalisierenden Unterlagen auf dem Postweg einzureichen – stattdessen war eine persönliche Antragstellung vor Ort zwingend erforderlich. In der Praxis führte dies häufig dazu, dass Dienstleistungsunternehmen beauftragt werden mussten, die die Antragstellung beim Konsulat übernahmen.

Beglaubigung für Dokumente zur Nutzung im Ausland

Das Apostille-Übereinkommen ist ein internationales Abkommen mehrerer Staaten, das das Verfahren zur Beglaubigung eines in einem Land ausgestellten öffentlichen Dokuments für rechtliche Zwecke in einem anderen Mitgliedsland vereinfacht. Es erlaubt so den Mitgliedern, die Echtheit von öffentlichen Urkunden zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat zu beglaubigen. Dies erfolgt, indem das Dokument im ausgestellten Land mit einer Apostille versehen wird.

Diese können dann im Ausland der anderen Vertragspartei vorgelegt werden. Das Verfahren der Apostillierung ersetzt somit das traditionelle und umständliche Legalisierungsverfahren durch Behörden des Mitgliedstaats, in dem die öffentliche Urkunde verwendet werden soll. Behörden dürfen die Echtheit der mit einer Apostille versehenen Urkunde nicht anzweifeln.

Durch seinen Beitritt erklärt sich China bereit, die Nutzung öffentlicher Urkunden aus anderen Ländern zu vereinfachen. Zu diesen Dokumenten gehören unter anderem Geburtsurkunden, Zeugnisse über Berufsabschlüsse, Handelsregisterauszüge, Notarurkunden sowie andere Verwaltungsunterlagen. Denn das Apostille-Abkommen bezieht sich nur auf öffentliche Urkunden, also solche, die von einer Behörde des Mitgliedstaats im Rahmen ihrer Amtsbefugnisse ausgegeben werden.

Diese Änderung wird es für ausländische Unternehmen wesentlich einfacher machen, in und mit China Geschäfte zu tätigen, da derzeit für viele Vorgänge notariell beglaubigte Dokumente aus dem Herkunftsland in der Volksrepublik benötigt werden. Dies ist insbesondere bei einer dortigen Unternehmensgründung oder der Durchführung von Rechtsstreitigkeiten vor Ort von Bedeutung. Die Nutzung einer Apostille wird den Zeit- und Kostenaufwand erheblich reduzieren.

Gleichermaßen ist es chinesischen Unternehmen nun erlaubt, ihre öffentlichen Urkunden unter Verwendung einer Apostille gegenüber Marktteilnehmern aus anderen Mitgliedsstaaten zu nutzen und stellt sich für diese somit auch als erheblicher Erleichterung dar. Bisher musste ein Unternehmen zum Nachweis der Existenz und der Vertretungsbefugnis seiner Direktoren, die im inländischen Rechtsverkehr üblicherweise genutzte Business License beglaubigen und legalisieren lassen, um sie gegenüber Behörden und Vertragspartnern in anderen Staaten zu nutzen. Dies ist jetzt durch die Beifügung einer Apostille erleichtert worden.

Damit sorgt der Beitritt Beijings für eine erhebliche Vereinfachung im deutsch-chinesischen Wirtschaftsverkehr. Die bei der Entsendung von Mitarbeitern erforderlichen Dokumente können ebenfalls durch eine Apostille beglaubigt werden.

Zu beachten ist jedoch, dass die anderen Mitgliedsstaaten eine sechsmonatige Einspruchsfrist haben. Sollte von Mitgliedsstaaten Einspruch erhoben werden, würde dies den Beitritt Chinas zum Apostille-Übereinkommen jedoch nicht verhindern. Vielmehr würde dies nur bedeuten, dass das Übereinkommen zwischen dem Staat, der Einspruch eingelegt hat, und der Volksrepublik nicht gelten wird. Es ist aber nicht zu erwarten, dass westliche Industriestaaten dem Beitritt widersprechen.

CHINA / WIRTSCHAFT & POLITIK: GESETZ ERHÖHT GESCHÄFTSRISIKEN AUSLÄNDISCHER FIRMEN

Beijing hat am Dienstag sein Gesetz über Staatsgeheimnisse überarbeitet, um auch sensible Informationen zu erfassen, die bisher nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes fielen. Ausländische Unternehmen zeigen sich besorgt, dass dieser Schritt die Risiken einer Geschäftstätigkeit im Land verstärken könnte. 2023 wurde bereits ein strenges Informationssicherheitsgesetz verabschiedet und ein Gesetz gegen Spionage umgeschrieben, um den Umfang der staatlichen Informationskontrolle zu erweitern.

Während Xi die Regeln für die nationale Sicherheit verschärft, berichten amerikanische Unternehmen von einem schwindenden Vertrauen in ihre Geschäftstätigkeit im Reich der Mitte und verweisen auf die sich verlangsamende Wirtschaft und ein rechtliches Umfeld, das sie als zunehmend feindselig empfinden. China ist gegen Due-Diligence-Firmen vorgegangen, hat Razzien und rechtliche Überprüfungen internationaler Unternehmen eingeleitet und einige ausländische Führungskräfte inhaftiert oder in einigen Fällen daran gehindert, das Festland zu verlassen.

Eine Bestimmung des überarbeiteten Gesetzes führt „Arbeitsgeheimnisse“ in Regierungs- und Parteiorganen ein, die zwar nicht als Staatsgeheimnisse gelten, aber „bestimmte nachteilige Auswirkungen haben könnten, wenn sie durchsickern“, womit eine potenziell breite neue Kategorie eingeschränkter Informationen eingeführt wird. Über die Definition der Durchführungsbestimmungen für „Arbeitsgeheimnisse“ besteht aber noch wenig Klarheit. Das neue Gesetz tritt am 1. Mai in Kraft.

INDONESIEN / ERNEUERBARE ENERGIEN: JETP SOLL INVESTOREN LOCKEN

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit finanziert in Indonesien seit vielen Jahren grüne Projekte. Allerdings ist der Archipel ein schwieriger Partner. Ausufernde Bürokratie, unklare Kompetenzen und hohe Local-Content-Anforderungen verzögern Projekte oder lassen sie ganz scheitern. Hoffnung auf Besserung ruht nun auf der Just Energy Transition Partnership (JETP), die beim G20-Gipfel auf Bali im November 2022 vereinbart wurde.

JETP ist ein Abkommen zwischen Indonesien und Geberländern, darunter Deutschland, zur Dekarbonisierung des Stromsektors. Dafür werden Hilfen von 11,6 Mrd US-Dollar, vor allem in Form von zinsgünstigen Krediten, zur Verfügung gestellt. Beteiligte Entwicklungsbanken berichten, dass JETP den Zugang zu indonesischen Entscheidungsträgern erleichtert und Synergien schaffe.

Deutschland stellt hierfür Mittel auch in Form von reinen Zuschüssen zur Verfügung, zum Beispiel für technische Beratung oder in Form von Zinssubventionen. Letztere können durch Zuschussmittel über die Kreditanstalt für Wiederaufbau ergänzt werden. Die Kfw hat zusammen mit indonesischen Partnern eine Projekt-Pipeline identifiziert, die über die bisherigen JETP-Zusagen hinausgeht.

Ein Beispiel für ein vor JETP geplantes Vorhaben, das nun Teil der Partnerschaft geworden ist, ist der sogenannte Green Energy Corridor Sulawesi (GECS). Es hat einen Gesamtumfang von 600 Mio Dollar, Deutschland gibt über die KfW ein Darlehen von 324,3 Mio. Der GECS soll den staatlichen indonesischen Energieversorger Perusahaan Listrik Negara (PLN) dabei unterstützen, grünen Strom in die Verbrauchszentren rund um die Städte Palopo im Nordosten und Makassar im Süden der Provinz Südsulawesi zu transportieren. Dafür soll eine 275 Kilovolt-Übertragungsleitung von mehreren 100 km verlegt werden.

PLN ist Monopolist im Übertragungsbereich und damit Auftraggeber und Projektdurchführer. Weitere Finanzierer neben der KfW werden vom Unternehmen derzeit geprüft. Die erste Ausschreibung für die Implementierungsberatung soll es im zweiten Halbjahr 2024 geben.

In Indonesien müssen viele Übertragungsnetze ausgebaut werden, da sich der Strombedarf seit der Jahrtausendwende mehr als verdreifacht hat. Der boomende Nickelabbau und dessen Verarbeitung lässt den Bedarf auf Sulawesi besonders stark steigen.

Die Wirtschaft der Provinz Zentralsulawesi mit dem Indonesia Morowali Industrial Park wächst jährlich um mehr als 10%. Dort, wie praktisch überall in Indonesien, ist Kohle der mit Abstand wichtigste Energieträger. Mit ihr befeuern die Unternehmen vielfach auch eigene Off-Grid-Kraftwerke, sogenannte Captive Powerplants.

Der GECS zeigt das deutsche Engagement in der Infrastrukturfinanzierung im Energiesektor in Indonesien. Andere Geldgeber haben sich hingegen wegen der restriktiven Local-Content-Regulierung weitgehend aus diesem Bereich zurückgezogen oder nutzen indirekte Finanzierungsmodelle wie etwa die ergebnisbasierte Finanzierung.

Große Maschinen werden meist Importiert

Ein Beispiel für eine ergebnisbasierte Finanzierung mit deutscher Beteiligung ist das JETP-Großprojekt Accelerating Indonesia‘s Clean Energy Transition. Es befindet sich noch in den Verhandlungen und soll einen Gesamtumfang von 4 Mrd Dollar betragen. Deutschland gibt 324,3 Mio Dollar. Das Projekt beinhaltet den Bau von Übertragungsleitungen und von Solar- und Windkraftwerken mit einer Kapazität von insgesamt 3,5 GW, vorwiegend auf Sulawesi, Sumatra und Java.

Der Bau von Stromübertragungsleitungen ist in Indonesien leichter umzusetzen als der von regenerativen Kraftwerken, da die Local-Content-Anforderungen einfacher zu erfüllen sind, auch wenn sie bei 80% liegen. Denn Kabel und Masten stammen aus lokaler Produktion. Importiert werden müssen größere elektrotechnische Geräte.

Allerdings ist der notwendige Importanteil vielfach deutlich höher. Zudem müssen die privaten Kraftwerksbetreiber vor Baubeginn die Abnahmetarife mit PLN verhandeln. Das hochverschuldete Staatsunternehmen gilt aber als schwieriger Verhandlungspartner, denn es muss diesen den Strom in großem Umfang unter dem Erzeugerpreis der eigenen Kraftwerke verkaufen.

KAMBODSCHA / TOURISMUS: MEHR ALS ANGKOR WAT

Vor der Pandemie sorgten Reisende aus China für einen Einnahmeboom. Sie stellten damals die mit Abstand größte Gruppe unter den Einreisenden. Von Januar bis November 2023 kam jedoch nur noch jeder zehnte Gast aus der Volksrepublik. Mehr als die Hälfte der insgesamt 4,9 Mio Touristen, die in diesem Zeitraum einreisten, stammten aus den Nachbarländern Thailand (34%) und Vietnam (19%).

Damit wieder mehr Reisende aus dem Reich der Mitte kommen, hat das Tourismusministerium im Jahr 2023 die Strategie „China Ready“ aufgelegt. Hotellerie und Reisebüros sollen ihre Angebote an den Geschmack der Chinesen anpassen und ihre Mitarbeitenden Mandarin lernen. Die Betriebe können sich dann vom Ministerium als „China Ready“ zertifizieren lassen.

Die Organisation Weltwirtschaftsforum stuft die Wettbewerbsfähigkeit des kambodschanischen Tourismussektors in ihrer Studie „Travel and Tourism Competitiveness Report 2021“ auf Rang 79 von 117 Staaten ein. Der Standort hat sich gegenüber 2019 um drei Positionen verbessert. Günstige Preise, gute Sicherheit und digitale Angebote werden in der Studie positiv bewertet. Unterdurchschnittlich fallen hingegen Bewertungen für die Infrastruktur aus.

Im Jahr 2021 gab es in Kambodscha laut dem Tourismusministerium 856 Hotels mit 46.363 Zimmern. Rund 40% befinden sich in der Hauptstadt Phnom Penh und circa 20% in Siem Reap. Die Beratungsfirma Knight Frank berichtet, dass in Sihanoukville im Süden des Landes zwischen 2023 und 2025 insgesamt 45 neue Hotels mit knapp 11.000 Zimmern entstehen sollen. Sie würden das bisherige Angebot verdoppeln. Die meisten Immobilieninvestoren stammen aus China.

Auch in der Hauptstadt sollten der Immobilienagentur CBRE zufolge im Jahr 2023 rund 1.500 Zimmer in neuen Hotels der Vier- und Fünf-Sterne-Kategorie hinzukommen. Im gehobenen Gastgewerbe gebe es aber Probleme, genügend ausgebildetes Personal zu finden.

Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Hotel- und Gaststättengewerbe investieren vorsichtiger. Die staatliche Förderbank Small and Medium Enterprise Bank of Cambodia hat im Mai 2022 ein Budget von 150 Mio US-Dollar für Förderkredite im Tourismusbereich aufgelegt. Bis Mai 2023 wurden jedoch nur rund 50 Mio Dollar von KMU abgerufen.

Luftverkehr in ausländischen Händen

Im Jahr 2023 steuern 27 Fluggesellschaften und Schätzungen nach 4,6 Mio Passagiere das Land an, deutlich weniger als vor der Pandemie (45 Airlines und 10 Mio Fluggäste 2019). Die heimischen Airlines Cambodia Angkor Air, Sky Angkor Airlines und Lanmei Airlines bedienen nur kurze In- und Auslandsstrecken. Sie betrieben 2023 insgesamt 13 Passagierflugzeuge.

Die Hälfte der ausländischen Touristen reist wegen Angkor Wat in das Königreich. Die UNESCO hat den archäologischen Park Angkor 1992 als Weltkulturerbe ausgezeichnet. Im Jahr 2023 wurden rund 1 Mio Besucher erwartet, 2019 waren es circa 2,2 Mio. Die berühmte Tempelanlage liegt vor den Toren der Stadt Siem Reap. Bis 2025 sollen dort drei neue Luxusunterkünfte öffnen.

Touristen verbrachten 2019 durchschnittlich 6 Tage in Kambodscha und gaben ungefähr 96 Dollar pro Tag aus. Das Tourismusministerium möchte, dass ausländische Reisende auch den Rest des Landes erkunden und ihren Aufenthalt verlängern. Nahe Sihanoukville ist die neue Stadt Ream City geplant mit Attraktionen wie einem Golfplatz oder einem Freizeitpark.

Ein weiteres Standbein des Tourismus ist das Glücksspiel. Nur Personen mit einem ausländischen Pass dürfen Casinos betreten. Im Jahr 2020 waren 193 Casinos von der zuständigen Glücksspielkommission registriert. Die Regierung verordnete 2022 ein strengeres Vorgehen gegen illegale Spielhallen und verabschiedete neue Richtlinien für Casinobetriebe und erhöhte die Anforderungen an deren Mindestkapital.

SINGAPUR / LOGISTIK: PSA SINGAPUR ERWEITERT JURONG ISLAND TERMINAL

PSA Singapur (PSA) hat eine strategische Erweiterung seines Jurong Island Terminals (JIT) angekündigt, wie „Hellenic Shipping News“ berichtet. Damit will der Betreiber der wachsenden Nachfrage der auf Jurong Island ansässigen Industrie nach nachhaltigen, effizienten und widerstandsfähigen Lieferkettenlösungen gerecht werden.

Das an der nordwestlichen Strandpromenade von Jurong Island gelegene JIT bietet zweimal täglich Frachtkahnfahrten an, die die Empfänger der Waren (Beneficial Cargo Owner, BCOs) auf Jurong Island mit den PSA-Hauptumschlagplätzen Tuas, Pasir Panjang und Brani verbinden, von wo aus die Güter auf die globalen Märkte gelangen. Jurong Island ist die Drehscheibe der Energie- und Chemieindustrie in Singapur. Das von der zuständigen Behörde Jurong Town Corporation (JTC) verwaltete Gelände ist 3.000 ha groß und beherbergt mehr als 100 weltweit tätige Unternehmen, die in den Bereichen Raffinerie, Chemie oder Produktion von Olefin tätig sind.

Während Rohstoffe und Fertigprodukte auch per Straße nach Jurong Island transportiert werden können, sei der Transport per Binnenschiff dem Betreiber zufolge weniger arbeitsintensiv und verursache rund 30% weniger CO₂-Emissionen.

Umschlag von 300.000 TEU erwartet

Die Nachfrage nach dem Gütertransport per Schiff ist in den letzten Jahren stetig gestiegen, wobei das umgeschlagene Volumen des Jurong Terminals im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 13% auf rekordhohe 149.000 TEU angestiegen ist.

In Partnerschaft mit JTC wird PSA JIT ausbauen, um die jährliche Umschlagskapazität auf 300.000 TEU zu erhöhen und so die prognostizierte Nachfrage zu decken. Außerdem werden neue Anlagen für den Umschlag von Fracht und Gefahrgütern entwickelt, um das wachsende Angebot an physischen und digitalen Lösungen von PSA zu ergänzen. Diese sollen BCOs dabei helfen sollen, ihre Bestände und Lieferketten effizienter zu verwalten.

Der Ausbau des Terminals soll bis 2025 abgeschlossen sein. Zudem soll damit laut der Stadtplanungsbehörde JTC auch die Umwandlung von Jurong Island in einen nachhaltigen Energie- und Chemiepark im Einklang mit dem Singapore Green Plan 2030 unterstützt werden.

SÜDOSTASIEN / KONJUNKTUR: INDONESIEN UND DIE PHILIPPINEN SIND DIE WACHSTUMSPOLE

Mit Blick auf das laufende Jahr werden Länder und Sektoren für Anleger interessant sein, die entweder durch lokale makroökonomische Stärke oder durch globale Exporte überzeugen. Dazu gehören zum Beispiel die binnenorientierte Märkte Indonesien und die Philippinen, die von einer Verlangsamung des globalen Wachstums weniger betroffen sein dürften.

Zu den bedeutenden Entwicklungen in Indonesien gehören der Aufstieg des Landes zu einem führenden Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge und der bevorstehende Umzug in eine neue Hauptstadt. Bei den Philippinen sind es günstige Bewertungen und ein hohes Wirtschaftswachstumsprofil im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern.

Das indonesische Wirtschaftswachstum sollte bis 2024 konstant bei etwa 5% liegen und damit die meisten Industrieländer übertreffen. Zu Beginn des Jahres richteten sich alle Augen auf die Präsidentschaftswahlen. Das Ergebnis hat den Markt mit dem Sieg der Prabowo-Gibran-Kandidaten positiv überrascht. Die Prabowo-Gibran-Partei lag in den Umfragen vor der Wahl in Führung und profitierte vom Rückenwind des amtierenden Präsidenten Joko Widodo. Aufgrund des Ergebnisses könnte die Kontinuität der Politik die Unternehmen dazu ermutigen, sich wieder auf ihre Investitionspläne zu konzentrieren. Entwicklungen wie der Aufstieg in der Wertschöpfungskette des verarbeitenden Gewerbes, die Positionierung Indonesiens als führender Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge und der Umzug in die neue Hauptstadt Nusantara dürften sich fortsetzen.

Die Idee einer neuen Hauptstadt gab es schon seit der Unabhängigkeit, als Präsident Soekarno (1945 bis 1967) plante, die Hauptstadt nach Palangkaraya in Kalimantan zu verlegen. Auch Präsident Yudhoyono (2004 bis 2014) brachte die Idee ins Spiel. Der Umzug wurde schließlich unter der Regierung von Präsident Jokowi beschlossen. Hauptgründe sind die Überbevölkerung sowie die Verkehrsüberlastung. Jakarta ist eine der am dichtesten besiedelten Städte der Welt, in der mehr als 10 Mio Menschen leben, und Prognosen zufolge wird die Bevölkerungszahl bis 2030 auf über 35 Mio ansteigen. Die Nationale Entwicklungsplanungsbehörde schätzt zudem, dass Verkehrsstaus in Jakarta im Jahr 2017, dem letzten Jahr, für das Daten vorliegen, wirtschaftliche Verluste in Höhe von rund 4,7 Mrd US-Dollar verursacht haben. Nusantara soll 2045 fertiggestellt werden und 35 Mrd Dollar kosten, wobei der Staat 20% der Kosten trägt und der Rest durch PPP-Projekte und private Investitionen finanziert wird.

Auf den Philippinen sind die zinssensitiven Sektoren Banken und Immobilien gut aufgestellt. Das Kreditwachstum sollte sich angesichts der bis 2024 sinkenden Zinssätze beschleunigen und die Gesamtrentabilität trotz des Drucks auf die Nettozinsmargen verbessern. Im Immobiliensektor gibt es Unternehmen, die ihre Grundstücke schrittweise in ertragsfähige Vermögenswerte umwandeln und deren Büroimmobilienportfolios nicht zu stark auf das Business Process Outsourcing ausgerichtet sind.

SÜDKOREA / INTERNETDIENSTLEISTUNGEN: KONKURRENZ IN DEN STARTLÖCHERN

Der Überlebenskampf in der asiatischen E-Commerce-Branche hat bereits einige bekannte Namen wie Temu hervorgebracht. Als Nächstes könnte der koreanische Marktführer Coupang an der Reihe sein.

Rasch wachsende Größe, ehrgeizige Investitionen in die Logistik und die hohe Bevölkerungsdichte Südkoreas geben dem Unternehmen viel Rückenwind. Und wecken Coupangs Ambitionen, das koreanische Amazon und vielleicht sogar eine Wachstumssensation wie Temu zu werden. Doch zunächst muss es sich gegen die Konkurrenz durchsetzen – einschließlich Temu, das ebenfalls mit der Expansion in Korea begonnen hat.

Die von SoftBank unterstützten Aktien von Coupang, die in New York notiert sind, sind um 15% gestiegen, nachdem das Unternehmen seinen ersten jährlichen Betriebsgewinn bekannt gegeben hat: 473 Mio US-Dollar im Jahr 2023. Noch vor fünf Jahren war das ein Verlust von 1 Mrd Dollar.

Der mit dem Wachstum einhergehende größere Umfang hat wahrscheinlich zur Verbesserung der Gewinnspannen beigetragen: Der Nettoumsatz für das Quartal stieg im Vergleich zum Vorjahr um 23%, während die Zahl der aktiven Kunden um 16% auf 21 Mio anstieg – das entspricht fast der Hälfte der Bevölkerung Südkoreas. Der Umsatz hat sich in den letzten drei Jahren verdoppelt.

Vorsprung in der Logistik

Coupang hat in der Tat eine Seite aus dem Spielbuch von Amazon übernommen: Es investiert viel, um seine Logistikinfrastruktur auszubauen und eine schnellere Lieferung zu ermöglichen. Coupang hat den zusätzlichen Vorteil einer hohen Bevölkerungsdichte des Landes – etwa die Hälfte der 52 Mio Einwohner lebt im Großraum Seoul. Das Unternehmen bietet auch einen Abo-Service nach dem Vorbild von Amazon Prime namens Wow an, der Vergünstigungen wie kostenlosen Versand bietet. Ende letzten Jahres gab es 14 Mio Wow-Mitglieder, 27% mehr als im Jahr zuvor.

Coupang steht jedoch noch vor einigen langfristigen Herausforderungen.

Der Wettbewerb ist intensiv. Und neue Konkurrenten aus China drängen nach Korea, darunter Alibaba und Temu. Der südkoreanische E-Commerce-Markt ist immer noch zersplittert: Coupang ist zwar Marktführer, kontrolliert aber nur etwa ein Viertel des Marktes und liegt damit knapp vor dem koreanischen Internetriesen Naver.

Und die chinesischen Akteure expandieren schnell. Temu zum Beispiel hatte im Januar bereits 5,7 Mio monatlich aktive Nutzer in Korea, ein Anstieg von 28% gegenüber dem Vormonat, so Bernstein. Das chinesische Unternehmen ist erst seit Juli letzten Jahres auf dem Markt. AliExpress, der internationale Zweig von Alibaba, hatte laut Citi im Dezember 9,5 Mio monatlich aktive Nutzer, doppelt so viele wie ein Jahr zuvor. AliExpress ist seit 2018 in Korea vertreten. Die beiden Akteure haben immer noch einen Marktanteil von weniger als 2%, aber ihr schnelles Wachstum könnte das schnell ändern.

Expansionspläne nach Taiwan

Ein weiteres Risiko ist die Expansionsstrategie von Coupang. Das Unternehmen hat Taiwan aufgrund der Nähe und Ähnlichkeit zum koreanischen Markt ins Visier genommen. Dies könnte jedoch hohe Investitionen und zusätzliche Konkurrenten mit sich bringen, darunter Shopee, das bereits eine große Präsenz im nahen Südostasien hat. Coupang versucht auch, sein Produktportfolio zu erweitern, indem es die britische Online-Luxusplattform Farfetch für 500 Mio Dollar erwirbt. Wie sich diese neuen Unternehmungen entwickeln werden, ist noch ungewiss.

SÜDKOREA / LOGISTIK: ENGPÄSSE BEI VERSCHIFFUNG BREMSEN AUTO-EXPORTBOOM

Südkoreanische Automobilhersteller haben Schwierigkeiten, ihre Exportdynamik aufrechtzuerhalten, da es aufgrund des zunehmenden Volumens chinesischer Pkw-Exporte und strenger Umweltvorschriften für den Seeverkehr an Transportschiffen für Fahrzeuge mangelt. Dieses Szenario hat zu einem beispiellosen Anstieg der Kosten für das Chartern von solchen Frachtschiffen geführt, wie „The Korea Herald“ berichtet.

Im vergangenen Jahr überstieg die Autoproduktion in Südkorea zum ersten Mal seit fünf Jahren die Marke von 4 Mio Einheiten, wobei die Ausfuhren einen Rekordwert von 70,9 Mrd US-Dollar erreichten und als wichtigstes Exportgut des Landes zu einem Handelsüberschuss von 55 Mrd Dollar beitrugen.

Hyundai Motor und Kia, die beiden größten Automobilhersteller Koreas, sind trotz ihrer langfristigen Verträge mit dem Tochterunternehmen Hyundai Glovis, das eine Flotte von 72 reinen Pkw- und Lkw-Transportern (PCTCs) betreibt, von der Frachtführerknappheit besonders betroffen. Die Produzenten sind seit Ende letzten Jahres dazu übergegangen, ihre Exporte mit Container-Schiffen zu transportieren – eine nicht gerade ideale Methode, die auch Renault Korea und KG Mobility Anfang letzten Jahres gewählt haben.

Daten von Clarkson Research, einem führenden Analyseunternehmen im Bereich Schifffahrt und Handel, zeigen, dass die durchschnittlichen täglichen Kosten für das Chartern eines Schiffes, das 6.500 Pkw-Äquivalente transportieren kann, in den ersten Monaten dieses Jahres auf rund 115.000 Dollar gestiegen sind. Diese Zahl stellt eine Steigerung um 59% gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt von 72.167 Dollar dar und bedeutet eine fast zehnfache Erhöhung gegenüber der Rate von 12.625 Dollar im Jahr 2021 und eine Verfünffachung gegenüber dem Durchschnitt von 2022, womit ein neuer Branchenmaßstab gesetzt wird.

Die Inflation der Charterraten lässt sich auf eine Kombination von Faktoren zurückführen. Die weltweite Flotte von Autotransportern ist seit 2019 von 770 auf etwa 750 geschrumpft, was zum Teil auf die Ausmusterung von 49 Schiffen zurückzuführen ist, die die neuen, von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) festgelegten Standards für den Energieeffizienzindex und den Kohlenstoffintensitätsindex nicht erfüllen.

Darüber hinaus hat Chinas anhaltende Dominanz als weltgrößter Fahrzeugexporteur die Nachfrage nach den speziellen Frachtschiffen deutlich in die Höhe getrieben, wobei sich das Seefrachtvolumen von rund 600.000 Einheiten im Jahr 2020 auf 3 Mio im vergangenen Jahr verfünffacht hat.

Erschwerend kommt die Ineffizienz der chinesischen Werften hinzu, die trotz der Bestellungen von 188 neuen Schiffen zur Aufstockung der alternden Flotte seit 2012 nur 15 Autotransporter fertiggestellt haben. Ein Trend, der die Lieferkette weiter belasten dürfte.

HMM, Koreas führende Reederei, kehrt nach zwei Jahrzehnten Pause auf den Markt für Autotransporter zurück und plant den Bau von sieben neuen Schiffen. Diese sollen zum ersten Quartal 2026 ausgeliefert werden, geleast und betrieben werden sie dann von Hyundai Glovis.

TAIWAN / TRANSPORT: E-BIKES AUF DER ÜBERHOLSPUR

Taiwan ist zwar weltweit gesehen nicht das größte Erzeugerland für Fahrräder, gehört aber zu den wichtigsten Akteuren im globalen Zweiradmarkt. Die Bedeutung als eine Drehscheibe der internationalen Fahrradbranche dürfte weiter wachsen, auch wenn sich 2024 noch keine hohe Wachstumsdynamik entwickeln wird.

Lieferengpässe und eine allgemeine Konsumzurückhaltung in wichtigen europäischen Absatzmärkten könnten den Aufschwung 2024 erneut bremsen. So fällt die wichtigste Transportroute zwischen Asien und Europa über den Suezkanal in den ersten Monaten 2024 konfliktbedingt aus. Nach dem Rekordjahr 2022 war bereits 2023 für die Fahrradindustrie weltweit ein deutlich schwierigeres Jahr mit hohen Lagerbeständen, Lieferkettenproblemen und steigenden Teile- und Produktionskosten.

Allen konjunkturellen Schwankungen der vergangenen Jahre zum Trotz sieht sich die Branche in Taiwan gut aufgestellt. Die Wertschöpfungskette ist komplett vorhanden, um alle möglichen Arten von Fahrrädern und Fahrradteilen zu fertigen, wie die beiden Branchenverbände Taiwan Bicycle Association und Taiwan Smart Electric Bicycle Association betonen: Nicht zuletzt auch, weil die Firmen auf der Insel in Forschung und Entwicklung investieren. Mehr als 800 Unternehmen produzieren dort Ketten, Sattel, Leuchten und andere Teile bis hin zu Kompletträdern.

Darunter befinden sich auch deutsche Firmen. So hat etwa Magura, der Hersteller von Federgabeln und Bremsen, bereits 2002 eine Niederlassung und Produktion in Taiwan aufgebaut. Pinion, ein deutscher Spezialist für Schaltungen, produziert dort Teile, und Bosch eBike Systems hat seine Asien-Pazifik-Zentrale für Antriebslösungen in Taichung, dem Fahrradcluster der Insel, eingerichtet.
Auch der US-amerikanische Fahrradteileanbieter SRAM nutzt Taichung seit drei Jahrzehnten als Produktionsstandort in Asien. Um seine bislang vier verstreuten Betriebsstätten zu konzentrieren und modernisieren, hat SRAM im Jahr 2023 umgerechnet rund 320 Mio US-Dollar in ein neues Werk investiert. Es soll im Jahr 2024 in der Nähe von Taichung in Betrieb gehen.

Immer öfter Strom statt Muskelkraft

Die Fahrradindustrie in Taiwan baut vor allem den Sektor E-Bikes aus. Sie liefert komplette Elektrofahrräder hauptsächlich nach Europa und in die USA. In Europa waren 2023 die Niederlande (408 Mio Dollar), Deutschland (85 Mio) und Großbritannien (68 Mio) die größten Abnehmer von auf der Insel produzierten E-Bikes. Bei Fahrradteilen stellte Deutschland mit rund 378 Mio Dollar den weltweit größten Importeur dar.

Das E-Bike-Segment, noch vor zehn Jahren ein Nischenbereich, soll in den kommenden Jahren zulegen. Laut dem indischen Forschungsinstitut MarketsandMarkets wird der globale E-Bike-Markt von rund 49 Mrd Dollar im Jahr 2023 auf 62,3 Mrd Dollar in Jahr 2028 zulegen. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 4,9%. Die Prognose des kanadisch-indischen Marktforschungsunternehmens Precedence Research prognostiziert, dass der Absatz von E-Bikes von 40 Mio 2023 auf 130 Mio im Jahr 2030 zunimmt.

Hieran wollen Taiwans Branchenhersteller Teil haben. Bereits im Jahr 2022 ist die Anzahl der von der Insel exportierten elektrischen Fahrräder auf über 1 Mio Einheiten gestiegen und wuchs damit mehr als die Ausfuhr von mit reiner Muskelkraft betriebenen Zweirädern. Laut Branchenverband stieg der durchschnittliche Exportwert pro Fahrrad aus Taiwan 2023 gegenüber 2022 um 26% auf 1.045 Dollar. Bei elektrischen Fahrrädern legte der durchschnittliche Wert pro Einheit um knapp 18% auf 1.767 Dollar zu. Dabei lag der Durchschnittswert für E-Bikes mit Zielland Deutschland im Jahr 2023 bei 1.185 Dollar.

Als Absatzmarkt hat Taiwan nur geringe Bedeutung. Der Einfuhrwert belief sich in den drei Jahren 2021 bis 2023 grob auf jeweils 30 Mio Dollar. Taiwans Import von Fahrrädern aus Deutschland blieb mit 0,6 Mio Dollar im Jahr 2023 klein. Auch die Einfuhren von Fahrradteilen aus der Bundesrepublik waren mit rund 6 Mio Dollar im Vergleich zu den Gesamtimporten von 824 Mio Dollar nicht sehr umfangreich.

Hersteller weiten Produktion aus

Der Fokus auf die Herstellung höherwertiger Kompletträder und Rahmen auf Basis von Kohlenstofffasern und Alulegierungen geht weiter. Das dürfte dazu beigetragen haben, dass die Branche auch im schwierigen Jahr 2023 beim Produktionswert unter dem Strich auf Landeswährung eine positive Entwicklung verzeichnete.
Die Unternehmen Giant Manufacturing und Merida Industry, beide mittlerweile mehr als 50 Jahre aktiv, sind die größten Hersteller in Taiwan. Allein Giant stellt mehr Fahrräder her als die gesamte deutsche Branche, die laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) mit ihren in- und ausländischen Produktionsstätten im Jahr 2022 auf knapp 3,4 Mio Einheiten kam.

Dabei ist Giant mit einer Erzeugungskapazität von über 6 Mio Einheiten das größere und bekanntere Fahrradunternehmen. Es produziert rund 0,9 Mio Fahrräder in seiner Fabrik in der Nähe von Taichung. Wie sich anhand von Presseberichten errechnen lässt, fertigt das Unternehmen zudem mindestens 3,5 Mio Einheiten in vier Produktionsstätten in China. Hinzu kommen weitere etwa 1 Mio Zweiräder in Vietnam.

Merida, mit Sitz in der Nähe von Changhua, verfügt laut Geschäftsbericht über eine Kapazität von 1,94 Mio Einheiten. Davon ist etwa die Hälfte in Taiwan angesiedelt. Den Rest fertigt Merida in China. Rund 50% der Produktion verkauft der Konzern nach Europa und 30% in die USA.

VIETNAM / KONJUNKTUR: VIER BRANCHEN MIT WACHSTUMSPOTENZIAL

Aufgrund günstiger Lohnkosten und einem Freihandelsabkommen mit der EU ist Vietnam in Deutschland vor allem als Investitions- und Sourcingstandort bekannt. Das Land bietet deutschen Firmen aber gute Absatz- und Projektchancen, besonders in Infrastruktur, Kreislaufwirtschaft, Gesundheit und erneuerbare Energien.

Bisher behindern überlastete Straßen die wirtschaftliche Entwicklung. 2023 wurde das Autobahnnetz auf 1.900 km ausgeweitet, bis 2025 sollen es 3.000 km sein. Für Ho-Chi-Minh-City wird ein neuer Flughafen gebaut, der alte erhält ein neues Terminal. Auch in Hanoi entsteht ein neues Airport-Terminal.

In die Bahninfrastruktur wurde in den vergangenen Jahren kaum investiert. Nach der Eröffnung einer ersten Linie 2023 soll 2024 aber ein Teilstück der Linie 3 in Hanoi in Betrieb gehen, und die Ausschreibung der Linie 5 steht an. Als Nächstes geht 2024 die Linie 1 in Ho-Chi-Minh-City in Betrieb, an Linie 2 wird weiter gebaut. Bis 2035 sollen beide Städte ihre Metroausbaupläne abgearbeitet haben, mit 10 Linien in Hanoi und 8 Linien plus drei Straßenbahnen in Ho-Chi-Minh-City. Der Zeitplan gilt als extrem ambitioniert, das Anfang 2024 verabschiedete neue Landgesetz könnte die Projektabwicklung aber beschleunigen. Es sieht ab 2026 jährlich Anpassungen der angelegten Preise vor, denn bisher hatte der Staat bei Enteignungen von Grundstücken deutlich unter Marktniveau entschädigt.

Auch das in den letzten Jahren stark vernachlässigte Eisenbahnnetz will die Regierung modernisieren und ausbauen. Im Mittelpunkt steht eine High-Speed-Strecke von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-City, die Finanzierung ist allerdings noch völlig offen.

Recycling-System gestartet

Die vietnamesische Regierung führte am 1. Januar 2024 ein System der erweiterten Herstellerverantwortung ein. Das heißt, Unternehmen, die bestimmte Produkte in Umlauf bringen, müssen Abgaben leisten oder das Recycling selbst organisieren. Das System wird in den kommenden Jahren ausgeweitet und die geforderten Recycling-Raten sollen alle drei Jahre steigen.

Allerdings fehlen noch Umsetzungsvorschriften. Auch wurde die Höhe der Abgaben noch nicht endgültig fixiert. In jedem Fall braucht es neue Recycling-Anlagen.

Neue Krankenhäuser im Bau

Die Regierung hat in den letzten Jahren eine Basiskrankenversicherung auf nahezu die gesamte Bevölkerung ausgeweitet. Ende 2023 umfasste sie etwa 95% der Bevölkerung – gegenüber 84% vor 5 Jahren.

Der Ausbau der öffentlichen Gesundheitsinfrastruktur hat aber nicht Schritt gehalten, weswegen viele Patienten, die es sich leisten können, auf den schnell wachsenden Privatsektor ausweichen. Nachdem Skandale in der Corona-Zeit staatliche Entscheidungen und Projekte gebremst hatten, investiert der Staat jetzt wieder stärker. Hanoi allein will bis 2025 vier neue Allgemeinkrankenhäuser eröffnen und in Ho-Chi-Minh-City befinden sich drei im Bau. Dadurch dürfte sich die Nachfrage nach Medizintechnik erhöhen.

Massiver Ausbau der Erneuerbaren

Vietnam will 2050 klimaneutral sein. Bis 2030 wird vor allem in neue Gaskraftwerke investiert, die Kohleverstromung wird nur noch geringfügig ausgebaut. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion sinkt zunächst, auch wenn die Windkraft zulegt. Denn die Stromerzeugung soll sich bis 2030 gegenüber dem Jahr 2022 verdoppeln. Nach 2030 werden die erneuerbaren Energien kräftig hochgefahren. Gleichzeitig will die Regierung die Kohle- und Gaskraft schrittweise durch die Verbrennung von Wasserstoff/Ammoniak und Offshore-Wind ersetzen.

Unklar ist noch, wie Vorhaben ausgewählt, finanziert und umgesetzt werden sollen. Auktionen waren einmal Teil der Diskussion, aber derzeit sieht es eher nach bilateralen Abnahmeverhandlungen mit dem staatlichen Stromkonzern Electricity Vietnam (EVN) aus. Mit derzeit üblichen Abnahmeverträgen von EVN wären Projekte aber nach Ansicht von Experten privat nicht zu finanzieren.

Europa

DEUTSCHLAND / AUSSENHANDEL: KOSTENERSPARNIS ZUNEHMEND GRUND FÜR AUSLANDSINVESTITIONEN

Sinkende Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland, aber auch eine schwache Konjunktur und geopolitische Risiken bestimmen nach einer neuen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) die Auslandsinvestitionen deutscher Industrieunternehmen. Auch eine zunehmende Zahl an Handelshemmnissen müssten die Unternehmen in ihre Standortentscheidungen einbeziehen.

Demnach wollten geringfügig mehr Firmen als im Vorjahr im Ausland investieren. Immer weiter in den Vordergrund dränge sich dabei statt der Expansion die Kosteneinsparung, so das Ergebnis einer Sonderauswertung der aktuellen DIHK-Konjunkturumfrage vom Jahresbeginn 2024.

„Die Erschließung neuer Märkte sorgt grundsätzlich für zusätzliche Impulse bei Investitionen und Beschäftigung im Inland. Über lange Jahre kommen und kamen Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen immer auch dem Standort Deutschland zugute“, sagte Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung, bei der Vorstellung der Sonderauswertung. „Doch das Blatt ist dabei, sich zu wenden: Immer mehr Betriebe investieren mittlerweile im Ausland, weil für sie der Standort Deutschland zu teuer und kompliziert ist. Die wandern auf Kosten des Standorts Deutschland ab.“

Von den Industrieunternehmen mit Investitionsplänen im Ausland nannten in der Erhebung, für die die DIHK die Investitionspläne von rund 1.900 deutschen Konzernen im Ausland analysiert hat, 35% „Kostenersparnis“ als Hauptmotiv. „Einen solch hohen Wert gab es zuletzt im Jahr 2008“, so Nothnagel. „Bei den kleineren Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten sei dieser Anteil mit 37% fast so hoch wie im Jahr 2004, als Deutschland der „kranke Mann Europas“ gewesen sei“, sagte Nothnagel.

Insgesamt wollten der Umfrage zufolge zu Jahresbeginn 2024 nur 42% der Industriebetriebe im Ausland investieren. Das sei zwar eine geringfügige Steigerung im Vergleich zum Vorjahr, allerdings habe der Anteil nur 2023 und 2009 niedriger gelegen als aktuell. Bei der Ausweitung ihrer bestehenden Auslandsinvestitionen hielten sich die Unternehmen ebenso zurück. Nur noch 30% nach 31 im Vorjahr wollten ihre Auslandsinvestitionsbudgets erhöhen. Hingegen sehe mit 23% fast jeder vierte Betrieb Kürzungen vor. „Die Investitionsbudgets insgesamt sind belastet. Hohe Kosten, strukturelle Unsicherheit durch die Geopolitik, Digitalisierung und Energiepreise hinterlassen ihre Spuren. Das schlägt auch auf das Auslandsengagement durch“, sagte Nothnagel.

In den Zielregionen der Auslandsinvestitionen zeige sich die anhaltende Diversifizierung und Neusortierung der Lieferketten. Der asiatisch-pazifische Raum ohne China gewinne weiter an Bedeutung. Knapp ein Drittel (32% nach 29) der Unternehmen mit Auslandsinvestitionen will laut der Umfrage dort investieren. In Nordamerika und China bleibe das Engagement im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert hoch. Die Eurozone bleibe zwar die wichtigste Zielregion für die deutschen Unternehmen, verliere aber etwas an Bedeutung, 65% wollten dort investieren, im Vorjahr seien es noch 71% gewesen.

DEUTSCHLAND / AUSSENHANDEL: REGIERUNG PLANT SCHNELLERE VERFAHREN ZUR EXPORTKONTROLLE

Das Bundeswirtschaftsministerium wird zusammen mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im März weitere Maßnahmen zur Beschleunigung und Optimierung der Verfahren in der Exportkontrolle umsetzen sowie die bereits bestehenden Allgemeinen Genehmigungen (AGG) um ein Jahr verlängern. Das kündigte das Ministerium in einer Mitteilung an.

„Das erste und das zweite Maßnahmenpaket zeigen bereits erste, sehr positive Effekte“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold.

„Die Verfahrenserleichterungen tragen zu deutlich schnelleren Genehmigungen bei, ohne dabei zu Abstrichen bei den Prüfstandards zu führen. Mit dem nunmehr dritten Maßnahmenpaket setzen wir den eingeschlagenen Weg hin zu einer effektiven und effizienten Exportkontrolle konsequent fort. Weitere Vorschläge zur Vermeidung unnötiger Bürokratie im Bereich der Exportkontrolle prüfen wir fortlaufend“, betonte Giegold.

Das dritte Maßnahmenpaket ergänzt laut den Angaben das erste, zum 1. September 2023 in Kraft getretene sowie das zweite, zum 8. Januar 2024 in Kraft getretene Paket. Das BAFA habe bereits jetzt erhebliche, genau definierte Entscheidungsbefugnisse in der Exportkontrolle, die es ohne Beteiligung des Ministeriums für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen ausüben könne. Diese Befugnisse würden nunmehr nochmals erweitert, um die Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu verkürzen.

Verfahren würden gestrafft und – wo möglich – vereinfacht. Zusätzlich würden die Meldepflichten der Exporteure reduziert und das bestehende Instrument der AGG angepasst und erweitert – pauschale Ausfuhrgenehmigungen für Güter, die von Exporteuren in Anspruch genommen werden können, ohne beim BAFA einen Ausfuhrantrag stellen zu müssen. Sie gelten laut den Angaben für den unkritischen, gleichwohl genehmigungspflichtigen Export ausgewählter Güter in ausgewählte Länder. Diese bereits bestehende Möglichkeit werde jetzt auf der Grundlage von Rückmeldungen aus der Praxis in Details angepasst und erweitert. Alle AGG würden zudem um ein Jahr bis 31. März 2025 verlängert.

Im Bereich der Rüstungsgüter sei darüber hinaus vorgesehen, eine neue AGG für die Ausfuhr von Marineausrüstung an bestimmte staatliche Endverwender in bestimmten Ländern einzuführen, den Länderkreis der bestehenden AGG Nr. 21 für Schutzausrüstung deutlich auszuweiten sowie die AGG Nr. 19 (Landfahrzeuge für militärische Zwecke), Nr. 24 (vorübergehende Ausfuhren) und Nr. 25 (besondere Fallgruppen) zu erweitern.

DEUTSCHLAND / METALLE: „WIR MÜSSEN DIE HAFTUNG FÜR GROßKONZERNE ÜBERNEHMEN“

Viele Mittelständler im deutschen Metallhandel fühlen sich vom deutschen Lieferkettengesetz, dem so genannten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, stark belastet. Zwar sollten Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern eigentlich nicht unmittelbar davon betroffen sein. Aber nicht wenige Kunden des Metallhandels wälzen offenbar ihre Verpflichtungen auf kleinere Vorlieferanten ab und lassen diese „Code of Conducts“ in den Lieferverträgen unterschreiben – was natürlich niemand ablehnt, um Kunden nicht zu vergraulen.

Allerdings regt sich inzwischen doch einiger Widerstand. „Wir sollen nach dem Willen einiger Kunden die Verantwortung für die Sauberkeit in der Lieferkette übernehmen“, lautet eine Klage aus Kreisen des Metallhandels.

„Nachweispflichten unserer Kunden werden zum Teil an uns weitergereicht, also müssen wir hier auch tätig werden.“ Vor allem die Stahlbranche wälze ihre Verantwortung gerne auf die Lieferanten ab. Die Möglichkeit für die kleineren Unternehmen, sich gegen diese Inanspruchnahme zu wehren, ist „äußerst überschaubar“, wie es heißt – denn man will natürlich keine Kunden verlieren.

Es ist allerdings unklar, ob eine Überwälzung von Haftung im Rahmen des Lieferkettengesetzes auf kleine Vorlieferanten einer juristischen Überprüfung standhalten würde. Zudem sind die Möglichkeiten der oft kleinen Handelshäuser, die beispielsweise Sondermetalle oder Ferrolegierungen verkaufen, ihre Lieferketten auf die Einhaltung von Nachhaltigkeits-Standards zu überprüfen, schon wegen ihrer Personaldecke nur gering. „Wir können bei unseren Lieferanten nur Desk-Überprüfungen machen. Mehr ist für uns nicht drin“, berichtet ein Metallhändler, der nur wenige Mitarbeiter beschäftigt. Allein dies bedeute bei seinem kleinen Unternehmen viel Arbeit, die im Rahmen von Überstunden neben dem Tagesgeschäft erledigt werden müsse.

Je nach Risikobewertung im Zuge des eigenen Risiko-Managements dokumentieren die Händler aber auch unabhängig von Kundenanforderungen ihre Lieferketten – soweit es in der Tiefe möglich und sinnvoll ist. „Dies ist notwendig, da wir einen Großteil unseres Materials auf Lager nehmen und der Kunde und dessen Anforderung noch nicht bekannt ist“, berichtet ein Sondermetallhändler aus seiner Praxis. Der Händler, der Zinn, Wolfram und Tantal verkauft, die unter die EU-Konfliktmineralien-Verordnung fallen, hat allerdings seine Lieferanten deutlich reduziert und sein Sortiment mittlerweile zurückgefahren. „Um den Aufwand für uns als kleineres Unternehmen in einem ökonomisch sinnvollen Rahmen zu halten, versuchen wir uns dabei auf eine begrenzte Anzahl von langjährigen und zuverlässigen Lieferanten beschränken.“ Bestimmte Weltregionen, wie große Teile von Afrika, habe man nun „kategorisch ausgeschlossen, denn hier wäre eine plausible Dokumentation für uns schlicht nicht leistbar und kontrollierbar“.

Es gab wegen der Lieferkettenproblematik bereits Konflikte mit Kunden, die zum Verlust von Aufträgen geführt haben, berichtet der Sondermetallhändler weiter.

EUROPA / E-MOBILITÄT: SKANDINAVIEN AM BESTEN AUF DIE UMSTELLUNG VORBEREITET

Platz eins geht an Norwegen, Platz 27 an Griechenland: Wenn es um darum geht, wie gut die Europäischen Länder auf die flächendeckende Verbreitung der E-Mobilität vorbereitet sind, zeigen sich noch große Unterschiede. Das ist ein Ergebnis des „EWI EV Preparedness Index“, den das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) jetzt zum zweiten Mal vorgelegt hat.
Die Forschenden untersuchten dabei drei Aspekte: die verfügbare grüne Stromerzeugung, die Lade- und Netzinfrastruktur sowie die Bedingungen für flexibles Laden. Die Ergebnisse ordnet die Analyse auf einer Skala von eins bis zehn ein.

Deutschland schneidet dabei im Bereich der Lade- und Netzinfrastruktur mit 8,71 Indexpunkten recht gut ab, bekommt aber für die Verfügbarkeit des erneuerbaren Stroms nur 4,16 und für die Bedingungen des flexiblen Ladens sogar nur 3,21 Indexpunkte zugesprochen. Insgesamt erreicht die Bundesrepublik 5,4 Indexpunkte und liegt damit auf Platz 20 des Rankings. In der vorgehenden Analyse aus dem Jahr 2021 lag Deutschland noch auf Platz 17.

Die Gründe dafür, heißt es in der Untersuchung, lägen zum einen im Rückgang der gesicherten Erzeugungsleistung in der Bundesrepublik. Steuerbare Kapazitäten seien für den Hochlauf der Elektromobilität von entscheidender Bedeutung, weil sie dazu beitrügen, Lastspitzen durch das ungesteuerte Laden von E-Fahrzeugen auszugleichen. Auch habe Deutschland während der Energiekrise mehr Kohle verstromt, um den Gasverbrauch zu senken, was den CO₂-Fußabdruck der Elektromobilität erhöht habe.

Zum Anderen bemängeln die Forschenden den in Deutschland nur langsam fortschreitenden Smart-Meter-Rollout, und damit zusammenhängend die noch geringe Verbreitung dynamischer Tarife. Beides sehen die Forschenden als Grundvoraussetzung für flexibles Laden.

Europaweit Spitzenreiter ist den Kriterien des EWI zufolge Norwegen, das einen Gesamtindexwert von 9,44 erreicht, gefolgt von Schweden (8,42), Dänemark (8,14), Österreich (7,85) und Frankreich (7,81). Insbesondere in den drei skandinavischen Ländern trügen erneuerbare Energien mit Schwerpunkt Wind- und Wasserkraft viel zum Strommix bei.

Außerdem verfügten sie über eine leistungsfähige Netz- und Ladeinfrastruktur und hätten bereits eine hohe Anzahl von Smart Metern installiert, die durch den Datenaustausch die Flexibilisierung von Ladevorgängen ermöglichten. Auch der Anteil zeitvariabler Preisbestandteile sei in Norwegen, Schweden und Dänemark sehr hoch, sodass hier ökonomische Anreize für flexibles Laden gesetzt werden könnten.

Frankreich und Österreich seien im Länderranking aufgestiegen, weil beide ihre Voraussetzungen für flexibles Laden deutlich verbessert hätten. In Österreich beispielsweise habe sich die Anzahl der Haushalte mit intelligenten Messsystemen im Vergleich zur Analyse im Jahr 2021 mehr als verdoppelt. Schlusslichter sind Kroatien (3,99), Ungarn (3,94) und Griechenland (3,83).

EUROPA / INFORMATIONSTECHNOLOGIE: REGELPAKET TRITT IN KRAFT – EU BEKÄMPFT DIE MARKTMACHT DER DIGITALRIESEN

Auf große Digitalkonzerne kommt das nächste Regelpaket aus Brüssel zu: Mit dem Gesetz für digitale Märkte (DMA) treten am Donnerstag neue Vorschriften in Kraft, mit denen die EU die Marktmacht von Amazon, Google und Co. beschränken will. Ziel ist es, die Marktmacht großer Internetkonzerne, so genannter Gatekeeper, einzudämmen. Ab Donnerstag gilt der DMA für die fünf US-Konzerne Alphabet, Amazon, Apple, die Facebook-Mutter Meta und Microsoft – sowie für das chinesische Unternehmen Bytedance, das hinter Tiktok steht.

Ein Unternehmen kann als Gatekeeper eingestuft werden, wenn es „wirtschaftlich stark ist, erhebliche Auswirkungen auf den europäischen Markt hat und in mehreren EU-Ländern tätig ist“. Insgesamt fallen 22 Dienste dieser sechs Gatekeeper unter das Gesetz. Dazu gehören die Google-Suchmaschine, der App Store auf iPhones und die Plattformen Facebook, Instagram sowie Tiktok. Die EU-Kommission behält sich vor, künftig weitere Unternehmen und Dienste auf die Liste zu setzen.

Die Digitalkonzerne sollen durch das Gesetz weniger Einfluss darauf haben, welche Apps auf Smartphones von Anfang an installiert sind. Apple muss auf seinen Geräten zudem Alternativen zu seinem App Store und zum vorinstallierten Browser Safari zulassen. Google darf etwa bei der Anzeige von Suchergebnissen nicht die eigenen Anwendungen wie den Kartendienst Google Maps bevorzugen.

Messenger-Dienste und Plattformen sollen interoperabel werden. Das bedeutet, dass Nutzer erstmal Chat-Nachrichten zwischen verschiedenen Diensten hin und her schicken können sollen. Beiträge in Online-Diensten sollen auch auf anderen Plattformen angezeigt werden können. Die Unternehmen kündigten in den vergangenen Monaten bereits Änderungen an, um ihre Dienste an das Gesetz anzupassen. Beim Start des Facebook-Messengers öffnet sich derzeit etwa ein Feld, in dem Nutzer auswählen können, welche anderen Dienste sie mit dem Messenger verknüpfen wollen. Beiträge auf der Meta-Plattform Threads sollen zudem auch in alternativen Online-Diensten wie X und Bluesky veröffentlicht werden können.

Bei Verstößen gegen die neuen Regeln drohen den Unternehmen Strafen in Milliardenhöhe. Das Gesetz sieht Zahlungen in Höhe von bis zu 10% des weltweiten Jahresumsatzes vor. Für den Online-Riesen Amazon wären das gemessen am Umsatz des letzten Berichtsjahres 2022 mehr als 47 Mrd Euro. Bei wiederholten Verstößen können die Strafen verdoppelt werden. Als letztes Mittel kann die EU-Kommission zudem anordnen, dass Unternehmen einen Teil ihres Geschäftes verkaufen müssen.

Online-Plattformen müssen sich neben den neuen Vorschriften bereits an das Gesetz für digitale Dienste (DSA) halten. Sie müssen etwa Falschinformationen und „illegale Inhalte“ wie Darstellungen von sexueller Gewalt schneller löschen. Zudem müssen die Digitalkonzerne die Algorithmen hinter personalisierter Werbung offenlegen und in einer Datenbank hinterlegen, wer Werbeanzeigen finanziert.

EUROPA / INVESTITIONEN: WER HILFT BRAUN, GRÜN ZU WERDEN?

Die Bekämpfung des Klimawandels ist eines der wichtigsten und meistdiskutierten Themen unserer Zeit. Ein Hebel dabei ist die Wirtschaft: Die Industrie muss grün werden. Dazu brauchen die Unternehmen intrinsische Motivation, aber auch die nötigen Mittel. Kann die Finanzwirtschaft über nachhaltige Finanzierungsoptionen ausreichend Kapital für grüne Investitionen stellen?

Die Europäische Union will bis 2050 klimaneutral sein, Deutschland bereits 2045. Die Politik tut etwas gegen den Klimawandel und nimmt dabei auch die Finanzwirtschaft in die Verantwortung: Im Rahmen des Europäischen Green Deal wurden 2021 über die EU-Taxonomie Umweltstandards und -kriterien für nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten festgelegt. Ziel ist erstens, Transparenz zu schaffen: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten sind nachhaltig? Zweitens soll nachhaltige Finanzierung gefördert werden. Drittens soll Greenwashing vorgebeugt werden.

Von 2025 an werden zudem für Unternehmen die Offenlegungspflichten verschärft. Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und/oder einem Nettoumsatz von mehr als 40 Mio Euro und/oder einer Bilanzsumme von mehr als 20 Mio Euro müssen nach den Maßgaben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen.

Banken legen Programme auf

Mittelfristig soll Nachhaltigkeit in der Industrie zum obersten Gebot werden – auch über den Zugang zu Kapital. Die Finanzinstitute legen hierfür neue Programme auf. Deutsche Bank und Europäische Investitionsbank (EIB) kooperieren bei einem Garantieprogramm, über das Firmen bei erstgenannter langfristige Kredite von insgesamt 400 Mio Euro bekommen und eine 50%-Garantie der EIB als werthaltige Sicherheit nutzen können. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass die geplante Investition den Nachhaltigkeitskriterien der EU-Taxonomie entspricht sowie dem Sustainable-Finance-Rahmenwerk der Deutschen Bank.

Auch Private-Equity-Gesellschaften (PEs) haben die Nachhaltigkeit entdeckt: Ihre Investoren erwarten, dass sie ESG-konform investieren und knüpfen Kapitalzusagen immer öfter an Nachhaltigkeitsvorgaben. Die PEs legen folglich zunehmend Fonds auf, die schwerpunktmäßig in nachhaltige Geschäftsmodelle investieren.

So weit, so sinnvoll. Was aber ist mit den Unternehmen, die bisher alles andere als „grün“ sind? Im deutschen Mittelstand geht vor allem in energieintensiven Branchen die Sorge um, für die eigene Transformation zum nachhaltigen Geschäft keine Investoren mehr zu finden. Unbestreitbar haben Stahl- und Metallbranche, Automotive, Chemiekonzerne sowie andere energie- und ressourcenintensive Unternehmen unter ESG-Gesichtspunkten hohe Hürden zu überwinden.

Die Transformation hin zur Nachhaltigkeit ist für die Finanziers eine Herausforderung. Allerdings: Nachhaltige Finanzierung ist nicht gleich nachhaltige Finanzierung – es existieren verschiedene Spielarten. Die erste Variante sind Kredite für Unternehmen, die bereits als nachhaltig qualifiziert sind. Diese Form der Finanzierung ist für „braune“ Firmen kaum realistisch.

Die zweite Variante sind sogenannte Sustainability-linked Loans, also an Nachhaltigkeitsziele geknüpfte Kredite. Hierbei wird vorab vertraglich festgehalten, welche Meilensteine der Kreditnehmer zu erreichen hat. Im Erfolgsfall vergünstigt sich die Kreditmarge. Werden die Ziele nicht erreicht, kann sie allerdings über den eingangs vereinbarten Zinssatz steigen. Diese Option steht auch energieintensiven Unternehmen offen. Die Anforderungen sind allerdings hoch: Kreditgeber achten darauf, dass die Nachhaltigkeitsziele äußerst ehrgeizig formuliert sind, um Greenwashing vorzubeugen.

Die dritte Spielart sind Finanzierungen mit nachhaltigem Verwendungszweck. Das bedeutet in der Umsetzung: Die Bank finanziert nicht das Unternehmen, sondern eine konkrete, zweckgebundene nachhaltige Investition im selbigen, die zu mehr Nachhaltigkeit führt. Dafür kann der Kreditgeber einen Finanzierungsvorteil erhalten, den er weitergeben darf.

Kredite für „braune“ Branchen sind schon heute schwieriger zu bekommen und mitunter teurer. Dazu kommt, dass nachhaltige Finanzierungen sich künftig noch stärker durchsetzen werden. Sowohl Politik als auch Finanzwirtschaft haben sich dem Ziel verschrieben, ESG-konforme Indus­trien und Maßnahmen zu unterstützen. Dass es langfristig noch ausreichend braune Finanzierungsoptionen geben wird, ist also nicht zu erwarten.

Transformation wird sehr teuer

Energie- und ressourcenintensive Branchen haben es also zu einem großen Teil selbst in der Hand. Sie müssen anpacken und aktiv werden. Denn: Wer sich ehrgeizigen Nachhaltigkeitszielen ernsthaft verschreibt, der wird auch künftig finanziert.

Eine Einschränkung aber gibt es und sie hat das Potenzial, die groß angelegten europäischen Bemühungen für den Umbau zur Klimaneutralität zu torpedieren: Die Transformation ist insgesamt so teuer, dass sich eine viel größere Frage stellt: Ist der europäische Kapital- und Bankenmarkt in der Lage, sie zu finanzieren?

Der Anleihe- und Aktienmarkt wird vielen Großunternehmen zum Teil helfen – aber auch dem Mittelstand ausreichend? Private Geldgeber wie Finanzinvestoren und Kreditfonds dürften sich in vielen Fällen schwertun, weil die Transformation nicht immer mit großen Renditen winkt. Es kann also durchaus dazu kommen, dass „braune“ Branchen zunehmend Schwierigkeiten bekommen, an günstiges Kapital zu kommen. Damit stellt sich automatisch die Frage nach der Rolle des Staates. Garantien durch die EIB in dreistelliger Millionenhöhe sind ein Anfang. Unternehmen dürften jedoch wegen weitaus größerer Summen vorstellig werden.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Bank.

EUROPA / RECHT: NEUES ZUM RUSSLAND-EMBARGO

Sind Güter, die zur Entwicklung und Herstellung von Drohnen verwendet werden könnten, genügend vom Russland-Embargo erfasst? Gibt es ausreichend Maßnahmen gegen Umgehungslieferungen?
Dies sind zwei der Fragen, die vom Sanktionspaket 13 vom 23. Februar thematisiert werden. Was bedeuten dieses neue Paket und die neue AGG 42 für die Exporteure?

Ausgangsfall 1: Maschinenhersteller D aus Deutschland vertreibt seine Güter und deren Ersatzteile weltweit, unter anderem auch nach Russland. Zu den am häufigsten benötigten Ersatzteilen gehören Kugellager der ZTN (Zolltarifnummer) 8482 10. Zu seinen Kunden zählen unter anderem die beiden folgenden Firmen: Shenzhen Biguang Trading Co. Ltd. (China) und Conex Doo *Beograd-Stari (Serbien).

Hat D hier irgendwelche Exportbeschränkungen zu beachten?

Ausgangsfall 2: D in Deutschland stellt seiner russischen Tochter R Updates für eine CRM-Software zur Verfügung, die nun auf Russland-Anhang XXXIX gelistet ist.

Ist das nach dem letzten Sanktionspaket 12 vom 18. Dezember 2023 noch erlaubt?

Änderungen zu vorhergehenden Verordnungen

Am 23. Februar 2024 – zwei Jahre nach Kriegsbeginn – werden die Ukraine-VO 269/2014 (durch die VO 2024/753) und die Russland-VO 833/2014 (durch die VO 2024/745) ergänzt.
Durch die VO 2024/753 werden weitere 106 Personen und 88 Einrichtungen auf den Sanktionslisten der Ukraine-VO gelistet.

Hierunter finden sich Personen/Unternehmen, die an sanktionsumgehenden Beschaffungsmaßnahmen mitgewirkt haben (zum Beispiel ein russisches Logistikunternehmen), oder solche, die den russischen Angriffskrieg unterstützt haben (unter anderem zehn Unternehmen, die an der Lieferung von Rüstungsgütern aus Nordkorea nach Russland beteiligt waren, sowie der nordkoreanische Verteidigungsminister und belarussische Unternehmen, die Russlands Streitkräfte unterstützt haben). Außerdem werden Personen/Unternehmen gelistet, die an der Zwangsverbringung ukrainischer Kinder beteiligt waren, oder Personen, die in den illegal annektierten Gebieten der Ukraine staatliche Macht ausübten (unter anderem sechs Richter und zehn Beamte).

Durch die VO 2024/745 wird die Russland-VO 833/2014 wie folgt abgeändert:

  • Der Russland-Anhang IV (Liste der möglichen militärischen Endverwender) wird neu gefasst, wobei 27 neue Unternehmen aus Russland beziehungsweise aus Drittstaaten aufgenommen werden. Für diese Unternehmen werden in der Regel keine Genehmigungen erteilt, wenn es um die Ausfuhr gelisteter Dual-Use-Güter oder von Gütern nach Anhang VII geht. Von diesen neuen Listungen sind neben einigen russischen Firmen unter anderem vier Unternehmen aus China sowie jeweils eines aus Indien, Sri Lanka, Serbien, Kasachstan, Thailand und der Türkei betroffen.
  • Der Russland-Anhang VII (Liste der strategischen Güter) Teil B wird neu gefasst, um vor allem Güter zu erfassen, die zur Entwicklung und Herstellung von Drohnen verwendet werden können. Hier geht es zum Beispiel um Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren (ZTN 8532 22).
  • Der Russland-Anhang XXIII (Güter zur Stärkung der industriellen Kapazität Russland) wird mit der gleichen Zielrichtung um weitere Güter der Kategorie ZTN 8504 (elektrische Transformatoren, elektrische Stromrichter sowie andere Selbstinduktions-Spulen) ergänzt.
  • Großbritannien wird als neues Partnerland für Eisen- und Stahlimporte in Anhang XXXVI aufgenommen. Daher muss bei Einfuhren aus den zurzeit genannten drei Partnerländern (Schweiz, Norwegen und Großbritannien) kein Einfuhrnachweis nach Art. 3 g Abs. 1 lit. d vorgelegt werden.

Lösung Ausgangsfall 1: Aus dem Russland-Embargo ergeben sich jetzt zahlreiche Exportbeschränkungen. Denn erstens ist jetzt das Kugellager (ZTN 8482 10) in Anhang VII gelistet – für Russland würde ohne Ausnahmegenehmigung ein Lieferverbot bestehen. Und zweitens sind beide Kunden – aus China und aus Serbien – in Anhang IV gelistet worden. Nach Art. 2b der Russland-VO dürfen diese Ausfuhren nach China oder nach Serbien an diese Endverwender nur genehmigt werden, wenn es entweder um Altfälle (Verträge vor dem 26. Februar 2022) geht oder um die Abwehr von dringenden Gesundheits- oder Umweltgefahren. Sonst besteht ein Lieferverbot.

Lösung Ausgangsfall 2: Da die CRM-Software in Anhang XXXIX gelistet ist, ist es D nach Art. 5n Abs. 3a der Russland-VO verboten, für ein russisches Unternehmen (wie R) Dienste im Zusammenhang mit dieser gelisteten Software anzubieten. Selbst ein Software-Update wird als ein „anderer Dienst“ anzusehen sein. Da R ein Tochterunternehmen von D ist, könnte sich aus Art. 5n Abs. 7 ergeben, dass dieses Verbot erst ab dem 20. Juni 2024 gilt. Dies ist allerdings nicht sicher, weil dort Abs. 3a nicht explizit genannt ist (dies könnte ein Redaktionsversehen sein).

Deshalb sollte sich D sofort für die neue AGG 42 registrieren, die solche Dienste an die russische Tochterfirma allgemein genehmigt. Diese Allgemeine Genehmigung wurde am 20. Februar 2024 eingeführt und war erforderlich geworden, weil das 12. Sanktionspaket dieses „Tochterprivileg“ mit Wirkung zum 20. Juni 2024 abgeschafft hat. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hält es nicht für erforderlich, Dienstleistungen und Software-Übertragungen an russische Tochterunternehmen von EU-Unternehmen oder von Unternehmen aus den Partnerländern nach Anhang VIII im Wege der Einzelgenehmigung zu überwachen; daher hat es die AGG 42 erlassen.

Resümee zu den vorgenommenen Maßnahmen

Das 13. Sanktionspaket ist eher ein symbolischer Gesetzgebungsakt anlässlich des zweiten Jahrestags des Ukraine-Kriegs. Es zielt vor allem darauf ab, die Beschaffung von für die russische Kriegsführung besonders wichtigen Drohnen weiter zu erschweren (vergleiche die Ausweitungen in Anhang VII, XXIII und IV) – dies ist sehr wichtig. Für die Verhinderung von Umgehungslieferungen finden sich Ansätze in den zusätzlichen Einträgen auf der Ukraine-Sanktionsliste und in Anhang IV zur Russland-VO.

Da Umgehungslieferungen derzeit wohl das wichtigste Thema beim Russland-Embargo sein dürften, fragt sich, ob dieser Beitrag gegen Umgehungslieferungen ausreicht. Es ist sehr gut, dass solche Unternehmen nun auch in Anhang IV der Russland-VO gelistet werden. Dennoch stellt sich die kritische Frage, ob es transparent genug ist, dass sich Exportbeschränkungen für Lieferungen an bestimmte Unternehmen in einem der 13 Drittstaaten (Armenien, China, Iran, Indien, Kasachstan, Syrien, Singapur, Sri Lanka, Serbien, Türkei, Thailand, Usbekistan, Vereinige Arabische Emirate) aus Anhang IV der Russland-VO ergeben: Welcher Exporteur wird bei einer Lieferung an ein Unternehmen aus einem dieser Drittstaaten daran denken, hierfür auch die Russland-Embargo-VO zu beachten? Da es sich bei Anhang IV der Russland-VO nicht um eine Sanktionsliste handelt, ist unklar, ob die Namen dieser Unternehmen von einer Exportsoftware gelistet sind.

Wäre eventuell eine Listung auf der Ukraine-Sanktionsliste (zumindest aufgrund Transparenz) besser?

Unseres Erachtens wäre ein Anhang zur Russland-VO erforderlich, der die Russland-Umgehungsländer listet, und ausführt, welche Vorsichtsmaßnahmen gegen eine solche Umgehungslieferung getroffen werden müssen. Einen Anfang hierzu hat die im 12. Sanktionspaket eingeführte No Russia Clause Art. 12g gemacht. Die dann später von der EU-Kommission in den FAQ genannte Musterklausel muss ihre Praktikabilität erst noch beweisen, da die Anforderungen derart weit gehen, dass sie kaum von einem Vertragspartner akzeptiert werden dürften. Wir bleiben bei unserer bisherigen Auffassung: Es sollte immer eine kurze allgemeine Reexport-Klausel geben, und für den Fall, dass von Anhang XL erfasste Güter in ein Umgehungsland verkauft werden, einen dezidierten Absicherungsvertrag (ebd., S. 22).

Die AGG 42 ist ein wichtiger Beitrag dafür, dass (trotz der Beschränkungen im 12. Sanktionspaket) EU-Unternehmen unter anderem noch Software oder Software-Dienstleistungen gegenüber ihren russischen Tochter-Unternehmen erbringen können.

PD Dr. Harald Hohmann, RA

IRLAND / MASCHINENBAU: SAARBRÜCKEN ORDERT WASSERSTOFFBUSSE

Der Hersteller Wrightbus, mit Sitz in Ballymena, 44 km nordwestlich von Belfast, bietet den Kite Hydroliner wahlweise mit 70- oder 100-kW-Brennstoffzellen-Modul an. Der Bus kann bis zu 90 Menschen befördern und verfügt entweder über vier Zylinder mit einem 32 kg schweren Wasserstoff-Drucktank, fünf Zylinder (40-Kilogramm-Drucktank) oder sieben Zylinder (50kg-Drucktank). Ergänzt wird das System von einer 54-kWh-Batterie.

Wrightbus hat sich in einer europaweit durchgeführten Ausschreibung der Saarbahn GmbH durchgesetzt und wird an diese 28 Kite Hydroliner liefern. Die ersten fünf davon sollen das Saarbrücker Verkehrsunternehmen noch in diesem Jahr erreichen. Die restlichen sollen bis Ende 2025 folgen, wie ein Sprecher auf Nachfrage der Redaktion erklärte.

„Mit Wrightbus haben wir einen Partner gefunden, um möglichst schnell emissionsfreie Busse auf die Straßen Saarbrückens und der angrenzenden Region zu bringen“, erläuterte Thorsten Burghardt, Projektleiter von der Saarbahn, die jetzt bestellt hat. Die Gründe für die Entscheidung pro Wasserstoff und kontra rein batterieelektrischer Antrieb waren vielseitig, ergänzte Burghardt auf Nachfrage. „Unter anderem gingen hier Punkte wie Reichweite, Lade- / Betankungskonzepte und potenzieller Fahrzeug- / Personal-Mehrbedarf mit ein.“

Der zum Saarbrücker Stadtwerke-Konzern gehörende Verkehrsbetrieb hat eigenen Angaben nach 138 Busse und 289 Stadtbahnen in seiner Flotte. Zusammen mit der Saarbahn Netz GmbH beschäftigt die Saarbahn rund 580 Mitarbeiter und befördert jährlich etwa 43,7 Mio Fahrgäste auf der Straße und auf der Schiene.

Auch das Vergabeverfahren für eine Wasserstoff-Tankstelle sei inzwischen abgeschlossen, wie es in der saarländischen Landeshauptstadt heißt. Parallel zur Lieferung der Busse soll die Tankstelle am Betriebshof in der Malstatter Straße in Saarbrücken entstehen.

Allein für den Aufbau der Betankungsinfrastruktur investiert die Saarbahn eigenen Angaben nach bis zu 5 Mio Euro. Für die Anschaffung der mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen-Busse und der dazugehörigen Betankungs- und Wartungsinfrastruktur hat die Saarbahn 2023 vom Bundesverkehrsministerium 11,17 Mio Euro Förderung erhalten. Der Zuschuss erfolgte im Rahmen der technologieneutralen „Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personenverkehr“.

Woher der Treibstoff kommen soll

Bei der Versorgung mit Wasserstoff verfolge man, wie Burghardt erklärte, mehrere Strategien. Zu Beginn komme eher mit Trailern angelieferter Wasserstoff infrage. Mittel- bis langfristig wolle die Saarbahn den Wasserstoff über Pipeline beziehungsweise über den von der Steag geplanten „Hydrohub Fenne“ im 12 km westlich von Saarbrücken gelegenen Völklingen-Fenne beziehen. Dort plant der Energieversorger, von Ende 2026 an mit einem 53-MW-Elektrolyseur bis zu 8.700 t grünen Wasserstoff jährlich zu produzieren.

Wrightbus bezeichnet den Auftrag der Saarbahn als einen „weiteren bedeutenden Deal für Wrightbus auf dem europäischen Markt“. Das Unternehmen erobere so eine weitere Region im globalen Markt für nachhaltigen Verkehr. Zu weiteren Kunden aus Deutschland zählen etwa das Unternehmen Westverkehr GmbH aus Geilenkirchen, das zwölf Kite Hydroliner erhalte, und die Regionalverkehr Köln GmbH, die einen Vertrag für bis zu 60 Kite Hydroliner unterzeichnet habe.

ITALIEN / FAHRZEUGE: OFFEN FÜR CHINESISCHE AUTOBAUER

Die italienische Regierung hat sich offiziell offen für Investitionen chinesischer Autobauer gezeigt, sie knüpft diese aber an Bedingungen. „Derartige Kooperationen müssen sorgsam bewertet werden und wir müssen auf unfairen Wettbewerb achten“, sagte Vize-Regierungschef Antonio Tajani am Donnerstag in Rom. Jedenfalls brauche es für eine etwaige Ansiedlung eines chinesischen Unternehmens die Zustimmung die Regierung.

Wirtschaftsminister Adolfo Urso hatte angekündigt, mit drei chinesischen Konzernen in Gesprächen zu sein. Der mittlerweile größte E-Autobauer der Welt, BYD, hatte am Montag bereits angegeben, von der Führung in Rom wegen der Möglichkeit, eine zweite Produktionsstätte in Europa in Italien zu bauen, kontaktiert worden zu sein. Ein erstes Werk des chinesischen Konzerns wird derzeit in Ungarn gebaut, es soll in drei Jahren starten.

Stellantis ist skeptisch

In Italien wird seit einigen Wochen darüber debattiert, einen zweiten großen Hersteller neben Stellantis ins Land zu holen. Der Konzern, zu dem die italienischen Marken Fiat, Alfa Romeo, Lancia und Maserati gehören, versichert, die E-Autoproduktionsziele der Regierung in Rom erreichen zu können und wehrt sich gegen mehr Konkurrenz. „Wenn wir mehr chinesische Autohersteller einladen, in Europa zu produzieren, glauben Sie, dass das helfen wird?“, sagte Stellantis-Chef Carlos Tavares Mitte Februar.

„Wir können nur mit der Ansiedlung eines weiteren Autobauers das Ziel von 1 Mio Autos pro Jahr erreichen“, sagte hingegen Wirtschaftsminister Urso. Ihm zufolge steht er ebenfalls mit westlichen Herstellern in Kontakt – unter anderem auch mit dem US-Elektroautobauer Tesla wegen des Widerstandes in Deutschland gegen die Ausweitung seines Werks bei Berlin.

NIEDERLANDE / SICHERHEIT: ROTTERDAM-PORT TESTET QUANTENNETZWERK

Der Hafen von Rotterdam bereitet sich auf die Erprobung der Quantentechnologie vor, um die Kommunikation an einem der verkehrsreichsten Knotenpunkte der Welt für die Lieferkette zu sichern. Im März will der Hafen ein Experiment starten, bei dem die Quantenphysik genutzt werden soll, um Unternehmen, die im Hafen Geschäfte machen, mit einem Netzwerk zu verbinden, das gegen fortgeschrittene Cyber-Angriffe gewappnet ist, sagte Erwin Rademaker, Programmmanager für Technologieprojekte des Hafens.

Ports sind schwer zu sichern, da viele Unternehmen und Anbieter kritischer Infrastrukturen von ihnen aus arbeiten, was bedeutet, dass ein Hack eines Hafens viele Lieferketten unterbrechen könnte. „Es geht nicht darum, das schwächste Glied im eigenen Netzwerk ausfallen zu lassen, sondern das schwächste Netzwerk, das zu einem Ausfall führen könnte“, erklärte er.

Hacker, die es auf Häfen abgesehen haben, könnten diese überwachen, um den Betrieb zu stören oder geistiges Eigentum zu stehlen, oder sie könnten Malware aus der Ferne einsetzen, um Dienste lahmzulegen, sagte Theresa Payton, Geschäftsführerin des Cybersicherheitsunternehmens Fortalice Solutions. „Das ist eine riesige Last auf ihren Schultern“, sagte sie. US-amerikanische und europäische Beamte warnen seit langem davor, dass Hacker-Angriffe auf Häfen den Handel und andere wichtige Dienstleistungen destabilisieren könnten. Ein Cyberangriff auf Öleinrichtungen in belgischen Ports im Jahr 2022 hat den Öltransport in Europa für mehrere Tage unterbrochen.

US-Regierung investiert

Die Regierung Biden erklärte kürzlich, dass sie plant, Milliarden von US-Dollar in die Herstellung von Frachtkränen für US-Häfen zu investieren, um den Cyber-Risiken zu begegnen, die von weit verbreiteten Kränen aus China ausgehen. Gleichzeitig erließ Präsident Biden eine Durchführungsverordnung, die grundlegende Cyber-Standards für Ports in den USA festlegt.

Ab Oktober gelten in den Häfen der Europäischen Union neue Vorschriften für die Cyber-Sicherheit, die für Unternehmen mit kritischen Infrastrukturen und deren Dienstleister gelten und sie verpflichten, grundlegende Maßnahmen zu ergreifen und Hacker-Angriffe den nationalen Regulierungsbehörden zu melden. Rund 200 Unternehmen mit Sitz im Rotterdamer Hafen müssen diese Vorschriften erfüllen.

Beamte für Cyber-Sicherheit warnen schon seit Jahren davor, dass Quantencomputer die heutigen Verschlüsselungsmethoden durchbrechen werden. Rob Joyce, Direktor für Cyber-Sicherheit bei der Nationalen Sicherheitsbehörde, sagte auf einer Konferenz im Januar, dass Unternehmen zu Technologien übergehen müssen, die gegen quantengestützte Hacks sicher sind. Die NSA hat erklärt, dass die nationalen Sicherheitssysteme bis 2035 auf quantenresistente Algorithmen umgestellt werden sollen.

In Rotterdam hat es laut Rademaker etwa zwei Jahre Vorbereitung gebraucht, um den Test eines Quantennetzwerks für den Hafen einzurichten.

Die Nutzer werden über Glasfaserkabel mit einem zentralen Knotenpunkt verbunden. Der Hub hat etwa die Größe eines Mini-Kühlschranks, und jeder Nutzer des Netzwerks hat ein kleineres Gerät, das mit ihm verbunden wird, sagte Ingrid Romijn, Geschäftsführerin von Q*Bird, einem niederländischen Start-up-Unternehmen, das die Technologie entwickelt hat.

Der Versuch wird rund 1,5 Mio Euro kosten, so Rademaker. Häfen müssen sich mit Cybersicherheitsrisiken auseinandersetzen, die das Geschäft und kritische Funktionen gefährden könnten, sagte er, und Technologien einsetzen, die sie sichern, sobald Quantencomputer allgemein verfügbar sind. „Wir sind eine kritische Infrastruktur. Wir können dieses Risiko nicht eingehen“, erklärte er.

NORWEGEN / KONJUNKTUR: DIE WIRTSCHAFT IST ROBUST

Norwegen ist unter den skandinavischen Ländern das mit Abstand wohlhabendste Land. Mit seinem Staatsfonds, der als der größte der Welt gilt, ist das Land für die Zukunft gut gerüstet. Aktuell speist sich der Fonds in großen Teilen aus den Gewinnen der Erdgas- und Erdölförderung.
Aber auch alle übrigen Gewinne, die aus gemeinschaftlichen Ressourcen wie Wind oder den großen Fisch- und Meeresfrüchtevorkommen erwirtschaftet werden, fließen in diesen Topf.

Der Fonds ermöglicht es Norwegen auch in schwierigen Zeiten notwendige Investitionen zu tätigen. Zuletzt haben die Erträge aus den Öl- und Gasexporten so stark zugelegt, dass es deutliche Abweichungen im nationalen BIP zu verzeichnen gab – je nachdem, ob die Offshore-Industrien hinzugezählt wurden oder nicht. Entsprechend geben nationale Wirtschaftsinstitute in der Regel zwei Kennzahlen an: eine für die Gesamtwirtschaft und eine für die Festlandwirtschaft. Deutsche Exporteure sollten sich an der Festlandwirtschaft orientieren. Norwegen importierte 2023 Waren im Gesamtwert von über 10 Mrd Euro aus Deutschland – drei Viertel davon machten Chemieerzeugnisse, Maschinen und Transportmittel aus. Diese gingen überwiegend an Kunden auf dem Festland.

Der Regierung ist bewusst, dass ihre so florierende Wirtschaft – auch naturbedingt – endlich ist und hat die sogenannte grønt industriløft, die grüne Transformation der Industrie, eingeläutet. Das vorrangige Ziel des Prestigeprojekts der Regierung ist die massive Steigerung von alternativen Exporten, die sich aus grünen Wertschöpfungsketten ergeben sollen. Untermauert wird das Szenario von einer Untersuchung der Klassifikationsgesellschaft der maritimen Industrie, Det Norske Veritas (DNV). Laut den Beratern werden die Gewinne aus Gas- und Ölexporten bis 2050 um 35 beziehungsweise 93% zurückgehen.

Kooperation mit Bundesrepublik floriert

In zwei gemeinsamen Erklärungen haben Deutschland und Norwegen die Fokusbereiche Wasserstoff, Batterien, Offshore-Windkraft und die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) benannt, um in den kommenden Jahren bei der Erzeugung erneuerbarer Energien und der Entwicklung grüner Industrien enger zusammenzuarbeiten. Ganz konkret hat sich dies zum Beispiel im November 2023 in der Veröffentlichung einer Machbarkeitsstudie für eine gemeinsame Wasserstoffwertschöpfungskette zwischen den Ländern manifestiert. Der Aufbau einer solchen Wertschöpfungskette sei technisch umsetzbar, so das Fazit der Deutschen Energieagentur (DENA) und des norwegischen Gaslieferanten GASSCO, die die Studie im Auftrag beider Regierungen durchgeführt haben.

Bei Norwegens CCS-Prestigeprojekt Langskip ist ein deutsches Unternehmen von Anfang an mit an Bord. Heidelberg Materials ist einer der Projektpartner und baut im Rahmen der Initiative sein Zementwerk in Brevik so um, dass dort bis Ende 2024 die weltweit erste großtechnische CCS-Anlage in der Zementindustrie entsteht. Insgesamt stellt die Regierung für die Investition knapp 1,5 Mrd Euro zur Verfügung.

Die starke Verbindung beider Länder wurde nicht zuletzt durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bewiesen. Mit Gaslieferungen konnte Norwegen die Bundesrepublik schnell in Richtung einer Unabhängigkeit von Russland unterstützen. Im Februar 2023 haben beide Länder außerdem ein Industriekooperationsabkommen beschlossen, das die Zusammenarbeit im Rahmen verteidigungspolitischer Angelegenheiten regelt.

Dekarbonisierung hat hohe Priorität

Ein wichtiger Aspekt, der eine Veränderung der norwegischen Wirtschaftsstruktur befeuert, ist die hohe Elektrifizierung der Gesellschaft. Bereits 2023 waren 83% aller neuzugelassenen privaten Fahrzeuge elektrisch betrieben. Während Norwegen heute noch einen Teil seines Stroms exportieren kann, geht DNV davon aus, dass es bereits 2028 zu einem nennenswerten Stromdefizit kommen wird. Der Grund hierfür ist jedoch nicht im privaten Bereich zu verorten, sondern vielmehr in der Industrie. Ein Beispiel hierfür ist die ambitionierte Wasserstoffstrategie Norwegens.

Bis zum Jahr 2030 könnte die energieintensive Wasserstoffproduktion schon 2 bis 3 GW betragen, 10 bis 15 GW sind bis 2040 möglich. Auch die Bestrebungen im CCS-Bereich sind ambitioniert: Bis 2030 soll das Geschäft mit Offshore-CCS-Infrastruktur auf mehr als 1 Mrd Euro Umsatz wachsen und sich die Anzahl der Beschäftigten bis dahin von derzeit 300 Personen auf zukünftig 2800 Angestellte etwa verneunfachen. Die Offshore-Windenergie und hierbei insbesondere schwimmende Windkraftanlagen haben wohl das größte Potenzial, in den 2030er-Jahren zusätzlichen Strom in das norwegische Stromnetz zu speisen.

Region Oslo punktet mit Cluster-Vielfalt

Neben den großen wirtschaftlichen Zentren Oslo, Trondheim, Bergen und Stavanger punktet das Land mit einer Vielzahl an kleineren Clustern. Als Cluster-Kategorien hat die nationale Innovationsbehörde verschiedene Level festgelegt. Dabei beschreiben „Arenas“ Regionen im Anfangsstadium, „Arena Pros“ befinden sich bereits in einer weiteren Entwicklungsphase. „Global Centres of Expertise“ (GCE) stellen weit entwickelte Ökosysteme mit globaler Relevanz dar. GCE kommen dreimal in Norwegen vor, wobei auffällig ist, dass sich alle der maritimen Wirtschaft widmen: GCE Node im südlichen Kristiansand, GCE Ocean Technology in Bergen und GCE Blue Maritime in Ålesund. Mit 13 Clustern ist Oslo die führende Region im Land. Die hier vertretenen Branchen sind sehr vielfältig und arbeiten unter anderem an der Verpackungsindustrie, der Gesundheitswirtschaft, der Künstlichen Intelligenz oder auch der Bauindustrie.

SCHWEDEN / AUSSENHANDEL: EXPORTKREDITGARANTIEN FÜR DAS UKRAINEGESCHÄFT

Ab dem 1. April können in Schweden registrierte Unternehmen Exportkreditgarantien für Verkäufe in die Ukraine beantragen. Eile ist geboten, denn die Mittel sind begrenzt. Die Regierung stellt in diesem Jahr 333 Mio schwedische Kronen (rund 30 Mio Euro) für spezielle Exportkreditgarantien bereit. Davon können auch rund 1.000 Tochterunternehmen deutscher Firmen profitieren.

„Mit den Exportkreditgarantien und der Einrichtung des neuen Handelsbüros in Kyjiw wird es für schwedische Unternehmen einfacher, in der Ukraine zu investieren“, sagte Johan Forssell, Minister für internationale Entwicklungszusammenarbeit und Außenhandel. Das dazugehörige Dekret der Regierung tritt am 1. April in Kraft. Ab dem Tag nimmt auch die schwedische Exportkreditagentur Anträge entgegen und bearbeitet sie nach zeitlicher Reihenfolge des Eingangs. Garantiert werden können Exporte, die laut Dekret einen Beitrag leisten „zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sowie zum Wohlergehen der Ukraine“ im Sinne der OECD-Leitlinien über internationale Hilfe.

Die Laufzeit der Garantien ist vorerst bis Ende 2026 begrenzt. Abgesichert werden maximal 70% des Transaktionswertes. Der Gesamtwert der von einer Unternehmensgruppe beantragten Garantieverpflichtung darf nicht mehr als 100 Mio Kronen betragen. Die Vertragsbedingungen müssen laut Dekret so gestaltet werden, dass „Garantienehmer und die Schwedische Exportkreditagentur Verluste anteilig und in gleicher Weise tragen“.

Osteuropa und Zentralasien

ESTLAND / INFRASTRUKTUR: KOSTENLOSE GRUNDSTÜCKE IM MUUGA-HAFEN

Der Hafen von Tallinn hat einen Wettbewerb gestartet, um Partner für die Entwicklung eines 7,6 ha großen Gebiets im östlichen Teil des Muuga-Hafens zu finden, wie die Nachrichtenplattform „err.ee“ berichtet. Nach Angaben des kaufmännischen Leiters des Ports werden insbesondere Vorschläge aus dem Bereich der umweltfreundlichen Kraftstoffe erwartet.

„Immer mehr Unternehmen sind bestrebt, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, was vor allem die Umstellung auf umweltfreundlichere Energieträger beinhaltet. Es besteht kein Zweifel, dass der Ersatz fossiler Brennstoffe durch nachhaltige Alternativen nicht nur die Schifffahrt, sondern den gesamten Transportsektor betrifft. Daher sind wir besonders daran interessiert, einen Partner zu finden, der im Hafen von Muuga einen Verlade-, Umschlag- und Lagerkomplex für umweltfreundliche Kraftstoffe einrichtet“, sagte Margus Vihman, der kaufmännische Direktor des Hafens von Tallinn, in einer Mitteilung.

Der Port schließe ihm zufolge nicht aus, dass in dem betreffenden Gebiet auch andere Produktions- oder Logistikkomplexe entstehen könnten.

Das für die Entwicklung vorgesehene Gebiet im östlichen Teil des Muuga-Hafens umfasst 76.274 qm, kann aber um bis zu 67.978 qm ins Meer hinein erweitert werden. Es verfügt über einen Zugang zu einem 198 m langen und 10,8 m tiefen Kai. Für das zu entwickelnde Gebiet wurde im Auftrag der Gemeinde Jõelähtme ein detaillierter Plan erstellt, der das Planungsgebiet in vier Parzellen unterteilt.

„Nach dem derzeitigen detaillierten Plan ist eines der Grundstücke für das Baurecht eines Flüssigerdgas-Terminals vorgesehen. Sollte dies jedoch nicht möglich oder notwendig sein, kann das Grundstück auch für ein anderes Brennstoffterminal oder als Produktionsfläche genutzt werden, auf der Lagerhäuser, Produktionsgebäude oder andere notwendige Einrichtungen errichtet werden können“, erklärte Vihman.

Der Hafen von Tallinn erwartet von potenziellen Interessenten, dass sie ihre Entwicklungsidee bis zum 31. Mai 2024 einreichen und dabei ihre Vision für die Nutzung der Flächen, das Frachtvolumen, den Investitionsumfang, den Zeitplan und die Eigentümer oder Investoren des Projekts beschreiben.

Langfristige Landnutzungsverträge

Der Hafen von Muuga ist der größte Frachthafen Estlands. Der Port verfügt nach eigenen Angaben über eine hochwertige Infrastruktur, häufige Schiffsverbindungen mit Skandinavien und Westeuropa, Eisenbahn- und Straßenverbindungen mit den Nachbarländern und entwickelt einen Rail Baltica-Frachtbahnhof. Der Hafen verspricht, ein zuverlässiger Geschäftspartner zu sein und bietet langfristige Landnutzungsverträge an.

„Das Unternehmen engagiert sich für die Entwicklung des estnischen Seeverkehrs und der Wirtschaft und ist offen für innovative und umweltfreundliche Projekte, unterstützt den Übergang zu erneuerbaren und alternativen Energiequellen und bietet Ökostrom an. Darüber hinaus beteiligt sich der Hafen von Tallinn an verschiedenen Projekten, die sich mit der Frage künftiger alternativer Kraftstoffe in diesem Sektor befassen“, heißt es in einer Mitteilung.

POLEN / LOGISTIK: SEEHÄFEN AUF EXPANSIONSKURS

Auch infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben sich die Verladeaktivitäten und Lieferketten im internationalen Handel verändert. Die Auswirkungen spüren Polens Häfen, allen voran der größte, Port Gdansk. Sie ersetzen teilweise ukrainische Schwarzmeerhäfen und verladen mehr Güter aus anderen Regionen wie Erdöl aus Saudi-Arabien oder Norwegen.

Die Hafenbetreiber erweitern deshalb die Kapazitäten für verschiedene Güterarten. Das bietet deutschen Unternehmen Zulieferchancen, etwa bei Logistikausrüstungen und technischer Ausstattung von Terminals für Flüssigerdgas und Installationshäfen für Offshore-Windkraft sowie Ingenieurleistungen. Entsprechende Ausschreibungen veröffentlichen die Hafenverwaltungen.

So ist etwa die Deutsche Bahn mit ihrer Gesellschaft DB Port Szczecin im Hafen Stettin vertreten und erwarb kürzlich für rund 9,2 Mio Euro eine Containerkrananlage. Das deutsche Ingenieurbüro Scherzer ist in Gdansk am Bau eines Hafenterminals zum Umschlag von Brennstoffen beteiligt, das in der dortigen Erdölraffinerie entsteht. In Swinoujscie wird Polens erstes Installationsterminal für Offshore-Windanlagen gebaut. Hauptauftragnehmer bei den hydrotechnischen Anlagen ist der österreichische Baukonzern PORR, bei dem deutsche Firmen Unteraufträge erhalten können.

Inbetriebnahme von LNG-Tanklagerschiff 2028 

Auch beim Bau des dritten LNG-Terminals im Hafen Swinoujscie kooperiert PORR mit der deutschen Ingenieurfirma TGE Gas Engineering und dem deutschen Anlagenlieferanten Selas-Linde. Das Terminal mit einer Jahreskapazität von 3,3 Mrd cbm soll zusammen im zweiten Quartal 2024 übergeben werden. Zwei kleinere Terminals mit je 2,5 Mrd cbm sind bereits in Betrieb.

Der Hafen Gdansk will ein schwimmendes LNG-Terminal anschaffen. Dieses Tanklagerschiff (FSRU) zur Anlandung, Lagerung und Regasifizierung von LNG soll Anfang 2028 mit einer Jahreskapazität von 6,1 Mrd cbm in Betrieb gehen. Die gesamte Kapazität Polens zur Anlandung von Flüssigerdgas wird dann rund 14,4 Mrd cbm betragen. Erwogen wird der Bau eines zweiten schwimmenden LNG-Terminals in Gdansk mit 4,5 Mrd cbm. Überschüssiges Erdgas will Polen exportieren.
Polens Energiestrategie setzt auf dem Weg zur Klimaneutralität neben den Brückentechnologien Erdgas und -öl auch auf Offshore-Windparks. Die dafür nötigen Anlagen sollen künftig von Installationshäfen aus in die Ostsee befördert werden.

Im Hafen Swinoujscie wurde bereits im Oktober 2023 mit dem Bau einer Installationsbasis zum Umladen, Lagern und Montieren von Teilen der Türme, Fundamenten und Turbinen begonnen. Das Areal soll Anfang 2025 fertiggestellt werden und auch Offshore-Projekte in Deutschland, Schweden und Dänemark bedienen. Die Bauarbeiten an Land übernimmt der polnische Baukonzern Budimex für über 27,1 Mio Euro im Auftrag von Orlen Neptun. Ein weiterer Installationshafen ist in Gdansk geplant.

Um die Offshore-Windparks zu warten, sind fünf Servicehäfen vorgesehen: Zwei in Leba, zwei in Ustka und einer von Ocean Winds auf dem Gelände der Firma Szkuner in Wladyslawowo. Der Bau des ersten Servicehafens in Ustka soll 2024 starten und 2026 vollendet sein. Er wird die künftige Offshore-Windfarm PGE Baltica bedienen.

Ausbau der Container-Kapazitäten 

Polens Seehäfen erweitern auch ihre Kapazitäten für den Containerumschlag. Die Hafenverwaltung von Szczecin-Swinoujscie erhielt 2023 eine Umweltgenehmigung und somit grünes Licht zum Bau eines Tiefwasser-Containerterminals für über 2,3 Mrd Euro. Ab Anfang 2028 soll dieses 2 Mio Standardcontainer jährlich verladen. Den Bau übernimmt ein Konsortium aus Deme Concession (Belgien) und Qterminals (Katar).

In Gdynia entsteht ein Außenhafen mit Container-Terminal für zunächst 2,5 Mio Standardcontainer jährlich. Die ersten Frachter sollen das Terminal Anfang 2029 anlaufen. Das dritte Container-Terminal des Baltic Hub in Gdansk mit einer Jahreskapazität von 1,7 Mio Standardcontainer nimmt frühestens im zweiten Halbjahr 2024 den Betrieb auf.

Mehrere neue Agrar-Terminals entstehen

Ebenfalls dort soll ein neues Agrar-Terminal jährlich mindestens 2 Mio t Agrargüter – auch aus der Ukraine – verladen, darunter ein Viertel Getreide. Die Hafenverwaltung schrieb dafür im Januar die Verpachtung eines 240.000 qm großen Geländes im Nordhafen erneut aus. Angebote können bis 22. Mai abgegeben werden. Die Firma Speed eröffnete im Gdansker Hafen bereits Ende 2023 ein Getreidelager mit 4.000 qm Fläche, wodurch jährlich 1 Mio t Getreide zusätzlich verladen werden können.

In Swinoujscie vereinbarte Ende 2023 das Unternehmen OT Port Swinoujscie mit Pol Invest Projects den Ausbau des dortigen Agro-Terminals auf Jahreskapazität von 2 Mio t für 9,2 Mio Euro. Beschafft werden Ausrüstungen zum Beladen von Schiffen.
In Gdynia will ein Konsortium aus Viterra und Copenhagen Merchants Group ein Getreide-Terminal 30 Jahre lang pachten, über drei Jahre 45,9 Mio bis 57,4 Mio Euro investieren, um bis zu 4 Mio t Getreide verladen zu können. Über die Pläne soll 2024 die Wettbewerbsbehörde UOKiK entscheiden.

Der größte polnische Seehafen in Gdansk konnte dank bereits zuvor getätigter Investitionen seinen Güterumschlag um vorläufig fast 13 Mio t auf eine Rekordmenge von etwa 81 Mio t steigern (2022: 68,2 Mio t). In Gdynia schätzt man das Plus für 2023 auf 5%, knapp 30 Mio t Fracht (2022: 28,2 Mio) wurden umgeschlagen. Szczecin-Swinoujscie meldet mit circa 36 Mio t aufgrund der eingebrochenen Verladung von Rohstoffen ein leichtes Minus (2022: 36,8 Mio t).

POLEN / KONJUNKTUR: DURCHSCHNITTSLÖHNE STEIGEN DEUTLICH

Die Durchschnittslöhne in der Wirtschaft stiegen im Februar um 12,9% im Vergleich zum Vorjahr, so stark wie seit einem Jahr nicht mehr. Dank des Rückgangs der Inflation nahm auch die Kaufkraft des Durchschnittslohns so stark wie noch nie in diesem Jahrhundert zu. Darüber berichtet die Zeitung „Rzeczpospolita“.

Wie das Statistische Zentralamt (GUS) in Warschau mitteilte, stiegen die Durchschnittslöhne im Wirtschaftssektor, der Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten umfasst, im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 12,9% auf 7979 Zloty (1.850 Euro) brutto, nach einem Anstieg auf Jahresbasis von 12,8% im Januar. Dieses Ergebnis übertrifft selbst die optimistischsten Schätzungen der von der „Rzeczpospolita“ befragten Wirtschaftsexperten.

Lohntabelle wurde angepasst

Die Gehaltserhöhung im Januar war größtenteils darauf zurückzuführen, dass die Lohntabelle angepasst wurde, um eine Erhöhung des Mindestlohns um mehr als 20% im Vergleich zum Vorjahr zu ermöglichen. Obwohl sich die Erhöhungen vom Januar auf das jährliche Lohnwachstum im Laufe des Jahres auswirken werden, gingen die Ökonomen weithin davon aus, dass die Wirkung nachlassen würde. Im Schnitt rechneten sie damit, dass die Durchschnittslöhne im Unternehmenssektor im Februar um 11,3% anziehen würden.

Im Jahr 2023 stiegen die Durchschnittslöhne im Unternehmenssektor in den ersten beiden Monaten des Jahres mit einer Jahresrate von 13,6% etwas stärker, allerdings in einem Umfeld mit deutlich höherer Inflation. Damals stieg das Verbraucherpreisniveau mit einer Jahresrate von bis zu 18,4%, im Februar dieses Jahres lag die Teuerung bereits bei nur noch 2,8%. In ihren Szenarien für dieses Jahr gingen die Ökonomen zumeist davon aus, dass die Verlangsamung der Inflation den Aufwärtsdruck auf die Löhne schwächen würde. Dies ist jedoch bisher offenbar nicht der Fall.

Dank des starken Rückgangs der Inflation stieg die Kaufkraft der Durchschnittslöhne im Unternehmenssektor im Februar um 9,8% gegenüber dem Vorjahr, nachdem sie im Januar um 8,8% zugenommen hatte. Dies ist das beste Ergebnis seit mindestens dem Jahr 2000. Die steigende Kaufkraft der Löhne schlägt sich eindeutig auf die Stimmung der Haushalte nieder.

Wie das GUS ebenfalls mitteilte, stieg der so genannte aktuelle Verbrauchervertrauensindex, der die Einschätzungen und Erwartungen der Haushalte hinsichtlich ihrer finanziellen Situation und der Wirtschaftslage sowie ihre Bereitschaft, wichtige Anschaffungen zu tätigen, widerspiegelt, im März mit minus 12,3 Punkten auf den höchsten Stand seit März 2020, nach minus 12,6 Punkten in den beiden Vormonaten. Im Laufe des Jahres ist er um mehr als 23 Punkte gestiegen. Eine so starke Verbesserung der Stimmung wurde vom GUS noch nie zuvor verzeichnet.

UNGARN / BAUINDUSTRIE: „MINI-DUBAI“ IST BESCHLOSSENE SACHE

Der Bau des umstrittenen Mega-Projektes „Mini-Dubai“ ist beschlossen. Mit einer Investition von 5 Mrd Euro soll der neue Stadtteil von Budapest gebaut werden. Dies gab der ungarische Außenminister Péter Szijjártó in Budapest bekannt, wie „APA“ berichtet. Die einschlägige Vereinbarung über die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sei bei dem Treffen mit deren Außenhandelsminister Thani bin Ahmed Al Zeyoudi unterzeichnet worden, schreibt das Online-Portal „Telex.hu“. Die Finanzierung des neuen Stadtteils in soll auf einem zwischenstaatlichen Abkommen zwischen den VAE und Ungarn basieren.

Das Unternehmen für Immobilienentwicklung Eagle Hills aus den Emiraten werde das Projekt als Bauträger leiten. Laut Szijjártó werde dieses Mega-Vorhaben nicht nur die Zusammenarbeit der beiden Länder fördern, sondern ebenso die Entwicklung von Budapest. Denn es werde nicht nur ein neuer moderner Stadtteil entstehen, sondern eine komplexe Investition mit touristischen, wirtschaftlichen und sportlichen Funktionen. Mit der Investition werde Budapest auf jene globale Landkarte gelangen, auf der Städte stünden mit ähnlich dynamischer Entwicklung. Der Minister hofft, dass die Investition den Weg für weitere Unternehmen aus den Emiraten öffnet.

Bereits im November 2023 berichteten Medien über Pläne des Dubaier Geschäftsmannes Mohamed Alabbar, dessen Firma Emaar Properties in Budapest den Bau eines Wolkenkratzers mit einer Höhe von 220 bis 240 m plane. Doch laut Medienberichten verlor er den Zuschlag gegen ein anderes Unternehmen. Abbar hatte den 828 m hohen Burj Khalifa, das höchste Gebäude der Welt, in Dubai errichtet. Aus der Erklärung von Szijjártó sei nicht ersichtlich, ob ein Turm und, wenn ja, in welcher Höhe er gebaut werden soll.

Das Projekt „Mini-Dubai“ sorgte für heftige Debatten in der ungarischen Hauptstadt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Median stimmte die Mehrheit der Befragten gegen das Vorhaben.

Gelände ohne Ausschreibung verkauft

Im Sinne des Projektes verkauft die rechtsnationale Regierung ohne vorherige Ausschreibung dem Investor ein 130 ha großes Gelände des Güterbahnhofes Rákosrendezö im XIV. Budapester Stadtbezirk Zugló. Die Räumung des Gebietes habe begonnen, schrieb das Portal. Die in Zugló in den Dienstwohnungen der Ungarischen Eisenbahnen (MAV) wohnenden Menschen müssen innerhalb von 30 Tagen ausziehen.

Laut dem Budapester Oberbürgermeister Gergely Karácsony gelte der Güterbahnhof Rákosrendezö als „goldene Reserve“ der Hauptstadt. Diese solle entwickelt werden, aber nicht auf diese Art. Im Gegenzug legte die Stadt Pläne für die Errichtung eines grünen, nachhaltigen Wohnviertels namens Parkstadt in dem Gebiet vor.

UKRAINE / AUSSENHANDEL: „WIR HELFEN EXPORTEUREN UND EINKÄUFERN“

Das im Jahr 2015 gegründete Büro für Unternehmens- und Exportförderung EEPO (Entrepreneurship and Export Promotion Office) bringt ukrainische Exportunternehmen mit ausländischen Einkäufern zusammen. Gemeinsam mit dem Ministerium für Digitalisierung entwickelte und betreibt EEPO zudem das Wirtschaftsförderportal für ukrainische Klein- und Mittelständler Diia.Business.

GTAI: Frau Liashenko, wie unterstützt EEPO die Exporttätigkeit ukrainischer Unternehmen?

Valentyna Liashenko: Das Entrepreneurship and Export Promotion Office hilft ukrainischen Firmen bei der Internationalisierung gleich in mehrerer Hinsicht. Wir bieten Dienstleistungen in den Bereichen Beratung, Analyse, Ausbildung und Suche nach Geschäftspartnern an, darunter Handelsmissionen und Messeteilnahmen. Unsere Experten analysieren beispielsweise anhand des Portfolios und der Möglichkeiten eines Unternehmens, welche Märkte sich am besten als erste Ziele für Exportaktivitäten eignen.

Wir organisieren ferner ukrainische Gemeinschaftsstände auf wichtigen Messen im Ausland: EEPO übernimmt die Kosten für den Gemeinschaftsstand und unterstützt während der Ausstellung. Die Unternehmen zahlen nur für ihre Logistik und Übernachtungen.

Fördern Sie auch den Kapazitätsaufbau?

Unsere Ausbildungsabteilung bietet sowohl langfristige Fortbildungsprogramme als auch Webinare oder Workshops an. Die Inhalte reichen dabei von Ratschlägen fürs Exportgeschäft, über Informationen zu Zielmärkten, bis hin zur richtigen Herangehensweise bei der Geschäftspartnersuche. Zusätzlich haben wir auch individuelle Programme im Portfolio. Wenn ein ukrainisches Unternehmen bereits ein gutes Produkt anbietet, aber keine klare Exportstrategie oder -erfahrung und die damit verbundenen Risiken gar nicht oder nur teilweise auf dem Schirm hat, eruieren wir mit ihren Vertretern in Workshops solche Fragen, um entsprechendes Know-how aufzubauen und auf Hürden aufmerksam zu machen.

Wie gehen Sie bei der Auswahl der unterstützten Unternehmen vor?

Ukrainische Unternehmen, die an unserer Unterstützung interessiert sind, müssen sich auf unserem Portal registrieren und einen Exportfähigkeitstest ausfüllen. Anhand des Profils und der Testergebnisse können unsere Experten dann gezielt helfen. Bei der Bearbeitung der täglich eingehenden Anfragen ausländischer Einkäufer überprüfen wir potenzielle ukrainische Lieferanten zusätzlich bei YouControl. Diese Datenbank sammelt Informationen über alle in der Ukraine registrierten Unternehmen – von deren Registerdaten, über die Steuer- und Finanzlage, bis hin zu medialer Berichterstattung und eines potenziell negativen Rufes.

EEPO sucht aber nicht nur anhand individueller Einkäuferanfragen?

Wir führen einen Exporteurskatalog mit derzeit über 400 ukrainischen Unternehmen – allesamt von uns verifiziert und durch YouControl überprüft. Dass sich nicht alle mit uns zusammenarbeitende Unternehmen aus der Ukraine dort wiederfinden, hat mehrere Gründe. Ein Ausschlusskriterium ist beispielsweise das Fehlen einer englischsprachigen Internetseite. Zusätzlich verlangsamt die Kriegslage die Überprüfung und Aufnahme neuer Unternehmen.

Wie kann ein deutsches Unternehmen bei der Beschaffung in der Ukraine um Ihre Hilfe bitten?

Das geht ganz einfach: Füllen Sie unser Online-Formular aus und wir schicken Ihnen anhand der Angaben binnen zwei bis drei Wochen eine Liste potenzieller ukrainischer Partner zu. Wir unterstützen auch bei der Organisation von Einkäuferreisen. So haben wir vorletztes Jahr den größten dänischen Einzelhandelskonzern COOP begleitet.

Für das dänische Projekt Trade for Aid organisierten wir 26 Treffen mit ukrainischen Zulieferern. Darunter den Besuch in einer Handwerksbrauerei in Dnipro, mit der die Zusammenarbeit mittlerweile mehr als zwei Jahre andauert.

UKRAINE / FÖRDERUNG: WIEDERAUFBAU MIT HERZ UND IDEEN

Das soziale Unternehmertum bringt neue Lösungsansätze zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in der Ukraine ein. Durch die enge Vernetzung mit der Gesellschaft kann es schnell auf Probleme reagieren und den Bedarf an dringend benötigter Unterstützung wie medizinischer oder humanitärer Hilfe decken. Dabei investieren gemeinnützige Betriebe bevorzugt in nachhaltige Projekte, schaffen Arbeitsplätze und entwickeln Innovationen.

In der Ukraine entwickelte sich das soziale Unternehmertum bereits nach der ersten Invasion Russlands im Jahr 2014. Organisierten zunächst Freiwillige Unterstützung für die Armee, Vertriebene oder medizinische Einrichtungen, übernahmen diese Aufgaben nach und nach soziale Firmen. Nach der russischen Vollinvasion 2022 kam diesen eine entscheidende Rolle zu: Sie beschäftigen sich vor allem mit der Reintegration der rund 5 Mio Binnenflüchtlinge in den Arbeitsmarkt durch Schaffung neuer Arbeitsplätze oder deren Requalifizierung.

Auch deutsche Firmen beteiligt

Sowohl deutsche als auch ukrainische gemeinnützige Unternehmen bieten in ihren Projekten Kooperationsansätze für gewinnorientierte Firmen an. Die deutsche PHINEO AG setzte 2022 einen Impact-Inkubator auf, um ukrainische Gründer zu unterstützen. Ziel ist es, Antworten auf die unterschiedlichen Krisen zu finden, die sich aus dem Krieg ergeben. So unterstützt PHINEO bei der Entwicklung von Lösungen bei den Themen mentale Gesundheit oder sauberes Trinkwasser.

„It‘s craft“ ist eine ukrainische Plattform zur Unterstützung von Handwerkern und Kleinstwerkstätten. Sie wurde ursprünglich während der Corona-Pandemie als Marktplatz für regionales Handwerk aus ländlichen Gebieten der Region Cherson etabliert. Mittlerweile deckt die Plattform mit drei regionalen Hubs in Cherson, Mykolajiv und Odessa den kompletten Süden des Landes ab. „It‘s craft“ unterstützt bei Logistik und Vertrieb und bietet Workshops für Kleinstunternehmen an. Die Hälfte des Gewinns fließt in die Weiterentwicklung der Plattform.

Das deutsche Sozialunternehmen Socialbee unterstützt Geflüchtete beim Eintritt ins Berufsleben. Ziel ist es, Firmen die Einstellung von Geflüchteten so einfach wie möglich zu machen. Dazu wurden Programme entwickelt, wie Geflüchtete auch nach Einstellung weiter begleitet werden. Im Female-Accelerator-Programm wurde 2023 auch eine zweistellige Anzahl ukrainischer Frauen betreut, um ihnen beim Neuanfang in Deutschland zu helfen.

Finanzierung bleibt größte Hürde

Soziale Firmen im Land sind derzeit mit einer Vielzahl von Hindernissen konfrontiert. Die größte Herausforderung ist der Zugang zu Finanzmitteln. Auch die Frage nach geeigneten Rechtsformen, sowie eine unterentwickelte Beratungsinfrastruktur für die Gründung und Skalierung spielen eine Rolle.

Der Ukraine Social Venture Fund (USVF) will den Zugang zu Finanzierungsinstrumenten für soziale Unternehmen vereinfachen. Bisher hat das Programm 49 Firmen unterstützt und rund 500.000 Euro an zinslosen Darlehen vergeben. Dadurch will der USVF das sozialunternehmerische Ökosystem systematisch weiterentwickeln.

ZENTRALASIEN / MASCHINENBAU: RÄDER ROLLEN MIT CHINAS HILFE

Ohne Chinas Fahrzeugindustrie geht wenig bei der Modernisierung der Verkehrssysteme Zentralasiens, berichtet „Eurasianet“. Mit Kasachstan und Usbekistan suchen die beiden wirtschaftlich stärksten der früheren Sowjetrepubliken Hilfe im Reich der Mitte.

Eine Delegation des chinesischen Herstellers von Lokomotiven und rollendem Material CRRC führte jüngst in Taschkent Gespräche mit der staatlichen Eisenbahngesellschaft Uzbekistan Railways JSC. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die „Modernisierung von Elektrolokomotiven und die Lokalisierung der Produktion“, heißt es in einer Erklärung des usbekischen Unternehmens. Die Gespräche führten jedoch noch nicht zu konkreten Vereinbarungen. Beijing unterstützt Taschkent auch bei der Modernisierung seiner öffentlichen Busflotte für den Einsatz in usbekischen Städten.

„UzDaily“ zufolge stellt die Chinesische Entwicklungsbank 120 Mio Dollar für den Kauf von 1.000 in der Volksrepublik hergestellten „Hochleistungsbussen“ bereit, die mit Druckgas betrieben werden. Einem Erlass der usbekischen Regierung zufolge planen die Beamten außerdem, rund 60 Mio Dollar für den Kauf von 200 elektrischen Linienbussen bereitzustellen, die in der Hauptstadt Taschkent eingesetzt werden sollen. Aus dem Wortlaut des usbekischen Dekrets geht nicht hervor, ob die chinesische Finanzierung für die Verbesserungen als Darlehen oder als Zuschuss betrachtet wird.

Bisher keine konkreten Projekte

Derweil unterzeichneten Vertreter des kasachischen staatlichen Wohlfahrtsfonds Samruk-Kazyna ein Kooperationsabkommen mit dem chinesischen Lokomotivenhersteller CRRC. Der Pakt scheint vor allem ehrgeizig zu sein und enthielt keine Angaben zu einem konkreten Geschäft. In einer Erklärung von Samruk-Kazyna heißt es, die beiden Firmen wollten „ihre Beziehungen stärken und nach neuen Investitionsmöglichkeiten suchen“. Wie bei den Gesprächen mit CRRC in Usbekistan betonte auch der kasachische Fonds den Wunsch, die Herstellung von Lokomotiven unter Verwendung fortschrittlicher Technologien zu „lokalisieren“ und die Einrichtung von Servicezentren für die Wartung der Ausrüstung zu „fördern“.

Naher Osten und mittlerer Osten

ARABISCHER RAUM / KONJUNKTUR: WEITER ABHÄNGIG VON ÖL UND GAS

Die Entwicklung der öffentlichen Haushalte ist ein wichtiger Indikator für den künftigen Schuldendienst und somit für den mittel- bis langfristigen Spielraum staatlicher Investitionsprojekte. Für die Finanzministerien der sechs Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) bleibt der Ölpreis die entscheidende Größe bei der Haushaltsplanung. Im Januar prognostizierte die U.S. Energy Information Administration für die Rohölsorte Brent im Jahr 2024 einen durchschnittlichen Preis von 82 US-Dollar je Barrel und von 79 Dollar für 2025. Die Vorhersagen gehen davon aus, dass es im Nahen Osten zu keiner weiteren Eskalation politisch-militärischer Konflikte kommt.

In Saudi-Arabien weist der Haushaltsplan 2024 ein leicht geringeres Defizit als im Vorjahr aus. Nach vorläufigen Angaben des Finanzministeriums lag 2023 der Fehlbetrag bei 21,9 Mrd Dollar. Für 2024 wird mit einem Defizit von 21,1 Mrd Dollar gerechnet. Auch in den beiden folgenden Jahren erwartet das Ministerium Defizite von 19,5 Mrd Dollar (2025) und 29,1 Mrd Dollar (2026). Die Rückkehr in die roten Zahlen im Jahr 2023 ist das Ergebnis eines Rückgangs der Einnahmen um 5,9% und einer Ausweitung der Ausgaben um 9,5%. Einer Steigerung der Steuereinnahmen um 8,9% stand ein Rückgang der Öleinnahmen um 12% gegenüber.

Innerhalb des GCC sind die VAE das Land mit der geringsten Abhängigkeit von der Ölpreisentwicklung. Nur das Emirat Abu Dhabi lebt überwiegend von den Öl- und Gaseinnahmen. Abu Dhabi ist aber auch das wirtschaftliche wichtigste Emirat mit einem Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt der VAE von etwa 60%. Dubai mit seinen leistungsstarken Dienstleistungssektoren steuert rund 25% zum BIP bei, die anderen fünf Emirate 15%. Nach Schätzungen des IWF verbuchten die öffentlichen Haushalte 2023 einen Überschuss von 27 Mrd Dollar. Für 2024 wird ein Plus von 23,1 Mrd prognostiziert.

Oman setzt Konsolidierungskurs fort

Das Sultanat Oman dürfte 2024 das dritte Jahr in Folge einen Haushaltsüberschuss erzielen. Gemäß der Statistikbehörde hat der Oman im Zeitraum 2009 bis 2021 durchgängig rote Zahlen geschrieben. Insgesamt summierte sich das Minus auf 69 Mrd Dollar.

Nach vorläufigen Schätzungen des Finanzministeriums hat das Land 2023 ein Plus von rund 2,4 Mrd Dollar verbucht. Dieser Überschuss ist das Ergebnis einer Reduzierung der Ausgaben gegenüber dem Vorjahr um 15,4% auf 29,3 Mrd Dollar. Die laufenden Ausgaben schrumpften um 15,3% mit 26,4 Mrd Dollar. Die Investitionen sanken um 15,8% auf 2,9 Mrd Dollar.

Nach einem Haushaltsdefizit von 2,9 Mrd Dollar im Corona-Jahr 2020 wird der große Flüssiggaslieferant Katar 2024 das vierte Jahr in Folge wieder einen Haushaltsüberschuss erzielen. Der Haushaltsplan weist ein Plus von lediglich 300 Mio Dollar aus. Für die Berechnung der Einnahmen wird dabei aber ein Ölreferenzpreis von nur 60 Dollar pro Barrel unterstellt. Realistischer erscheint aber ein Preis auf dem Niveau von 2023. Bei dieser Annahme würde 2024 das Plus zwischen 14 und 16 Mrd Dollar liegen.

Nach neun Jahren in Folge mit Defiziten hat Kuwait im Haushaltsjahr 2022/2023 (April bis März) einen Überschuss von 21 Mrd Dollar erzielt. Das verspätetet im August 2023 vom Parlament verabschiedete Budget 2023/2024 rechnet wieder mit einem Fehlbetrag von 22,2 Mrd Dollar. Dabei wird mit einem Ölpreis von 70 Dollar kalkuliert. Die Öleinnahmen sollen 55,9 Mrd Dollar betragen, die Gesamteinnahmen 63,4 Mrd Dollar.

Der Staatshaushalt des kleinen Inselstaates Bahrain weist chronisch rote Zahlen auf. Jedoch sind die Defizite nach 2020, als ein Minus von 4,4 Mrd Dollar verzeichnet wurde, deutlich gesunken. Der Fehlbetrag lag 2022 nur noch bei 500 Mio Dollar. Der positive Trend hat sich aber 2023 nicht fortgesetzt. Im ersten Halbjahr gab es ein Defizit von 1 Mrd Dollar. Der Budgetplan weist ein Minus von 1,4 Mrd Dollar aus. Für 2024 ist ein Defizit von 400 Mio Dollar geplant.

OMAN / ROHSTOFFE: HÖHERE LNG-EXPORTE – SINKENDE ERLÖSE

In der omanischen Gasförderung steigen die Verarbeitungskapazitäten zu langsam und bremsen damit die Ausweitung der Fördermenge. Im Dezember 2023 erklärte der Chef von Shell Oman, dass kurzfristig nicht das Upstream-Potenzial der limitierende Faktor sei, sondern die begrenzten Möglichkeiten, das Gas lokal weiterzuverarbeiten. Deshalb will die Regierung die gasverarbeitende Industrie und die Produktion von Flüssiggas massiv ausbauen.

In Oman soll eine zweite LNG-Anlage gebaut werden. Eine entsprechende Vereinbarung zur Gründung des Joint Ventures Marsa Liquefied Natural Gas LLC beschlossen Ende 2021 TotalEnergies (80%) und die staatliche Holding OQ (20%). Die geplante Anlage in der nördlichen Hafenstadt Sohar hat eine Kapazität von 1 Mio t pro Jahr und soll Gas aus dem neuen Mabrouk North East Feld beziehen.

Das LNG-Werk wird mit Solarstrom betrieben. Das als „Low Carbon LNG“ bezeichnete Gas soll als Treibstoff für Schiffe genutzt werden. Das mit 1 Mrd US-Dollar kalkulierte Projekt ist seit 2018 im Gespräch, lag aber zeitweise auf Eis. Jetzt wird die Vergabe des Bauauftrages bis Mitte 2024 erwartet. Angebote legten McDermott aus den USA, die JGC Corporation aus Japan und die französische Technip Energies vor. Die Inbetriebnahme ist für 2027 geplant.

Auch der Ausbau der petrochemischen Industrie, die viel Gas benötigt, gehört zu den wichtigen Entwicklungszielen. Seit Mitte 2023 gibt es jedoch beim größten geplanten Projekt, einem 9-Mrd-Dollar-Petrochemiekomplex in Duqm, wenig Bewegung. Die Projektbetreiber sind Kuwait Petroleum International, die Saudi Basic Industries Corporation und OQ.

Die Industrie ist der mit Abstand größte Gasverbraucher. Neben der petrochemischen Industrie ist der Flüssiggashersteller Oman LNG der wichtigste Abnehmer. Nach Angaben des Statistikamtes entfielen 2023 auf den industriellen Sektor etwa 59% des Gasverbrauchs. Die Ölindustrie folgte mit 25%. Sie verwendet das Gas vor allem für Injektionen in Ölfelder zur Erhöhung des Förderdrucks. Kraftwerke verbrauchten die restlichen 16%.

Förderkapazitäten steigen weiter

Im Mabrouk North East Gasfeld (Block 10) begann Shell Integrated Gas Oman 2023 mit der Förderung. Die volle Produktionskapazität von 500 Mio Kubikfuß pro Tag soll Mitte 2024 erreicht sein. Neben Shell sind am Gasprojekt die französische TotalEnergies und OQ beteiligt. Ein weiterer Shareholder ist Marsa LNG.

Shell arbeitet an der Erschließung weiterer Gasfelder. Dazu gehört ein Feld im Block 11 A & B, das auch gemeinsam mit TotalEnergies und OQ betrieben wird. Weitere Shell-Vorhaben sind die Entwicklung von Gasvorkommen im Block 42 sowie im Block 55.

Die Firma Petroleum Development Oman will die Gasförderung in den Feldern Budour und Tayseer erhöhen. Dazu sollen neue Anlagen für 250 Mio Dollar gebaut werden. Eine entsprechende Ausschreibung wird 2024 erwartet. Der Präqualifizierungsprozess ist bereits abgeschlossen.

Nach der Behebung von Engpässen erhöhte sich die nominale Produktionskapazität der drei Produktionslinien von Oman LNG in Sur von jährlich 10,4 Mio auf 11,6 Mio t. Der tatsächliche Ausstoß lag 2023 mit geschätzt etwa 12 Mio t sogar noch höher. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Kpler Energy Intelligence exportierte Oman LNG 2023 monatlich zeitweise mehr als 1 Mio t.

Trotz gestiegener Ausfuhrmengen sind die Exporterlöse 2023 preisbedingt gesunken. Laut Außenhandelsstatistik exportierte der Oman in den ersten zehn Monaten LNG im Wert von 5,6 Mrd Dollar. Dies entspricht einem Rückgang von 14% gegenüber der Vorjahresperiode. Die Exporterlöse hatten sich 2022 aufgrund stark gestiegener Gaspreise um 83% auf 7,9 Mrd Dollar erhöht.

VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE / UMWELTSCHUTZ: PLAN FÜR DEKARBONISIERUNG GESTARTET

In den Vereinigten Arabischen Emiraten ist der Gebäudesektor für 27% der Treibhausgasemissionen des Landes verantwortlich, was ihn zu einem entscheidenden Sektor für die Dekarbonisierung des Landes macht.

Nun enthält der Klimaplan der VAE die Verpflichtung, die Emissionen im Immobiliensektor bis 2030 um 56% zu senken, wie die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen in einem Newsletter berichtet. Aus diesem Grund hat eine Gruppe wichtiger Bauträger der VAE unter der Leitung des Emirates Green Building Council und der UN-Klimachefin für die COP 28 vor kurzem den „UAE Sustainability Built Environment Blueprint“ veröffentlicht. Dieser zeigt die wichtigsten Herausforderungen für den Gebäudesektor und die Voraussetzungen auf, die erforderlich sind, um die VAE auf dem Weg zum Netto-Nullenergieverbrauch voranzubringen, einschließlich Politik und Vorschriften, Baumaterialien, Finanzen, Daten und Kompetenzen.

Welt

WELT / BAUSTOFFE: DAS BOOMENDE GESCHÄFT MIT GRÜNEM BETON

Bill Gates, Jeff Bezos und der ehemalige Los Angeles Laker Rick Fox sind Teil einer neuen Welle von Investoren und Unternehmern, die einen der schlimmsten Schadstoffe der Welt umweltfreundlicher machen wollen. Einigen Schätzungen zufolge ist Beton für mehr als 7% der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich. Das entspricht etwa dem CO₂-Ausstoß von ganz Indien und ist mehr als doppelt so hoch wie der Ausstoß der weltweiten Luftfahrtindustrie.

Der größte Teil dieser Emissionen wird durch Zement verursacht, jener Klebstoff, der Sand und Kies zu Beton verbindet und für den Bau von Straßen, Brücken und Gebäuden verwendet wird. Das am zweithäufigsten verwendete Material der Welt ist beliebt, weil es billig, relativ einfach herzustellen, feuerfest und extrem stabil ist.

Es ist aber auch sehr, sehr schmutzig. Zur Herstellung von Zement werden Kalkstein und Ton in riesigen Öfen auf etwa 2.700 Grad Celsius erhitzt und zu kleinen Körnchen, dem sogenannten Klinker, verarbeitet, der dann zu Pulver verarbeitet und mit anderen Materialien vermischt wird. Beim Erhitzen setzt der Kalkstein viel CO₂ frei, und der gesamte Prozess wird häufig mit fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Gas betrieben.

Große Hersteller und Start-ups wie Brimstone und Partanna entwickeln neue Technologien zur Herstellung von Zement mit weniger CO₂-Ausstoß. Durch Break-through Energy Ventures, das von Bill Gates gegründet wurde und unter anderem von Bezos, Jack Ma und Michael Bloomberg unterstützt wird, stecken Fifth Wall und andere Risikofirmen Dutzende von Millionen Dollar in diese Unternehmen.

Einige von ihnen versuchen, Zement aus anderen Materialien herzustellen, die weniger umweltschädlich sind. Brimstone hat nach eigenen Angaben ein Verfahren zur Herstellung von Zement aus kohlenstofffreiem Gestein entwickelt.

Andere Unternehmen verkaufen Ersatzstoffe für Zement, so dass Betonmischer weniger davon benötigen. Eco Material Technologies beispielsweise gewinnt Kohleasche aus Mülldeponien und vulkanische Asche aus Bergwerken. Diese Ersatzstoffe sind nicht neu, aber das Unternehmen sagt, es habe Wege gefunden, den Anteil im Beton deutlich zu erhöhen.

Wieder andere entfernen Schadstoffe aus der Luft. Das Start-up-Unternehmen CarbonCure hat ein Verfahren entwickelt, mit dem CO₂ in den Beton gepumpt wird, während dieser hergestellt wird, und hat im vergangenen Jahr 80 Mio Dollar an Risikokapital erhalten.

Es ist unklar, ob sich die grüneren Betonalternativen jemals auf breiter Front durchsetzen werden. Die Bauvorschriften enthalten strenge Regeln für die Inhaltsstoffe von Beton, und viele Bauherren probieren laut Experten nicht gerne neue Materialien aus.

Ein weiteres Problem sind die Kosten. Die umweltfreundlichste Zementalternative von Eco Material kostet etwa doppelt so viel wie Standardzement.

Selbst wenn einige dieser neuen Technologien erfolgreich sind, müssen Start-ups beweisen, dass sie grünen Zement in den großen Mengen herstellen können.

WELT / ENERGIEERZEUGUNG: DAS SOLARPARADOXON

Die Solarindustrie ist sicherlich einer der wichtigsten Bausteine für die Energiewende – auch und gerade in den Schwellenländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Weltweit gibt es einen massiven Solar-Boom.
Deutschland liegt beim Volumen der installierten Photovoltaikleistung auf Platz 5 weltweit – nicht überraschend nach den großen Nationen China, USA, Japan und Indien. Einige Länder, wie Spanien, Ungarn oder Griechenland, sind prozentual zum Gesamtenergieverbrauch in Europa führend.

Der Sinneswandel, angesichts der zunehmenden Naturkatastrophen in nahezu allen Regionen dieser Erde, zu nachhaltigem Klimaschutz und zum Einsatz erneuerbarer Energien ist da. Politik, Unternehmen und Privatpersonen denken um, um Energiekosten zu reduzieren und auch, um die Abhängigkeit von der chinesischen Solarindustrie und natürlich von der Öl- und Gaslieferung diverser Nationen zu verringern. Die Wissenschaft forscht an neuen Solarzellen, die ressourcenschonender und billiger herzustellen und dabei effizienter sind, um die Solartechnologie in noch mehr Anwendungsfällen attraktiver zu machen.

Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen hoch

Schwellenländer spielen beim Ausbau der erneuerbaren Energiequellen zum Schutz des Klimas und zum Erhalt der Lebensgrundlagen eine zunehmende Rolle – sowohl als Leidtragende der derzeitigen Situation aufgrund immer härterer Dürren und Überschwemmungen, aber ebenso als Lösungsbringer. Nicht zu vergessen ist dabei, dass sie auch als Energieabnehmer aufgrund des wirtschaftlichen Wachstums in vielen Regionen immer mehr an Relevanz gewinnen.

Das Paradoxe: Gerade dort, wo teils perfekte Wetterbedingungen für eine florierende Solarindustrie herrschen, tut sich die Energiewende besonders schwer. Einerseits sind sich Experten weltweit einig darüber, dass in der Solarenergie die Zukunft der meisten Schwellenländer liegt. Andererseits ist gerade dort die Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas weiterhin sehr hoch.

Gleichzeitig steigt die Energienachfrage und damit leider auch die Kosten für jegliche Art von Energie. Neben Großkonzernen ist in vielen Ländern der Mittelstand der Jobmotor – Unternehmen, die oft nur regional oder national aktiv sind und Geschäftsmodelle oder Produkte für ihre Region anbieten. Dazu gehört die Landwirtschaft ebenso wie lokale Produktionsbetriebe oder regionale Touristikanbieter.

In den nächsten drei Jahren werden nach Angaben der International Energy Agency mehr als 70% des zusätzlichen Bedarfs an Strom aus China, Indien und Südostasien kommen. Energie aus fossilen Quellen ist aber sehr teuer und für mittelständische Betriebe ein immenser Kostenpunkt. In einigen Fällen sind die Kosten sogar fünfmal so hoch wie in Europa.

Bau von Anlagen scheitert am Kapital

Lokale Solaranlagen für diese Unternehmen stellen eine wichtige Lösung in diesem Dilemma dar. Sie bieten aufgrund der klimatischen Verhältnisse und im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien wie Biogas oder Windkraft eine effiziente und günstigere Möglichkeit der Stromerzeugung. Und das lokal direkt vor Ort – dezentral und flexibel einsetzbar.
Die Finanzierung dieser Solaranlagen für gewerbliche und industrielle Endkunden ist jedoch oft ein Problem.

Unternehmen möchten oder können ihr Kapital nicht außerhalb ihres Kerngeschäfts investieren oder beim Bau, der Instandhaltung oder Versicherung der Solaranlagen involviert sein.

Für Investitionen zwischen 500.000 und 5 Mio Euro für eine Solaranlage gewähren lokale Banken zwar Darlehen. Aber bei diesen sind nicht nur die Zinsen sehr hoch, sondern es wird auch eine Tilgung in maximal fünf Jahren verlangt. Damit ist die Finanzierung oft nicht umsetzbar, da die Zins- und Tilgungslast nicht aus den Einsparungen der Stromkosten bedient werden kann.

Privates Kapital ist hier aktuell eine Möglichkeit, um einzelne Anlagen zu realisieren. Natürlich löst das noch nicht das weltweite Problem. Aber vielleicht ist der Weg der kleinen, leichter umsetzbaren und praktikablen Schritte der richtige, um Unternehmen eine günstige Energieversorgung zu ermöglichen und diese damit auch unabhängiger von den großen Energiekonzernen zu machen.

Einzelprojektförderung als Teil der Lösung

Ein Finanzierungsinstrument, um Solarprojekte in den Schwellenländern zu realisieren, ist eine Direktinvestition mittels Crowd-investing. Die Idee dahinter ist, dass viele Anleger mit kleineren Geldbeträgen in ein konkretes, für sie fassbares und selbst ausgewähltes Projekt investieren. Im Gegenzug erhalten sie für den gewährten Kredit typischerweise eine Verzinsung. Es handelt sich meist um Nachrangdarlehen.

Anleger erhalten also die Verzinsung und Rückzahlung des investierten Betrages zu festgelegten Zeitpunkten, wenn die vorrangigen Darlehensgeber, wie Banken, bedient wurden.
Es gibt bereits eine Vielzahl von fertiggestellten Solarprojekten weltweit – unter anderem in Vietnam, Kenia, Costa Rica, Chile, Nigeria und den Philippinen, die alle über Direktinvestitionen finanziert wurden. Ein konkretes Beispiel: Golden Star Ltd. ist einer der größten Schuhproduzenten Vietnams, mit namhaften Kunden wie Timberland, Prada, Ugg und Esprit. Das Unternehmen produziert mit seinen 27.000 Mitarbeitenden, von denen 80% Frauen sind, jährlich mehr als 10 Mio Schuhe. Über die Crowdinvesting-Kampagne wird eine Solaranlage mit 2 MW finanziert, die damit 30.668 t CO₂-Emissionen über ihre Lebensdauer hinweg einspart.

Neben den alles umspannenden Klimaschutzmaßnahmen, die die weltweite Staatengemeinschaft aktuell beschließt und die der Umsetzung teils noch harren, ist es hilfreich, den Blick vermehrt auch auf die einzelnen Einheiten, Initiativen und Unternehmen zu richten. Diese können flexibel und schnell agieren und ihren Beitrag zur Transformation in eine klimaneutrale Welt leisten.

Martin Baart, Co-Gründer und CEO der ecoligo GmbH und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Digital Invest e.V.

WELT / KONJUNKTUR: INSOLVENZEN STEIGEN DEUTLICH – AUCH IN DEUTSCHLAND

Allianz Trade hat den neuesten globalen Insolvenzreport mit aktualisierten Prognosen für 2024 und 2025 veröffentlicht. Laut dem Warenkreditversicherer nehmen die weltweiten Insolvenzen nach zwei moderaten Jahren 2022 (1%) und 2023 (7) 2024 (9) wieder deutlich zu, bevor sie sich im kommenden Jahr auf hohem Niveau stabilisieren. Dieser Trend gilt – wenn auch verzögert im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Ländern – auch für Deutschland. So werden 2024 laut Report die anhaltende Wirtschaftsschwäche, strukturelle Herausforderungen und engere Finanzierungsbedingungen voraussichtlich noch mehr deutsche Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten bringen.

Entsprechend dieser Entwicklung erwarten die Analysten von Allianz Trade, dass die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland dieses Jahr das Niveau von 2019 überschreiten (15.481 Fälle) und etwa 20.260 Fälle erreichen (plus 13% im Vergleich zum Vorjahr), bevor sie sich 2025 aufgrund der erwarteten Erholung der deutschen Wirtschaft auf einem etwas stabileren Niveau einpendeln (19.860 Fälle).

Wie erwartet verzeichnete das Jahr 2023 einen rasanten und breit angelegten Wiederanstieg der Unternehmensinsolvenzen, und 2024 begann in den meisten Industrieländern mit Insolvenzen über dem Niveau vor der Pandemie. Die Zahl der Firmeninsolvenzen stieg 2023 in 3 von 4 Ländern wieder an, wobei die meisten einen zweistelligen Anstieg verzeichneten. Starke Steigerungen gab es in den USA (40% im Jahr 2023) und in der Eurozone insgesamt (14%), wobei die Niederlande (52), Frankreich (35) sowie Deutschland (23) an der Spitze lagen.

„Der Anstieg der weltweiten Insolvenzen beschleunigte sich 2023 um 6 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr und wurde nur durch die Rückgänge in China (14%) und in Schwellenländern wie Südafrika (13) und Indien (8) gedämpft. Westeuropa trug trotz einer leichten Verlangsamung – plus 15% im Jahr 2023, minus 8 Prozentpunkte gegenüber 2022 – erneut maßgeblich zum weltweiten Anstieg der Firmeninsolvenzen bei. Auch Nordamerika hatte mit einem starken Zuwachs an Insolvenzen (41%) großen Anteil am weltweiten Anstieg. Ein weiterer besorgniserregender Faktor ist der Anstieg der Insolvenzen von Großunternehmen, der zu einem weiteren Zahlungsausfallrisiko für kleinere Lieferanten führen könnte – 2023 wurde weltweit ein Fall pro Tag (365) verzeichnet“, erklärt Maxime Lemerle, Leitender Analyst für Insolvenzforschung bei Allianz Trade.

Geringeres Wachstum, Handelsunterbrechungen und geopolitische Unsicherheiten schaffen die Voraussetzungen für einen weiteren Anstieg der weltweiten Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2024. In diesem Jahr ist der dritte Anstieg in Folge (9%) zu erwarten, der durch steigende Insolvenzzahlen in vier von fünf Ländern angetrieben wird, so Allianz Trade im Report. Die größten Steigerungen werden in den USA (28%), Spanien (28) und den Niederlanden (31) erwartet.

Der Warenkreditversicherer rechnet jedoch nicht mit einem massiven Anstieg der Unternehmensinsolvenzen, wie er nach der großen Finanzkrise zu verzeichnen war.

WELT / LOGISTIK: KANÄLE SIND WIE NADELÖHRE

Der Suezkanal, der 1869 von der französischen Compagnie Universelle du Canal Maritime de Suez fertiggestellt wurde, verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und ist damit die schnellste und günstigste Route zwischen Europa und Asien. Rund 30% des weltweiten Containerverkehrs und somit 12 bis 15% des Welthandels passiert diese enge Wasserstraße. Der Wert dieser Waren wird auf über 1 Bill US-Dollar pro Jahr geschätzt. Das entspricht 19.000 Schiffen und einem Umsatz von 9,4 Mrd Dollar im Geschäftsjahr 2023.

Aufgrund der Raketen- und Drohnenangriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Milizen auf Schiffe ging der Verkehr im Dezember 2023 und Januar 2024 um rund 42% zurück. Als Reaktion darauf griff US-amerikanisches und britisches Militär Raketenstellungen der Huthis an. Bislang konnten deren Angriffe dadurch allerdings nicht gestoppt werden. Die Route von Singapur nach Rotterdam über den Suezkanal ist 8.500 Seemeilen lang und dauert 26 Tage. Beim Umweg über das Kap der Guten Hoffnung verlängert sich die Reise auf 11.800 Meilen und 36 Tage. Dabei entstehen für Hin- und Rückfahrt zusätzliche Treibstoffkosten von 1 Mio Dollar.

Umwege treiben Frachtpreise nach oben

Es gibt Hinweise, dass europäische Importeure Bestände aufbauen und statt der Just-in-Time-Lieferung lieber auf Nummer sicher gehen. Die Frachttarife sind dementsprechend in die Höhe geschnellt und beispielsweise für die Route von Shanghai nach Europa seit Anfang Dezember um 256% gestiegen. Auch die Versicherungsprämien sind kräftig gestiegen und treiben die Kosten zusätzlich nach oben. Als der Kanal das letzte Mal 2021 blockiert war, hielt er nach Schätzungen von Lloyd‘s List täglich Containerfracht im Wert von 9,6 Mrd Dollar auf. Aktuell sind die Energiepreise eindeutig in Gefahr, denn täglich werden 9,2 Mio Barrel Öl und 116 Mio cbm Flüssigerdgas durch den Kanal transportiert.

Der andere Weg ist der Panamakanal. Der 1914 von den USA gebaute Kanal verbindet den Pazifik mit dem Atlantik und gleicht dabei durch Binnenseen und Schleusen einen Höhenunterschied von 26 m aus. Daher werden erhebliche Wassermengen benötigt, um ein Schiff durch den Kanal zu schleusen.

Hier bereitet der Klimawandel Probleme. Das Wetterphänomen El Niño tritt häufiger auf und führt zu Dürren, mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Kapazität des Kanals. Normalerweise passieren 12.000 Schiffe pro Jahr den Kanal, die 600 Mio t Waren transportieren und Umsatz von 4,97 Mrd Dollar generieren. Inzwischen ist die Zahl der Schiffe um 27% auf 24 pro Tag gesunken. Die Panamakanal-Behörde (PCA) führt dies auf höhere Temperaten im Atlantik zurück, die durch El Niño und die verspätete Regenzeit verstärkt werden. Den Prognosen der PCA zufolge wird der Wasserspiegel im wichtigen Gatunsee bis April 2024 um 2% sinken. Das wird sich auf die Frachttonnage der Schiffe auswirken, die den Kanal aufgrund ihres Tiefgangs nutzen können.

Über den Suezkanal werden hauptsächlich Handelswaren, Lebensmittel und Öl transportiert. Der Panamakanal ist dagegen die Route für über 20% der weltweiten Sojabohnenexporte und 15% der Maisexporte. Zudem ist er die Hauptroute für LNG-Exporte nach Asien. Es wurden Lieferungen nach Europa umgeleitet, die Liefermengen aus dem Nahen Osten ersetzt haben. Das hat zu günstigeren Preisen in der EU geführt.

Für die US-Sojaexporteure ist der Mississippi das unmittelbare Problem: aufgrund der dürrebedingt niedrigeren Wasserstände kam es häufiger zu Einschränkungen der Schifffahrt. Knapp 60% der US-Getreideexporte (Weizen, Sojabohnen, Mais) werden über diese Route mit Frachtkähnen zu den Exportterminals im Golf von Mexiko transportiert.

Noch lässt sich nicht abschätzen, ob diese Engpässe zu einer Inflation führen werden. Es wäre jedoch vernünftig, den dadurch entstehenden Druck auf die Teuerungsrate anzuerkennen, der zu einem strukturellen Problem werden könnte. Grund hierfür ist der Kostenanstieg, der je nach Teilsektor sehr unterschiedlich ausfällt. Dieser hängt vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf den Zielmärkten ab und davon, wie stark sich längere Seewege auf die Verfügbarkeit von leeren Schiffen für die Rückfahrt beeinflussen.

WELT / LOGISTIK: REEDEREIEN VERLÄNGERN OCEAN-ALLIANCE-ABKOMMEN

Im Bemühen um die Sicherheit der weltweiten maritimen Lieferketten verlängern mehrere Großreedereien aus Frankreich und Asien ihre Zusammenarbeit. CMA CGM aus Frankreich, Cosco aus China, Evergreen aus Taiwan und OOCL aus Hongkong setzten ihre Partnerschaft in der seit 2017 bestehenden sogenannten Ocean Alliance fort, teilte der französische Reeder am Dienstag mit. Die derzeitige Kooperation wäre 2027 ausgelaufen, sie besteht nun bis Ende März 2032 fort.

Die Entscheidung zur Verlängerung der Zusammenarbeit betone den Willen, „die Bedürfnisse unserer Kunden zu erfüllen und noch sicherere, zuverlässigere und nachhaltigere Lieferketten aufzubauen“, erklärte CMA CGM. Auch Evergreen und Cosco äußerten sich positiv zu der verlängerten Allianz. Die Kooperation umfasst die sieben größten Ost-West-Seerouten zwischen Asien und Nordeuropa, dem Mittelmeer, dem Nahen Osten und den Küsten Nordamerikas. Es ist die größte derartige Kooperation.

Mitte Januar hatten der deutsche Reeder Hapag-Lloyd und der dänische Konkurrent Maersk ihrerseits eine Zusammenarbeit angekündigt. Die beiden Branchenriesen wollen ab Februar 2025 eine Flotte von rund 290 Schiffen gemeinsam betreiben. Maersk stellt demnach 60% der Schiffe und Hapag-Lloyd 40%.

Hapag-Lloyd wird demnach seine derzeitige Verbindung mit einer Reihe von asiatischen Reedereien – genannt THE Alliance – verlassen. Maersk beendet seinerseits im Januar 2025 seine Partnerschaft mit dem Marktführer MSC.

WELT / RECHT: ACHTUNG BOYKOTTVERBOT!

Regelungen über Sanktionen finden sich heutzutage in vielen Verträgen mit internationalem Bezug. Oftmals wird die Einhaltung von Sanktionsvorschriften ausdrücklich verlangt. Aber Vorsicht! Denn die Beteiligung an einem Boykott gegen einen anderen Staat ist nach deutschem Recht in einem bestimmten Umfang verboten.

Die M. Bargo GmbH schloss mit einem US-Unternehmen einen Kaufvertrag über mehrere Hochleistungsrechner. Als Käuferin sollte sie danach gewährleisten, dass sie keine wie in dem Vertrag definierte sanktionierte Person sei, sie keine Geschäftsaktivitäten in oder mit einem wie in dem Vertrag definierten sanktionierten Land habe und sie ihre internen Abläufe und Prozesse in einer Art und Weise organisiere, die die Einhaltung bindender Sanktionen bestmöglich sicherstellen und gewährleisten würde.

Als Sanktion wurde jede(s) Gesetz, Verordnung, Exekutivanordnung, Embargo, beschränkende Maßnahme oder eine andere Rechtssetzung jeglicher Art in Bezug auf Handels-, Wirtschafts- oder Finanzsanktionen definiert, die von einer Sanktionsbehörde erlassen oder in Kraft gesetzt werden. Sanktionierte Person ist nach der vertraglichen Definition jede Person, die auf einer Sanktionsliste (zum Beispiel OFAC-Liste) geführt ist oder die mehrheitlich im (Mit-)Eigentum oder unter der Kontrolle einer Person steht, die auf einer solchen Liste geführt wird.

Warum sollte die Käuferin dies denn nicht akzeptieren? Die Antwort ist eindeutig, auch wenn sie bei grenzüberschreitenden Geschäften immer wieder zu Problemen führt. Die Abgabe einer Erklärung im Außenwirtschaftsverkehr, durch die sich ein Inländer an einem Boykott gegen einen anderen Staat beteiligt (Boykott-Erklärung), ist nach § 7 Außenwirtschaftsverordnung (AWV) verboten. Dies gilt – vereinfacht ausgedrückt – nicht für eine Erklärung, die abgegeben wird, um den Anforderungen einer wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme eines Staates gegen einen anderen zu genügen, gegen den auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der Rat der Europäischen Union oder die Bundesrepublik Deutschland solche Schritte beschlossen hat.

Um unzulässige Boykotterklärungen kann es sich bei negativen Ursprungserklärungen handeln, die ein ganz bestimmtes zu boykottierendes Land ausschließen, oder Blacklist-Erklärungen, mit denen ein Lieferant erklärt, dass ein Unternehmen nicht auf einer Schwarzen Liste geführt wird, die in Zusammenhang mit einem boykottierenden Staat steht.

Vorsicht: Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen § 7 AWV erfüllt den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit. Wenn ein deutsches Unternehmen im Hinblick auf § 7 gegenüber der anderen Vertragspartei Bedenken zu vertraglichen Sanktionsregelungen äußert, stößt dies aber oft auf Unverständnis. Denn andere Staaten scheinen keine derartigen Regelungen zu kennen.

Einschränkung von § 7

In dem Ausgangsfall könnte die Käuferin versuchen, eine einschränkende Regelung dahingehend durchzusetzen, dass jede vertragliche Regelung, die sich unmittelbar oder mittelbar auf Sanktionen, Embargos oder Boykotte gegen ein anderes Land bezieht oder die Rechte oder Pflichten im Hinblick auf derartige Sanktionen, Embargos oder Boykotte gegen ein anderes Land enthält, nur insoweit Anwendung finden soll, als die Sanktionsklauseln, ihre Anwendbarkeit oder die Ausübung von Rechten daraus nicht zu einer Verletzung, einem Konflikt mit oder einer Haftung unter anderem nach § 7 AWV oder jedem anderen Anti-Boykott-Gesetz führen, das auf sie anwendbar ist.

Im Übrigen gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die nach einem Runderlass des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie keine verbotene Boykotterklärung darstellen. Hierzu zählen positive Ursprungserklärungen, die bestätigen, dass eine Ware entweder ausschließlich aus einem oder mehreren Ländern kommt, die ausdrücklich in der Erklärung genannt sind, oder Erklärungen über die Beachtung der Gesetze des Empfängerstaates, wenn sich aus dem Zusammenhang mit anderen vom Lieferanten abgegebenen Erklärungen nicht ergibt, dass sich dieser an einem Wirtschaftsboykott gegen einen dritten Staat beteiligt. Oftmals geht es aber wohl kaum ohne professionellen Rechtsrat.